Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt auf die Erneuerung der Fahrzeugflotten. Seine Bedenken gegen die Hardware-Nachrüstung bleiben groß. Foto: dpa

Bis zum Wochenende soll das neue Konzept der Bundesregierung fertig sein. Die Hardware-Nachrüstung für Pkw kann frühestens 2020 starten – die Industrie soll dafür Milliarden zahlen.

Berlin - Die Bundesregierung arbeitet an einem Maßnahmenpaket, um die Schadstoffe in den zehn Ballungsräumen mit den höchsten Stickoxidwerten schnell zu senken. Wie aus Regierungskreisen verlautet, besteht das Konzept von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Wesentlichen aus drei Punkten: einem Rückkaufprogramm für ältere, schadstoffreiche Diesel, dem Tausch alter gegen neue Diesel sowie der Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw. Die wichtigsten Fragen:

Worauf zielt die Regierung ab?

Scheuer will in den zehn Ballungsräumen ansetzen, die die höchste Stickoxidbelastung aufweisen und in denen es die meisten Pendler gibt. Dazu zählen Stuttgart, München, Frankfurt, Köln und Düsseldorf. In diesen zehn Großstädten und deren Umkreis könnten nach Schätzung der Regierung 1,38 Millionen Dieselfahrer von Fahrverboten betroffen sein. Diesen Autobesitzern soll geholfen werden. Die Angebote sollen nach bisherigem Stand an Dieselfahrer gehen, die in den jeweiligen Städten und im Umkreis davon wohnen.

Was können Dieselfahrer erwarten?

Bisher steht nur fest, in welche Richtung die Verhandlungen mit der Industrie laufen. Da die Gespräche noch andauern, stehen Ergebnisse noch nicht fest. Gute Chancen auf Umsetzung dürfte das Tauschangebot haben. Der Plan des Verkehrsministers sieht vor, dass zum Beispiel Autobesitzer mit einem Euro-4-Diesel oder einem Euro-5-Diesel die Fahrzeuge gegen neue Euro-6-Diesel eintauschen. Die deutschen Hersteller sollen die älteren Fahrzeuge zum Gebrauchtwagenpreis in Zahlung nehmen und außerdem einen Ausgleich für den Wertverfall bei Dieselautos erstatten. Wegen drohender Fahrverbote ist der Wert der Dieselautos gesunken. Die Kompensation für den Wertverfall soll etwa 20 Prozent betragen. Aufkommen sollen dafür die Hersteller VW, Daimler und BMW. Die Vergütung gibt es dann, wenn ein Neuwagen oder ein neuer, abgasärmerer Gebrauchtwagen gekauft wird. Damit würde die Erneuerung der Fahrzeugflotten erreicht, die Minister Scheuer als wichtigste Maßnahme ansieht.

Was sind die Vorteile beim Tausch?

Die Hersteller ziehen eine Tauschaktion Alt gegen Neu einem Rückkaufprogramm vor, das ebenfalls Bestandteil des Konzepts ist. Ein Rückkaufprogramm würde für die Autobauer teuer. Bei einem Tausch hätten die Hersteller die Gewähr, dass auch ein eigenes Modell gekauft wird. Außerdem könnten die Unternehmen die älteren Fahrzeuge absetzen. Das Kalkül dabei könnte lauten: Im europäischen Ausland spielt die Diskussion über Stickoxidwerte in den Städten längst nicht die Rolle wie hierzulande. Wenn die Hersteller ältere Diesel-Pkw ankaufen, könnten sie anschließend versuchen, diese Autos im Ausland abzusetzen. Damit ließe sich der wirtschaftliche Aufwand reduzieren.

Kommt die Hardware-Nachrüstung?

Sie ist Teil des Konzepts. Die Idee: Alle Dieselfahrzeuge, die nicht getauscht oder von den Herstellern zurückgekauft werden, könnten mit einem Katalysator nachgerüstet werden. Dafür sollen die Hersteller zahlen. Die Regierung kündigte an, dass die Autofahrer keinen Eigenanteil an der Nachrüstung übernehmen sollen. Zulieferer sollen die Aufgabe übernehmen, die Hardware-Teile einzubauen. Die Hersteller lehnen Garantien ab. Der Kunde soll schriftlich bestätigen, dass er höhere Verbrauchswerte durch die Nachrüstung akzeptiert. Unklar ist noch die Finanzierung. Auf die Industrie kämen bei der Hardware-Nachrüstung Kosten von ungefähr vier Milliarden Euro zu. Der Verkehrsminister ist von dieser Lösung nicht überzeugt, da die Hardware-Nachrüstung der Pkw erst 2020 anlaufen kann. Grund: Bislang liegen nur Genehmigungen für Hardware-Nachrüstungen von Bussen und Transportfahrzeugen vor. Der Bund fördert bereits die Nachrüstung für kommunale Fahrzeuge. Für Pkw liegen noch keine Genehmigungen für technische Umrüstungen vor, verlautete aus dem Ministerium. Damit käme der Katalysator für viele Fahrzeuge sehr spät. Das Angebot dürfte damit nur für wenige Fahrzeugbesitzer interessant sein.

Welche Hersteller machen mit?

Bisher hat noch kein Hersteller eine Zusage gemacht. Zurzeit rechnen die Unternehmen verschiedene Modelle durch. Allerdings hat auch die Automobilindustrie ein Interesse daran, dass die Diskussion über den Diesel ein Ende findet. Bis jetzt sitzen nur die deutschen Hersteller mit am Tisch. Nicht dabei sind Opel und Ford sowie die ausländischen Importeure. Die Bundesregierung kann die ausländischen Hersteller nicht zwingen, bei den Maßnahmen mitzumachen. Sie haben sich bisher nur vereinzelt an den Software-Updates beteiligt. Sie sind auch nicht bereit, sich an der Finanzierung des Ein-Milliarden-Euro-Programms „Saubere Luft“ zu beteiligen. Die deutschen Hersteller sowie Ford stellten dafür 250 Millionen Euro zur Verfügung.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Regierung will in internen Beratungen das Konzept bis Freitag fertigstellen. Parallel dazu finden die Verhandlungen mit den Herstellern statt. Am kommenden Montag soll der Koalitionsausschuss entscheiden. Darüber hinaus denkt das Verkehrsministerium auch darüber nach, wie mehr Städte für das Programm „Saubere Luft“ gewonnen werden. Bislang sei die Rückmeldung aus den Kommunen sehr unterschiedlich.