Übt heftige Kritik an der Vorgängerregierung: Verkehrsminister Hermann Foto: dpa

Bei der Neuordnung des Nahverkehrs im Land verlässt sich Verkehrsminister Hermann (Grüne) vor allem auf die Firma KCW. Aus seiner Sicht hat das gute Gründe und ist rechtlich in Ordnung.

Bei der Neuordnung des Nahverkehrs im Land verlässt sich Verkehrsminister Hermann (Grüne) vor allem auf die Firma KCW. Aus seiner Sicht hat das gute Gründe und ist rechtlich in Ordnung.
 
Stuttgart - Herr Minister Hermann, warum kaufen Sie externe Beratung ein, wenn Sie neue Schienenverträge abschließen? Dafür hat das Land doch Experten, die Nahverkehrsgesellschaft.
Es geht um sehr viel Geld. Wir brauchen neue Nahverkehrsleistungen für mehrere Milliarden Euro und müssen die Aufträge gestaffelt ausschreiben. Da muss man sorgfältig arbeiten, und selbst bei kleineren Vergabeverfahren ist es üblich, verschiedene Meinungen einzuholen, um sicher zu sein. Damit wäre die Nahverkehrsgesellschaft allein auch überfordert.
Sie stehen in der Kritik, weil die Beratungsfirma KCW mehrere Aufträge erhalten hat. Deren Partner, Michael Holzhey, ein S-21-Gegner wie Sie, ist Ihnen persönlich bekannt.
Bekanntschaft heißt noch nicht, dass man befreundet ist. Ich kenne die Firma KCW und Herrn Holzhey seit meiner Bundestagszeit. Sie ist eine der großen Beratungsgesellschaften in Deutschland, viele sagen: die beste, um das komplizierte Vergabeverfahren zum Nahverkehr zu bearbeiten. Das machen sich auch andere Länder wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen zunutze. KCW erhielt nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag, und unsere Nahverkehrsgesellschaft hat den Auftrag vergeben. Von daher ist es ziemlich unverschämt, mir vorzuwerfen, ich hätte das manipuliert. Das ist eine üble Verleumdung der CDU nach dem Motto: Alle, die gegen Stuttgart 21 sind, sind schlechte Menschen.
Aber die KCW kam doch in einem Fall erst zum Zug, nachdem Sie die Ausschreibung nachgebessert hatten . . .
Bei der europaweiten Ausschreibung eines Beratungsvertrags gab es zunächst sieben Bieter. Die erste Runde wurde aufgehoben, weil ein Unternehmen zum Zug gekommen wäre, das zwar am billigsten war, von dem aber alle meinten, dass es dem Job nicht gewachsen sei.
Aber da muss doch der Verdacht von grünem Filz aufkommen!
Die Nahverkehrsgesellschaft hat eine zweite Ausschreibungsrunde veranstaltet, und zwar unter Beratung der Anwaltskanzlei Dolde. Alles andere wäre naiv gewesen. Ich sage meinen Leuten immer: Macht das rechtlich blitzsauber! In der zweiten Runde haben sich sechs Bieter gemeldet, am Ende blieb KCW als eindeutig bester Bewerber. Ich habe da nicht eingegriffen, das war vielmehr die Ausschreibung der Nahverkehrsgesellschaft. Sie wurde begleitet von den Fachleuten in meinem Haus. Die Tatsache, dass die Unterlegenen das Ergebnis akzeptiert und das Verfahren nicht angegriffen haben, zeigt, dass es absolut sauber ablief.
Also alles nur üble Nachrede?
KCW hat gravierende Mängel in dem Ausschreibungsverfahren aufgedeckt, das die alte Landesregierung anwenden wollte. Das hat uns schon einen dreistelligen Millionenbetrag gespart. Mit ihrer Kritik lenkt die CDU also von ihrer eigenen Verantwortung ab. Es ist schon unglaublich, dass ausgerechnet jene, die vor zwölf Jahren überhaupt keine Ausschreibung bei den Nahverkehrsverträgen gemacht haben, sondern den Auftrag mit mehr als fünf Milliarden Euro direkt an die Deutsche Bahn vergeben haben, uns nun kritisieren.
Aber haben Sie nicht den Rahmenvertrag mit der KCW ohne Ausschreibung verlängert?
Ja, die Verlängerung dieses Rahmenvertrags erfolgte direkt. Denn im laufenden Verfahren hat sich herausgestellt, dass die Ausschreibungspläne für Nahverkehrsleistungen im ganzen Netzbereich, sei es für die Breisgau-S-Bahn oder die S-Bahn in der Region Rhein-Neckar, stark überarbeitungsbedürftig waren. Wir konnten nicht ahnen, was es da alles an Schwächen und falschen Annahmen gab. Dass wir den Vertrag mit der KCW ohne Ausschreibung verlängert haben, ist aber rechtlich völlig in Ordnung. So etwas ist erlaubt, denn unter Zeitdruck kann man nicht mitten im Verfahren eine neue Ausschreibung starten und dadurch ein halbes Jahr Zeit verlieren.
Kamen denn auch schon andere Berater zum Zug in Sachen Nahverkehrsverträge?
Das beratende Unternehmen ist im Wesentlichen die KCW. Aber im Moment läuft eine europaoffene Ausschreibung für einen weiteren Rahmenvertrag, bei dem sich verschiedene Firmen, die sich das zutrauen, bewerben können. Wir haben ja geradezu die Strategie, die Verwaltung schlank zu halten und Kompetenz von außen einzukaufen.
Liegen Sie mit den Ausschreibungen für die Nahverkehrslinien im Zeitplan?
Nein. Das Ganze verzögert sich unter anderem deshalb, weil die alte Landesregierung den Ausschreibungsprozess nicht angemessen vorbereitet hat. Sie lehnte es ja kategorisch ab, über Fahrzeugfinanzierung nachzudenken. Wir wissen allerdings heute, dass ein Wettbewerbsverfahren für den Nahverkehr nicht gelingen kann, wenn man nicht auch für die Finanzierung der Züge Sorge trägt. Denn sonst können viele Firmen mit der Deutschen Bahn nicht mithalten.
Das haben Sie jetzt im Haushalt geregelt?
Ja. Wir mussten dies über eine Art Bürgschaft im Haushalt erst absichern. Das hat uns mindestens ein Jahr Zeit gekostet. Darüber hinaus mussten wir Ausschreibungen abspecken, weil wir und unsere kommunalen Partner sich die ursprünglich geplanten Leistungen aufgrund drastischer Kostensteigerungen nicht hätten leisten können. Wir hätten zu viel Geld ausgegeben, wenn wir diese Überprüfung mit Hilfe der KCW nicht gemacht hätten.
Der Koalitionspartner SPD meint, dass es nun aber genug sei mit der Fremdberatung.
Wenn’s um so viel Geld geht, kaufe ich in jedem Fall externen Sachverstand ein. Das gehört zu meiner Verantwortung. Wer sagt, ich solle auf Beratung verzichten, ist ein schlechter Ratgeber.