Immer öfter kommen Seilbahnen auch in Städten zur Lösung von Verkehrsproblemen ins Spiel. Foto: dpa

Um die drängenden Verkehrsprobleme in Stuttgart zu entschärfen, soll ernsthaft versucht werden, eine Seilbahn zu bauen. Am ehesten soll dies im Bereich Vaihingen realistisch sein.

Stuttgart - Bei der bloßen Vision einer Luftseilbahn in Stuttgart soll es nicht ewig bleiben – vielmehr wollen das Land und die Stadt nun mit Nachdruck, Lust und Freude die Umsetzung versuchen. Das haben Verkehrsminister Winfried Hermann und Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (beide Grüne) am Montag im Rathaus versprochen. Den Bau einer sogenannten urbanen Luftseilbahn halten sie in Stuttgart am ehesten im Bereich Vaihingen für realistisch.

Die beiden stellten eine Grundlagenstudie vor, die das Land eingeholt hatte und in der die Möglichkeiten und Probleme solcher Seilbahnen aufgezeigt werden. Auf dieser Basis soll nun für vier mögliche Strecken in Stuttgart die Machbarkeit konkreter untersucht werden, nicht nur für die viel diskutierte Verbindung zwischen dem Bahnhof Vaihingen und einer möglichen P+R-Anlage an der Autobahnanschlussstelle Möhringen mit etwaigen Ergänzungen in Richtung Flughafen sowie in Richtung des früheren IBM-Areals. Strecke 2: zwischen der Stadtbahnhaltestelle Peregrinastraße bei Sonnenberg und der Uni Hohenheim oder sogar Plieiningen via Hoffeld und Asemwald. Strecke 3: zwischen Pragsattel und Ostendplatz über die künftige S-Bahn-Station Mittnachtstraße. Strecke 4: vom Daimler-Werkstor an der Mercedesstraße über die Mineralbäder auf der Schlossgartenachse zur Innenstadt. Diese letzte Variante wollte das Land geprüft haben – und es zahlt ja auch die Hälfte der Kosten, die auf 200 000 Euro geschätzt werden.

Die Grünen wollen eine Priorisierung erreichen

Der Umwelt- und Technik-Ausschuss wird an diesem Dienstag die Einholung der Machbarkeitsstudie wohl mit großer Mehrheit beschließen. Die Chancen der Seilbahnpläne wollen schließlich alle Fraktionen klären, auch die Riege von SÖS/Linke-plus, die besonders skeptisch ist. Christoph Ozasek (Die Linke) sagte, er sehe ein großes Fragezeichen, ob die Seilbahn die Lösung der Verkehrsprobleme im Synergiepark Möhringen/Vaihingen sei. Und von einem Parkhaus an der A 8 oder beim Freibad Möhringen hält man bei SÖS/Linke-plus wenig. Anna Deparnay-Grunenberg von den Grünen, die die Idee einer Seilbahn in Vaihingen aufgebracht hatten, ist zuversichtlich, dass der Ausschuss auf ihren Antrag eine Abstufung vornehmen wird. Demnach soll die Strecke in Vaihingen mit den Erweiterungen eindeutig vorrangig geprüft werden, die Strecke zwischen Pragsattel und Stuttgarter Osten auch noch „zeitnah und intensiv“. Die anderen Strecken seien „nachrangig“. Man dürfe sich nicht verzetteln.

Die Studie soll nach Pätzolds Worten folgende Aspekte klären: Sicherheit, Lärmentwicklung, Betrieb im Verbund mit der Stuttgarter Straßenbahnen AG, Zahl und Standorte der nötigen Masten, Stationsgebäude, Investitonskosten, Betriebskosten, Fahrpreise und Rettungskonzept, falls der Betrieb unterbrochen werden muss. Aufschluss erwartet er sich auch über die Haltung betroffener Grundstückseigentümer.

Zwischen dem Bahnhof und einer P+R-Anlage sei es einfacher, was Grundstückseigentümer angehe. Im Bereich zwischen Bahnhof und altem IBM-Areal gehe es stärker um Anwohnerbelange.

Spätestens in einem Jahr soll die Studie vorliegen

Die Studie soll spätestens in einem Jahr vorliegen, sagte Pätzold. Wenn man danach den Bau einer Seilbahn betreiben sollte, werden vergleichbare Genehmigungsverfahren wie bei anderen Verkehrsprojekten nötig sein, ergänzte Hermann. Er dämpfte die Euphorie über die allerorten sprießenden Pläne. Nicht jede dieser Ideen, die etwa aus Stuttgart, Konstanz, Heidelberg, Leonberg und Schramberg gemeldet werden, werde sich als tauglich erweisen, um eine Lücke im Netz des öffentlichen Nahverkehrs zu schließen oder es zu ergänzen. „Wir wollen zwar in die Luft, aber man muss aufpassen, dass man mit der Seilbahnidee nicht abhebt“, sagte Hermann. In Vaihingen sei die Lösung der Verkehrsprobleme „in der Luft wahrscheinlich eher zu finden“ als anderswo in Stuttgart. Max Reichenbach, Mitverfasser der Grundlagenstudie, warnte auch: Der eigentliche Bau könne zügig, wenn auch vielleicht nicht in einem halben Jahr wie in den Bergen gelingen. „Trotzdem wird es einige Jahre dauern.“