Vom nächsten Frühjahr an soll die Seestraße umgebaut werden. Foto: factum/Simon Granville

Die B 14 soll zur Wohlfühlzone für Fußgänger und Radfahrer werden. Für Autofahrer gilt im Zweifel Tempo 20.

Herrenberg - Das Klima wandelt sich nicht nur in der Natur, sondern im übertragenen Sinn auch in den Amtsstuben. „Vor zehn Jahren war das noch ganz anders“, sagt der Herrenberger Baubürgermeister Tobias Meigel. Damals hätte eine solche Planung beim Regierungspräsidium und Verkehrsministerium „hart erkämpft werden müssen“. Der Plan ist ein scheinbares Paradox: „eine fußgängerfreundliche Bundesstraße“, sagt Meigel.

Die B 14 heißt innerorts Seestraße. Sie schneidet in Herrenberg eine Schneise zwischen die Altstadt, das Gebiet um die Stadthalle und das künftige Einkaufszentrum Seeländer. Sie ist die offizielle Umleitung bei Stau auf der Autobahn, überdies der Weg für überbreite Schwertransporte, unter deren Last die Autobahnbrücke einknicken könnte. In Zukunft soll sie eine boulevardartige Wohlfühlzone für Fußgänger und Radfahrer sein. Beschlossen hatte dies ein – vor den jüngsten Wahlen – noch von Freien Wähler und CDU dominierter Gemeinderat mit einem Oberbürgermeister an seiner Spitze, der ebenfalls zu den Freien Wählern zählt.

Autofahrers Aufreger dürfte das Tempolimit werden

Autofahrers Aufreger dürfte sein, dass auf der Seestraße im Zweifel Tempo 20 gilt. Zwischen dieser Untergrenze und bis zu höchstens 40 Kilometer pro Stunde wird die Geschwindigkeit variabel vorgeschrieben, um eine grüne Welle herzustellen. Dies gilt auch für alle anderen Durchgangsstraßen der Innenstadt. Auf einer Breite von beidseits 1,50 Meter werden neben großzügigen Gehwegen Radstreifen angelegt. Für den Autoverkehr bleiben je Richtung 2,50 Meter Fahrbahnbreite.

Auf einem drei Meter breiten Streifen in der Straßenmitte wird Gras wachsen. Unterbrochen wird das Grün von einer 33 Meter langen Fußgängerfurt. An dieser Stelle wird der Fahrbahnbelag die Farbe wechseln, um Autofahrer gleichsam zu warnen, dass jederzeit mit Fußgängern zu rechnen ist. Der Parkplatz am Fuß der Altstadt muss weichen. Auf ihm wird eine von Bäumen gesäumte Wasserfläche angelegt. Zum Platz gehören außerdem drei Pavillons, deren Nutzung noch unklar ist. In einem von ihnen wird wohl der Inhaber eines Cafés Gäste bewirten.

Jeder vierte Autofahrer soll sich an neue Strecken gewöhnen

Die Arbeiten sollen im nächsten Frühjahr beginnen. Der Baubürgermeister nennt sie „eine Operation am offenen Herzen der Stadt“, die ohne Stau nicht gelingen wird. Der Verkehr wird auf einen innerörtlichen Umweg geleitet, auf dem Geschwindigkeiten zwischen 30 und 50 gefahren werden dürfen. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass etwa jeder vierte Autofahrer sich an diese Strecke gewöhnt und sie dauerhaft der Seestraße vorzieht. „Wir sind fest überzeugt: Das wird echt gut“, sagt Meigel. Schmerzhaft ist aus seiner Sicht nur, dass für die Pläne sieben etwa 30 Jahre alte Bäume gefällt werden müssen. Sie werden allerdings durch Neupflanzungen ersetzt, die bereits eine ähnliche Größe erreicht haben.