Der Journalist wird seit seines Betretens der saudi-arabischen Botschaft vermisst. Foto: AP

Ist Saudi-Arabien Schuld am Verschwinden des Journalisten Khashoggi? US-Präsident Trump verspricht Aufklärung - und betont, er habe keine finanziellen Interessen in Saudi-Arabien. Die oppositionellen Demokraten wollen nun wissen, ob das wirklich stimmt.

Washington - US-Präsident Donald Trump gerät im Fall des verschwundenen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi unter Druck. Elf Senatoren der oppositionellen Demokraten forderten am Mittwoch (Ortszeit) vom Präsidenten und von der von seinen Söhnen geführten Firmengruppe Aufklärung „über jedwede finanzielle Verbindungen zwischen der Trump-Organisation und dem Königreich Saudi-Arabien“. Es gebe Anlass zur Sorge über „finanzielle Interessenskonflikte“. Trump hatte am Dienstag auf Twitter erklärt: „Fürs Protokoll, ich habe keinerlei finanzielle Interessen in Saudi-Arabien.“

Khashoggi war am 2. Oktober in das saudi-arabische Konsulat in Istanbul gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem ist der Journalist und Regierungskritiker, der zuletzt im US-Exil gelebt hatte, verschwunden. Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten Spezialkommando getötet wurde. Das saudische Königshaus beteuert dagegen seine Unschuld und bestreitet jede Mitverantwortung.

Die elf demokratischen Senatoren - darunter Tom Udall, Cory Booker, Elizabeth Warren und Richard Blumenthal - verwiesen darauf, dass vergangene Woche 22 ihrer Kollegen über Parteigrenzen hinweg den Präsidenten aufgefordert hatten, das Verschwinden Khashoggis zu untersuchen und Sanktionen gegen Saudi-Arabien zu prüfen.

Trump wehrt sich gegen Vorwürfe

In einem Schreiben der elf Senatoren an Trump heißt es: „Es ist zwingend erforderlich, dass diese Sanktionsentscheidung und die US-Politik gegenüber Saudi-Arabien im Allgemeinen nicht durch Interessenkonflikte beeinflusst werden, die aufgrund Ihrer engen finanziellen Beziehungen zu Saudi-Arabien oder der Ihrer Familie bestehen könnten.“

Auch an die Trump-Organisation schickten die Senatoren ein Schreiben mit der Bitte um Aufklärung. Die Firmengruppe gehört weiterhin dem Präsidenten, wird aber von zwei seiner Söhne geführt.

Trump wehrte sich am Mittwoch in Washington vehement gegen den Vorwurf, dass er Saudi-Arabien in dem Fall in Schutz nehme. Er betonte aber zugleich, das Land sei ein sehr wichtiger Verbündeter der USA. Er wolle wissen, was mit Khashoggi passiert sei. „Wir werden das vermutlich bis zum Ende der Woche wissen.“ Auch US-Außenminister Mike Pompeo sagte nach seinen Besuchen in Riad und Ankara, die US-Regierung warte die Ergebnisse der Untersuchungen ab, bevor sie über das Vorgehen der Saudis in dem Fall urteile.

Die „New York Times“ berichtete, ein türkischer Behördenvertreter habe am Mittwoch eine grausige Audioaufnahme beschrieben. Aus dieser gehe hervor, dass Khashoggi innerhalb von Minuten nach seinem Betreten des Konsulats enthauptet und zerstückelt worden sei. Die Mörder seien innerhalb von zwei Stunden wieder weg gewesen. Türkische Behörden geben seit Tagen anonym Informationen an Medien, die Saudi-Arabien belasten.

Trump sagte mit Blick auf möglichen Audio- und Videoaufnahmen, er wisse nicht, ob diese existierten. „Vermutlich tun sie das, vielleicht tun sie das.“

Kronprinz soll verwickelt sein

Laut „New York Times“ sind die US-Geheimdienste zunehmend davon überzeugt, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, Sohn des Königs, etwas mit dem Verschwinden Khashoggis zu tun hatte. Die Hinweise verdichteten sich, dass der Kronprinz in den Fall verwickelt sei - so seien Mitarbeiter seines Sicherheitsdiensts zum Zeitpunkt des Verschwindens Khashoggis in dem Konsulat gewesen und es stünden Mitschnitte saudischer Beamter zur Verfügung, die über die Festnahme Khashoggis diskutiert hätten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf US- und europäische Geheimdienstkreise. Darüber hinaus sei es höchst unwahrscheinlich, dass ein Einsatz der saudischen Geheimdienste ohne Wissen des Kronprinzen hätte durchgeführt werden können. Ihre Bewertung wollten sie Trump präsentieren.

Trump hatte seinen Außenminister Pompeo nach Saudi-Arabien und in die Türkei geschickt, um den vielen offenen Fragen in dem mysteriösen Fall nachzugehen. Pompeo holte sich dort aber weniger Antworten ab, sondern vor allem Absichtserklärungen der Saudis.

Die saudische Führung habe eine „gründliche, vollständige und transparente“ Untersuchung des Falles zugesagt, erklärte Pompeo am Mittwoch. „Ich kenne nicht den genauen Zeitplan“, sagte er, „aber sie haben klargemacht, dass sie verstanden haben, wie wichtig es ist, dass das schnell geschieht.“ Die saudische Führung habe ebenfalls zugesagt, wen auch immer zur Verantwortung zu ziehen, dem im Zuge der Untersuchung womöglich ein Fehlverhalten nachgewiesen werde.

Nachfragen nach Details und nach der Glaubwürdigkeit der Saudis wich Pompeo mehrfach aus. „Ich warte, bis die Untersuchung abgeschlossen ist“, sagte er. „Sie haben mir versprochen, dass sie das machen, und darauf zähle ich“, sagte er. „Sie haben mir ihr Wort gegeben.“ Auf die Frage, ob die Saudis Auskunft gegeben hätten, ob Khashoggi lebe oder tot sei, sagte Pompeo, er wolle nicht über einzelne Sachverhalte reden. „Sie wollten das auch nicht.“ Die Saudis wollten vielmehr zunächst ihre Untersuchungen abschließen.

Maas legt Reisepläne auf Eis

Wegen der Affäre um Khashoggi legt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) Reisepläne nach Saudi-Arabien vorerst auf Eis. Maas sagte in Berlin, er wolle zunächst die Ermittlungen abwarten.

Die „Washington Post“ veröffentlichte am Mittwochabend den bislang letzten Beitrag Khashoggis. Die Zeitung machte in einem Begleittext zugleich deutlich, dass sie nicht mehr davon ausgehe, dass der Journalist noch am Leben sei. Die zuständige Redakteurin Karen Attiah schrieb, man habe mit der Veröffentlichung auf Khashoggis Rückkehr warten wollen, um den Text gemeinsam mit ihm zu redigieren. „Jetzt muss ich akzeptieren: Das wird nicht passieren. Das ist das letzte Stück von ihm, dass ich für die „Post“ redigieren werde.“