Wer zu schnell fährt, ist ein Kandidat für die Verkehrssünderdatei in Flensburg Foto: dpa

Im Fahreignungsregister sind seit dem vergangenen Jahr erstmals mehr als zehn Millionen Personen verzeichnet. Wir erklären, wie es dazu kam.

Flensburg - Der Fall machte Schlagzeilen. 26 Mal wurde ein 17-Jähriger im Jahr 2012 mit seinem Motorrad in einem Münchner Stadttunnel geblitzt. Lange konnte ihn die Polizei nicht ermitteln, denn die Maschinen haben nur an der Rückseite ein Nummernschild. Doch da sich der junge Mann so sicher fühlte, dass er stets zur gleichen Zeit durch den Tunnel raste, ging er der Polizei doch noch in die Maschen. Die baute eine Kontrolle auf, und der Biker konnte gestoppt werden.

Auch ein anderer Fall sorgte für Furore. Ein Lkw-Fahrer aus Paderborn besaß zwar nie eine Fahrerlaubnis. Doch schon als Jugendlicher wurde er sieben Mal am Steuer ohne Führerschein erwischt. Er fuhr aber nicht nur weiter, sondern machte das Hobby zum Beruf. 2007 heuerte er bei einer Spedition als Lkw-Fahrer an. Nach einem Jahr erwischte ihn die Polizei. Da er immer noch keinen Führerschein hatte und ihm laut Fahrtenbuch 169 Fahrten als illegale Einsätze vorgeworfen wurden, summierte sich dies zu insgesamt 1014 Punkten.

Meistens jedoch sind die Verstöße weniger spektakulär. Zwei Drittel aller Eintragungen in Flensburg sind Geschwindigkeitsüberschreitungen, die als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Galt vor der Reform der Verkehrssünderdatei eine Tilgungsfrist für Ordnungswidrigkeiten von zwei Jahren, so wurde sie innerhalb der Reform auf 2,5 und fünf Jahre erhöht. Wer beispielsweise länger als eine Sekunde bei Rot über die Ampel fährt, wird seit der Reform mit zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot bestraft. Die Tilgungsfrist beträgt fünf Jahre. Abgelöst wurde das alte Verkehrszentralregister (VZR) am 1. Mai 2014 vom neuen Fahreignungsregister (FAER). Der überwiegende Teil der Ordnungswidrigkeiten, die seit dem 1. Mai 2014 im FAER gespeichert wurden, verblieb deshalb nach dem 1. Mai 2016 im Register.

Vermehrt Senioren unter den Verkehrssündern

Die Erhöhung der Tilgungsfristen hatte zur Folge, dass in der Statistik für das Jahr 2017 erstmals mehr als zehn Millionen Personen in der Verkehrssünderdatei stehen. Zum Vergleich: Von 2012 bis 2016 hatte es Jahr für Jahr einen Rückgang von rund neun Millionen auf gut 8,5 Millionen Einträge gegeben.

Auffällig in der jüngsten Statistik ist auch, dass es bei den Senioren (65 Jahre und älter) den höchsten Zuwachs bei den in der Datei erfassten Verkehrssündern gab. Mit einem Plus von 22,3 Prozent auf rund 1,1 Millionen Einträgen legten die Senioren am meisten von allen Altersgruppen zu.

Experten sprechen sich dafür aus, die Zusammenarbeit der für die Straßen zuständigen Behörden zu verbessern. Würde man etwa Tempokontrollen mit baulichen Maßnahmen wie einer Verkehrsinsel an Ortseinfahrten verbinden, zwinge das zum Abbremsen. „Installieren Sie dahinter noch einen Blitzer, halte ich das für den richten Weg“, sagt etwa der Vorstand des Bundes Niedergelassener Verkehrspsychologen, Karl-Friedrich Voss. Werde jedoch eine Straße falsch geplant, sodass die Hälfte der Autofahrer zu schnell in einen Ort fährt, „kann man nicht einfach einen Blitzer hinstellen und so die Verkehrsteilnehmer zwingen, ihre Geschwindigkeit anzupassen“. Im Gegensatz etwa zu Schweden, wo die Straßenbauer für die Verkehrssicherheit zuständig seien, sei dies in Deutschland nicht klar genug geregelt. Schweden habe neben Großbritannien mit die niedrigste Zahl an Verkehrstoten in Europa. In Großbritannien werden laut Voss die Straßen relativ schmal angelegt. Das macht sie sicherer: Der Verkehrsfluss wird dadurch verdichtet. Da die Autos langsamer fahren müssen, passieren weniger schwere Unfälle.

Den Einsatz von mobilen Blitzanlagen an Unfallschwerpunkten begrüßt Voss. „Es wird vor allem außerhalb der Kernarbeitszeit der Polizei gefährlich gefahren.“ Deshalb sei es gut, wenn man mobile Blitzer auch nachts und an den Wochenenden aufstellen könne. Im Gegensatz zu stationären Blitzern wüssten Autofahrer dann nicht schon vorab, wo sie abbremsen müssten, um danach wieder mit überhöhtem Tempo weiterzufahren.