Die weitere Verschiebung des Starttermins auf Herbst 2020 könnte beim Airport BER zu Mehrkosten von einer Milliarde Euro führen. Damit klafft bei der staatlichen Flughafen-Holding erneut eine riesige Finanzlücke.
Berlin - Das neue Jahr beginnt an der Spree mit bekannten Problemen: Der Hauptstadt-Airport könnte sich nochmals um eine Milliarde Euro verteuern - und offen ist, wie die immensen Mehrkosten finanziert werden. Im März soll der Aufsichtsrat der staatlichen Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) über die erneute Misere beraten. Die Gesellschafter – der Bund und die beiden Länder – sind bisher uneins, inwieweit es neue Finanzspritzen geben soll. Auch der Einstieg privater Investoren wird wieder einmal erwogen.
Noch versuchen die Politiker, den Ball flach zu halten. Erst mal solle FBB versuchen, die Finanzierung aus eigener Kraft zu sichern, sagt Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD). Weitere staatliche Bürgschaften für Kredite schließt er nicht aus. Sein Parteikollege, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, betont, eine weitere Belastung der Steuerzahler solle vermieden werden.
In Potsdam wie bei der Bundesregierung gibt es wieder mal Gedankenspiele, stattdessen über eine Teilprivatisierung der FBB zusätzliche Mittel zu beschaffen. Eine Option, die bei Müller und seiner rot-rot-grünen Koalition in Berlin bisher auf wenig Begeisterung stößt. Investoren werden indes schwer für das blamable Großprojekt zu begeistern sein, solange nicht klar ist, ob der nunmehr siebte geplante Starttermin im Oktober 2020 wirklich geschafft wird.
Mindestens 25 Millionen Euro zusätzlich kostet jeder weitere Monat Verzögerung
Denn auch fast sechs Jahre nach der geplatzten Eröffnung 2012 sind die Probleme mit der komplizierten Brandschutztechnik im neuen Terminal nicht vollständig behoben, obwohl namhafte Konzerne wie Bosch und Siemens seit vielen Jahren damit beschäftigt sind. So verschlingt die unvollendete Baustelle BER weiterhin riesige Summen. Aktuell ist von mindestens 25 Millionen Euro die Rede, die jeder weitere Monat Verzögerung die FBB zusätzlich kostet.
Schließlich müssen nicht nur die weiteren Rechnungen der Baufirmen und die vielen Beschäftigten bezahlt werden. Es fehlen zugleich die eingeplanten Einnahmen: Da auch in den nächsten knapp drei Jahren noch kein Flieger am BER abheben oder ankommen wird, bekommt die FBB weder Start- und Landegebühren noch Erlöse von den mehr als 150 Läden und Gastronomie-Betrieben, die am Hauptstadtflughafen auf gut 20 000 Quadratmeter Fläche eingeplant sind.
Voraussichtlich muss wieder der Bürger die Zeche zahlen
So könnte das Geld bei der FBB schon bald wieder knapp werden und den Gesellschafter keine andere Wahl bleiben, als erneut den Steuerzahler für das Milliardengrab im märkischen Sand zur Kasse zu bitten. Es dürfe nicht auch noch wegen Finanzfragen weitere Verzögerungen geben, sagt Berlins Regierungschef Müller und deutet damit schon mal an, wie man den Bürgern die nächste Finanzspritze für das desaströse Bauprojekt vermitteln will. In den regionalen Medien wird den Politikern jedenfalls schon mal vorgerechnet, was man in der finanziell ohnehin immer klammen und hoch verschuldeten Hauptstadt mit einer Milliarde Euro alles machen könnte. Zum Beispiel 10 000 Unterkünfte für Familien bauen und unterhalten, um die zunehmende Wohnungsnot etwas zu lindern. Man könnte auch wahlweise 850 Erzieher, 420 Lehrer oder 625 Polizisten einstellen und auf Dauer bezahlen, um für bessere Kinderbetreuung, Bildung oder Sicherheit zu sorgen. Oder 420 S-Bahnen kaufen und alternativ 66 Kilometer Straßenbahn-Strecken bauen, um die Verkehrsprobleme der Stadt zu mindern.
Schon 2015 drohte die Pleite
Die Politiker wissen, dass die Geduld ihrer Wähler erschöpft ist und das fortgesetzte BER-Debakel viele Protagonisten ihre Glaubwürdigkeit gekostet hat. Zu viele Versprechen wurden gebrochen. Erst 2015 benötigte die FBB rund 2,2 Milliarden Euro zusätzlich, schon damals drohte die Pleite. Brüssel stimmte der erneuten direkten Finanzspritze des Staates von 1,1 Milliarden Euro nur unter Auflagen zu, die andere Hälfte wurde über Kredite und Bürgschaften besorgt.
Im Jahr 2014 räumte der damalige Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn vor dem Sonderausschuss in Potsdamer Landtag ein, dass jedes Jahr Verzögerung beim BER 360 Millionen Euro koste – also fast eine Million Euro pro Tag. Insofern passen die erneuten Mehrkosten von womöglich einer Milliarde Euro für weitere knapp drei Jahre Verzug ins Bild und könnten am Ende eher noch höher ausfallen.