Verkehrsminister Andreas Scheuer (hier in einer Werkstatt des Kraftfahrt-Bundesamtes) hat sich lange nur auf Software-Updates gesetzt und sich gegen Umbauten an Diesel-Fahrzeugen gewehrt. Foto: dpa

Verkehrsminister Scheuer gibt seinen generellen Widerstand gegen Hardwarelösungen für Autos mit schlechten Abgaswerten auf. Das hat mit einem Gespräch am Tag zuvor zu tun.

Berlin - Um zu vermeiden, dass Besitzer älterer Diesel nicht mehr in die Innenstädte fahren können, sollen ihre Fahrzeuge technisch nachgerüstet werden. Nach langem Streit vertritt die Bundesregierung nun die gemeinsame Linie, dass Hardwarelösungen zur ausreichenden Senkung des Schadstoffausstoßes nötig sind.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gab am Freitag seinen Widerstand dagegen auf, da er nach den Gerichtsurteilen in Stuttgart und Frankfurt „Millionen von Dieselbesitzern Sicherheit geben“ wolle. Der CSU-Politiker kündigte an, in den nächsten Tagen ein Konzept vorzulegen, wie er in einer Videobotschaft sagte: „Wir werden uns Gedanken machen, wie wir bestehende Fahrzeuge noch sauberer bekommen.“ Teil des Vorschlags soll zudem ein günstiger Umstieg auf ein Neufahrzeug sein – eventuell mit einer Prämie.

Noch gibt es keine Details

Bisher hatte Scheuer stets auf hohe Kosten, die lange Dauer von Umrüstungen, einen rückläufigen Trend bei den innerstädtischen Schadstoffkonzentrationen und einen höheren Verbrauch etwa durch den Einbau schwerer Harnstofftanks zur Abgasreinigung verwiesen. Der Sinneswandel erfolgte nun auf Druck von Kanzlerin Angela Merkel – nach Informationen der StZ kam es am Donnerstag zu einem Gespräch zwischen ihr und dem Minister. Zuvor hatten vor allem die CDU-Landesverbände in Baden-Württemberg und Hessen, wo Ende Oktober gewählt wird, Druck aufgebaut. Am Montag hatte sich der CDU-Bundesvorstand neu positioniert.

Merkel hatte bereits im Juli angekündigt, es werde bis Ende September eine einheitliche Haltung der Regierung geben. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die schon lange für Hardwarenachrüstungen kämpft, zeigte sich erfreut: Der Plan gebe „all denen Hoffnung, die sich saubere Luft in den Städten wünschen, und allen, die ohne eigenes Verschulden Fahrverbote fürchten müssen“. Technische Nachrüstungen seien „der beste und gerechteste Ausweg aus der Dieselkrise“.

Noch stehen Details nicht fest, doch scheint die Gruppe der infrage kommenden Fahrzeuge klar umrissen. Die etwa 3,1 Millionen Diesel mit Euro-4-Norm sind Scheuer zufolge technisch „gar nicht umrüstbar“. Dagegen könnte von den 5,5 Millionen Euro-5-Wagen ein Drittel bis die Hälfte mit baulichen Veränderungen so sauber gemacht werden, dass sie weiter fahren dürfen. Aus dem Kanzleramt wird die Zahl kolportiert, dass Umrüstungen für bis zu 3000 Euro für die Autoindustrie vertretbar wären. Die wehrt sich noch.

Hersteller werden in die Verantwortung genommen

Nach Scheuers Einlenken wird die Bundesregierung in dieser Frage nun geschlossen auf die Hersteller einwirken, die Kosten zu tragen. „Ohne die geht es nicht“, so der Verkehrsminister. Angenommen, es würden zwei Millionen Diesel umgerüstet, würde das die Hersteller sechs Milliarden Euro kosten – bei einem Marktanteil von rund zehn Prozent wäre Daimler dann mit 600 Millionen Euro dabei. Deutlich positiver sehen die Autobauer daher „die Ausweitung schlauer Umstiegsmodelle“, die Scheuer ebenfalls ankündigte.

Die Grünen pochen auf die finanzielle Verantwortung der Hersteller. „Es muss klar sein: Zahlen müssen die Autokonzerne“, sagte ihr Bundestagsfraktionsvize Oliver Krischer unserer Zeitung: „Sie haben billige Technik bei der Abgasreinigung eingebaut und dadurch ihre Gewinne erhöht – jetzt müssen sie auch für den entstandenen Schaden aufkommen.“ Verkehrsminister Winfried Hermann begrüßte die Pläne der Regierung.