Die B 27 auf den Fildern ist hoch belastetet. Politiker fordern seit Jahren einen Ausbau auf sechs Spuren – bisher vergeblich. Foto: Norbert J. Leven

Das Land will sich erst nach der Bundestagswahl zum neuen Verkehrswegeplan äußern. Ob es einen Ausbau der B 27 auf die Liste setzt, bleibt solange offen.

Filder - Welche Straßen im Land wird das baden-württembergische Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) für den neuen Bundesverkehrswegeplan anmelden? Und mit welchem Dringlichkeitsvermerk? Diese Fragen treiben Kommunalpolitiker in diesen Tagen um. Sie sorgen sich um die B 27, der insbesondere im Berufsverkehr immer wieder kollabierenden Verkehrsschlagader auf den Fildern. Eine Antwort gibt das MVI noch nicht.

In Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen wird man sich mutmaßlich noch vier Wochen gedulden müssen, auch wenn der CDU-Landtagsabgeordnete Thaddäus Kunzmann aktuell mit einer Kleinen Anfrage, die binnen drei Wochen beantwortet werden muss, Druck aufbaut. Ende September ist der Abgabetermin in Berlin. Den wolle das MVI einhalten, erklärt die stellvertretende Pressesprecherin Julia Pieper auf Anfrage unserer Zeitung.

Noch keine Aussagen möglich

Die Stuttgarter Behörde und ihr grüner Minister Winfried Hermann halten die Liste aus dem Bundestagswahlkampf heraus. Noch werde an dem Papier gearbeitet, sagt Pieper. „Die Priorisierung ist noch nicht abgeschlossen. Aussagen zur endgültigen Fassung sind also jetzt noch nicht möglich.“ Bei der Einstufung orientiert sich die grün-rote Landesregierung nicht mehr am Einfluss von Abgeordneten auf Straßenprojekte, sondern an klaren Kriterien. Dazu gehört ein extra für diesen Verkehrswegeplan erstelltes landesweites Achsenkonzept und eine Selbstbeschränkung: Das Land werde in Berlin „keine unendliche Wunschliste“ mehr vorlegen, sondern sich an den beschränkten Finanzmitteln orientieren, erläutert Pieper.

Welche Chancen die B 27 hat, ist deshalb schwer einzuschätzen. Zumindest im Entwurf, den das MVI im Frühling in den vier Regierungspräsidien öffentlich vorgestellt hat, ist das Projekt als Hauptachse mit einer starken Belastung gekennzeichnet. Dass dieser Status nach Anwendung der Prüfkriterien erhalten bleibt, wünschen sich Politiker auf den Fildern. So fordern sie es seit Jahren. Zuletzt hatten sich die Oberbürgermeister Gabriele Dönig-Poppensieker (Filderstadt), Roland Klenk (Leinfelden-Echterdingen), Landrat Heinz Eininger sowie die CDU-Abgeordneten Michael Hennrich (MdB) und Thaddäus Kunzmann (MdL) Ende April mit einem gemeinsamen Brief dafür verkämpft.

Einsatz in Aussicht gestellt

Diese Belastungen werden auch von Verkehrsminister Winfried Hermann nicht bestritten. Mehrfach hat er in Stellungnahmen zu Anfragen von Kunzmann erklärt, die Schnellstraße werde „im und teilweise über dem Grenzbereich ihrer Leistungsfähigkeit betrieben“ (wir berichteten). Hermann hatte, bevor sein Haus den Kriterienkatalog entwickeln ließ, auch seinen Einsatz für einen sechsspurigen Ausbau der B 27 in Aussicht gestellt, sofern andere Maßnahmen zur Verkehrsverringerung nicht greifen.

Vier Maßnahmen führt das MVI als Tätigkeitsnachweis ins Feld. Dazu zählt es die Ende Juli geänderte Markierung an der Überleitung von der B 312 auf die B 27 in Fahrtrichtung Stuttgart auf Höhe von Modine und der dort auf 250 Meter verlängerte Beschleunigungsstreifen. Geändert wurde auch das Ausfädeln von der B 27 mit jetzt zwei Spuren auf die B 312 in Richtung Aich/Metzingen. Die Mitte 2012 installierten Zuflussregelungsanlagen an den Anschlüssen Bonlanden, Plattenhardt und Stetten verbucht das Ministerium als Erfolg: „Die Anlagen funktionieren insgesamt reibungslos und werden von den Verkehrsteilnehmern akzeptiert“, sagt Pieper. Stadträte aus Filderstadt nehmen die Anlagen allerdings als eher kontraproduktiv wahr.

Schließlich verweist das MVI noch darauf, dass das Webcam-Angebot an der B 27 im vergangenen Jahr verbessert worden sei. Mit anderen Worten: Pendler können den Stau schon im Internet sehen, bevor sie real drinstehen.

80 000 Fahrzeuge täglich auf der B 27

Die B 27 war 2010 auf dem 8,2 Kilometer langen Abschnitt zwischen Aich und dem Echterdinger Ei die am stärksten befahrene Bundesstraße in Deutschland. Im Tagesdurchschnitt wurden dort 80 300 Fahrzeuge gezählt, ein Viertel mehr als für 2015 prognostiziert. Der Anteil des Schwerlastverkehrs betrug 5,6 Prozent. Die nächste Zählung des Bundes findet 2015 statt.

In dem zurzeit noch gültigen Bundesverkehrswegeplan ist der Ausbau der B 27 auf den Fildern nur im sogenannten weiteren Bedarf eingestuft. Abgeordnete und Rathauschefs fordern aufgrund der Belastung einen sechsspurigen Ausbau und dessen Einordnung in die Kategorie vordringlich plus. Dafür ist allerdings nicht das Land zuständig, sondern der Bund. Die baden-württembergische Liste wird Projekte nach Auskunft des Verkehrsministeriums nur zwischen dringlich und weniger dringlich unterscheiden. njl