Zetsche verteidigte den Dieselantrieb. Foto: AP

Beim Verkehrsgerichtstag im niedersächsischen Goslar setzt sich der Daimler-Chef klar von den Konkurrenten Volkswagen und BMW ab.

Goslar - Mit höflichen, aber klaren Worten hat sich Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche beim Verkehrsgerichtstag im niedersächsischen Goslar von Mitbewerbern wie BMW und VW abgesetzt. Befragt nach der Ankündigung von BMW-Chef Harald Krüger, dass sein Unternehmen Mercedes in zwei Jahren vom Spitzenplatz beim Umsatz ablösen werde, sagte Zetsche, er begrüße die Worte „des Kollegen“, da sie dem Wettbewerb förderlich seien: „Wir aber wollen 2020 unsere Position halten.“

Spitze gegen VW-Konzern

Auf Distanz ging Zetsche zu Äußerungen des VW-Chefs Matthias Müller, wonach die steuerlichen Dieselprivilegien abgeschafft werden sollten. „Die Verbraucher zahlten für den Diesel einen höheren Anschaffungspreis im Rahmen des Versprechens niedrigerer Steuern. Es wäre nicht gut, die Rahmenbedingungen im Nachhinein zu ändern.“ Mehrfach rühmte Dieter Zetsche die Dieselmodelle aus seinem Haus wegen der niedrigen Stickoxidwerte, die es erlaubten, „damit in die Städte“ zu fahren. Allgemein sei der Diesel beim „zentralen Thema“ der Welt – der Vermeidung der Kohlendioxidemissionen – „besser geeignet“ als andere Antriebe. Ein Spitze setze Zetsche auch gegen den Volkswagen-Konzern, als Moderator Karl-Dieter Möller von der ARD ihn auf die strikte Führungskultur bei VW ansprach – und ob diese jetzt nicht mit der Dieselaffäre der Wolfsburger überholt sei: Als er vor zwölf Jahren als Chef bei Daimler anfing, habe man „im Wettbewerb nicht so gut dagestanden“, antwortete Zetsche. Das habe sich geändert. Jetzt investiere Mercedes hohe Summen in die Entwicklung und Zukunftsfähigkeit – sieben Milliarden in 2017, 14 Milliarden im Jahr 2018: „Der mündige Mitarbeiter wird wichtiger. Nicht hierarisches Denken sondern Verantwortung und Integration bringen die besseren Ergebnisse. Da haben wir eine gute Entwicklung.“

Debatte um Elektroautos

Breiten Raum nahm die Debatte um die Elektroautos ein. Dass Daimler hier beim Verkauf in Deutschland nicht vorne liegt – Renault ist mit 4300 E-Autos Nummer eins, gefolgt von VW mit 4100 verkauften Autos – wird sich nach Meinung von Zetsche bald ändern: wenn ab Ende 2018 Zug um Zug in den nächsten Jahren insgesamt zehn Modelle mit elektrischem Antrieb aus Stuttgart auf den Markt kommen werden.

Allerdings verwies Zetsche auch auf die je nach Energiemix im Land sehr unterschiedliche Öko-Bilanz eines Elektroautos hin, bei dessen Batterieherstellung hohe CO2-Emissionen anfielen. „In China ist dies Bilanz negativ, in Frankreich wegen des Atomstroms positiv.“ Als Gegner der Elektromobilität wollte sich Zetsche auf keinen Fall darstellen lassen, der Konzern investiere eine hohe zweistellige Milliardensumme in das Thema, man werde die E-Mobilität „mit aller Kraft vorantreiben“, aber „wir werden auch Verbrennungsmotoren noch lange haben“. Zetsche fügte an: „Als Autobauer müssen Sie 50 Ziele gleichzeitig verfolgen, die stehen zum Teil in Konflikt zueinander. Aber wir können nicht alle zwei Jahre eine neue Priorität des Monats ausrufen.“ Was die Beschäftigungseffekte der Wende vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor anbelangt, gab sich Zetsche entspannt, obwohl ihm Möller Studien vorhielt, wonach durch die einfachere Bauweise des E-Motors in den nächsten Jahren Millionen von Jobs in der Autoindustrie gefährdet seien. „Ich habe kürzlich bei einer Betriebsversammlung in Untertürkheim jedem im Raum versichert, dass sein Job nicht gefährdet sei“, sagte Zetsche. Es gebe bei der Beschäftigung „gegenläufige Tendenzen“, so sei wahr, dass in der Wertschöpfungskette von Elektroautos die manuelle Tätigkeit geringer ausfalle, als beim Verbrennungsmotor. Auch die mit Robotern arbeitenden Fabriken vom Typ Industrie 4.0 seien nicht menschenleer. Versprechen für die nächsten 30 Jahre könne er nicht geben: „Ich kann doch nicht sagen, dass es auf einer E-Lok noch einen Heizer geben wird.“

Zetsche ein Herzensanliegen

Das autonome Fahren ist Zetsche ein Herzensanliegen: „Was nach Science Fiction klingt, das gibt es schon: Ich rufe den Wagen und er kommt.“ In den mittelalterlichen Gassen von Goslar parkte zum Verkehrsgerichtstag ein autonom fahrender Kleinbus als Anschauungsobjekt – gebaut vom französischen Hersteller Navya.