Die B 27 soll zwischen Echterdingen und Aich ausgebaut werden. Woran es liegt, dass die Planungen noch nicht weiter sind, ist ein Streitthema im Wahlkampf. Foto: Norbert J. Leven

Der Ausbau der Autobahnen und der B 27 bei Stuttgart ist zum Wahlkampfthema par excellence geworden. Ministerpräsident Kretschmann erklärt ihn zum Ziel. Verkehrsminister Winfried Hermann lässt den Vorwurf der CDU zurückweisen, dass Grün-Rot die Planung für die B 27 verschleppe.

Stuttgart - Bei den Autobahnen rund um Stuttgart gebe es Ausbaubedarf, hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beim Wahlforum der „Stuttgarter Zeitung“ erklärt. Und: „Wir müssen große Achsen wie die B 27 ausbauen.“

Sein Stellvertreter Nils Schmid von der SPD sagte am Mittwoch zudem unserer Zeitung, „dass wir auch in Zukunft nicht nur in den Erhalt, sondern auch in den Ausbau des Straßennetzes investieren müssen“. Das gelte auch für Autobahnen, denn Wirtschaftswachstum entstehe entlang von Verkehrswegen. Die Aktivitäten seien also nicht nur für die vielen Pendler wichtig, sondern eben auch für den Wirtschaftsstandort insgesamt. Ihn freue, dass „auch unser Koalitionspartner hier offensichtlich dazu gelernt hat“.

Der Landesregierung geht es um bestehende Straßen

Die Absichtserklärungen von Grün-Rot könnten im Grunde auch das bürgerlich-konservative Lager erfreuen, denn das hat den Neubau von Straßen zum Wahlkampfthema gemacht. Allerdings hat Kretschmann nicht etwa einen Autobahn-Ringschluss durch Neubautrassen im Sinn gehabt, erklärten Staatsministerium und Verkehrsministerium am Mittwoch unserer Zeitung. Minister Winfried Hermann (Grüne) mache sich mit der Landesregierung schon länger für die Stärkung und den Ausbau bestehender Hauptachsen im teilweise überlasteten Straßennetz stark, hieß es im Ministerium.

Konkret gemeint sei damit der Ausbau der A 8 zwischen Karlsruhe und München auf durchgehend sechs Fahrspuren Stichwort: Albaufstieg. Im Fall der Bundesstraße 27 geht es um den gut acht Kilometer langen Abschnitt zwischen Aich und Leinfelden-Echterdingen. Der Ausbau sei hier trotz den Bemühungen um ein verbessertes Netz im öffentlichen Personennahverkehr notwendig, sagte Ministeriumssprecher Edgar Neumann. Außer mit dem Ausbau des Straßenabschnitts versuche man beispielsweise mit den geplanten Regionalexpresszügen und Tangential-Buslinien die Situation zu entspannen.

Buspendelverkehr „keine Lösung“

Ideen wie die eines Lesers unserer Zeitung, der die Reservierung einer Fahrspur für einen Buspendelverkehr zwischen Tübingen und dem Degerlocher Albplatz vorschlug, seien interessant, aber keine Problemlösung, erklärte Neumann. Die Autos kämen auch nicht nur aus Tübingen, sondern auch aus den Bereichen Balingen/Hechingen, Reutlingen und Schwäbische Alb. Mit Bussen wäre den Staus auf diesem Straßenabschnitt mit über 80 000 Kfz pro Tag nicht beizukommen.

Kritik an Verkehrsstaatssekretär Barthle

Die Frage, warum die Planung für den Ausbau der B 27 noch nicht weiter voran kam, sorgte am Mittwoch für Streit. Der Anlass: Norbert Barthle (CDU), Verkehrsstaatssekretär im Bund, hatte Tags zuvor in Bonlanden mehr Aktivitäten vom Land gefordert. Dort müsse man „planen, planen, planen“. Das Land müsse das Tempo des Bundes, der das Projekt als „vordringlichen Bedarf“ anerkenne, mitgehen.

Der Sprecher des Landesverkehrsministeriums nannte das am Mittwoch „eine grobe Unverschämtheit. Das Projekt sei der Landesregierung seit Jahren besonders wichtig. Im letzten Bundesverkehrswegeplan sei es aber nicht als vordringlich behandelt worden, sondern nur als „weiterer Bedarf“. Deshalb hätte das Land das Vorhaben unter keinen Umständen planen lassen dürfen. Auf die Hochstufung und grünes Licht für Planungen warte das Land schon geraume Zeit. Der Bund habe die Präsentation des neuen Verkehrswegeplans aber mehrfach verschoben – zuletzt auf den 16. März, was „selbstverständlich rein zufällig“ drei Tage nach der Landtagswahl sei.

Guido Wolf spricht von unglaubwürdigem Vorstoß

Die CDU fährt aber nach wie vor einen anderen Kurs. Ihr Spitzenkandidat Guido Wolf sagte am Mittwoch unserer Zeitung, Kretschmanns Vorstoß sei unglaubwürdig, denn seine Regierung habe seit 2011 „den Straßenbau verhindert, wo es nur ging“. Alle vom Bund freigegebenen und im Bau befindlichen Bundesfernstraßenmaßnahmen seien von CDU-geführten Regierungen geplant worden. Unter Grün-Rot seien Planungen für Bundesfernstraßen sogar gestoppt und verzögert, Gelder vom Bund nicht abgerufen worden. Daher könne Baden-Württemberg mangels vorhandener Planungen in der nächsten Zeit kaum „vom Investitionshochlauf des Bundes zu profitieren“.