Der zweifelhafte Ruhm als Hauptstadt des Staus und des Feinstaubs belegt es: Stuttgart hat ein Verkehrsproblem. Mit einem Bündel an Maßnahmen will die Stadtverwaltung den gordischen Verkehrsknoten bis 2030 entwirren.
Stuttgart - Weniger Schadstoffe, weniger Lärm, weniger Staus und ganz allgemein weniger Stress: Diese Ziele formuliert das Verkehrsentwicklungskonzept (VEK), an das die Stadtverwaltung jetzt einen Knopf gemacht hat. Seit 2009 war das Papier in Arbeit, am Dienstag gab der Ausschuss für Umwelt und Technik dem 141 Seiten dicken Maßnahmenpaket im Rathaus grünes Licht. Womit die darin genannten Einzelmaßnahmen allerdings noch längst nicht beschlossen sind: Das VEK gibt lediglich die Leitlinie der Stuttgarter Verkehrspolitik bis 2030 vor.
Klar ist: Mit dem Konzept will die Verwaltung die Blechlawine eindämmen, die sich täglich durch den Stuttgarter Talkessel wälzt. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat darin das Ziel verankert, die Zahl der umweltbelastenden Autos auf Stuttgarts Straßen bis 2030 um ein Fünftel zu senken. Dieses hehre Ziel wird nur mit einem Konvolut an drastischen Maßnahmen gelingen – wenn überhaupt. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick:
Straßenverkehr Stuttgarts verstopfte Straßen sind der Verwaltung der größte Dorn im Auge: Sie will den Verkehr verflüssigen. Auf einigen Steigungsstrecken soll daher bald Tempo 40 gelten. Pläne für neue Straßen zur Entlastung muss man im VEK mit der Lupe suchen. Nur in Einzelfällen wie dem Rosensteintunnel oder der Verlegung der B 295 in Feuerbach will die Verwaltung neue Straßen bauen. Außerdem plant sie, in den Bezirken Stuttgart-Ost, -Nord, -Mitte, -Süd und in Bad Cannstatt ein sogenanntes Parkraummanagement einzuführen. Auch drei neue Kreisverkehre in Weilimdorf und Obertürkheim sind geplant.
Öffentlicher Nahverkehr Laut VEK sollen – wenig überraschend – künftig mehr Menschen in Regionalzügen, S- und U-Bahnen sowie in Bussen von A nach B kommen. Dabei will die Stadt den Spagat bewältigen, einerseits die Linien zu erweitern und andererseits die Preise zu senken. Auch sieht sie im umstrittenen Megaprojekt Stuttgart 21 deutliche Chancen für einen verbesserten Nahverkehr und befürwortet den Durchgangsbahnhof in dem Konzeptpapier ausdrücklich.
Fahrradverkehr Der steile Stuttgarter Kesselrand lockt nur sportlich ambitionierte Radler auf den Sattel. Trotzdem will die Stadtverwaltung den Fahrrad-Anteil langfristig auf 20 Prozent ausbauen. Dafür will sie den Ausbau der Radwege beschleunigen, das Programm „Rad und Schule“ fortführen und das Verleihsystem „Call a Bike“ ausbauen. Außerdem sollen Fahrradparkhäuser entstehen und soll die Mitnahme von Rädern in öffentlichen Verkehrsmitteln erleichtert werden.
Fußverkehr Die Situation für Fußgänger schätzen die Verantwortlichen im Rathaus schon jetzt als vergleichsweise günstig ein: Dank einer ausgedehnten Fußgängerzone innerhalb des City-Rings gehen relativ viele Stuttgarter zu Fuß. Maßnahmen zur weiteren Verbesserung erstrecken sich auf breitere Gehwege, mehr Grünflächen, verbesserte Überwege und eine ausreichende Beleuchtung.
Vernetzung Bei einem noch besseren Verkehrsmanagement kommt der integrierten Verkehrsleitzentrale in Bad Cannstatt eine Schlüsselrolle zu. Das Rathaus fordert im VEK unter anderem weitere Mittel für die Leitzentrale. Außerdem will sie künftig den Umstieg zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln erleichtern. Zum Beispiel mit der Stuttgart Service Card, in der unter anderem Fahrkarte, Parkticket oder Bibliotheksausweis verschmelzen sollen.