Verkehrsexperte Bernd Fischer filmt die entspannte Lage vor dem Kappelbergtunnel, denn von der gesperrten Abfahrtrampe drängelt niemand herein. Foto: Nicklas Santelli

Wegen der Sperrung am Montagmorgen gibt es an der Fellbach-Süd-Rampe Staus und irritierte Lastwagenfahrer.

Fellbach - Morgens um halb Acht ist die Welt ziemlich in Ordnung. Jedenfalls am Montagvormittag, wenn man beispielsweise ein Schorndorfer ist und zum morgendlichen Pendlerstrom in Richtung Stuttgart gehört. Statt im üblichen Stau vor dem Kappelbergtunnel zu stehen, der sonst oft noch weit vor dem Teiler B 14 / B 29 beginnt, kommen die Rems- und Murrtäler diesmal problemlos durch. Zwar in gemäßigtem Tempo, aber von einem Stop-and-Go sind die mehreren tausend Autofahrer an diesem Vormittag weit entfernt. Denn von den sonst von rechts hereindrängenden Fahrern aus Fellbach oder Kernen fehlt an diesem Morgen jede Spur.

Dass es so gut flutscht, dafür können sich die Weinstädter oder Schwaikheimer beim Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) bedanken. Die Behörde hat jene vierstündige Sperrung der Anschlussstelle Fellbach-Süd angeordnet, die mit der Aufstellung der Einfahrt-Verboten-Schilder und rot-weißen Baken kurz vor 6 Uhr beginnt und gegen 10 Uhr beendet wird.

Veranlasst womöglich eine „Tunnelangst“ manche Autofahrer zum Abbremsen, kaum dass sie in der Röhre sind?

Und warum das Ganze? Um herauszufinden, wie die regelmäßigen Staus vor dem Kappelbergtunnel entstehen, ob der zähe Verkehrsfluss eben am allgemein hohen Verkehrsaufkommen liegt, ob vielleicht eine mögliche „Tunnelangst“ manche Autofahrer zum Abbremsen veranlasst, kaum dass sie in der Röhre sind – oder ob es eben doch die Rampe hinab zum Tunnel ist, die den Haupteinfluss auf die dortige Verkehrsentwicklung hat.

Auf der Brücke über der Bundesstraße steht Bernd Fischer. Er ist Verkehrsingenieur, arbeitet bei der Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mit Hauptsitz in Aalen, die im Auftrag des RP jene Verkehrsuntersuchung auf der B14/29 umsetzt. Fischer steht im Nieselregen und spannt den Schirm auf – nicht zum Eigenschutz, sondern damit die teure Kamera trocken bleibt. Erste Erkenntnis Fischers beim Blick hinab: „Der Verkehrsfluss ist deutlich entspannter, fast unproblematisch.“

Eine Diagnose, keineswegs aus dem hohlen Bauch heraus entstanden. Denn bereits eine Woche davor war Fischer ebenfalls am Montagmorgen vier Stunden vor Ort und hat die Szenerie beobachtet. „Da gab es starke Bremsvorgänge durch das Einfädeln die Rampe hinunter zum Kappelbergtunnel.“ Woraus sich die weitere Folgerung ergibt, dass die Staus eben nicht mit dem eigentlichen Tunnel und psychologischen Ängsten etwa vor dem Dunkel zusammenhängen.

Während es also unten vor und in der Röhre flutscht, droht in Fischers Rücken der Kollaps

Während es also unten vor und in der Röhre flutscht, droht in Fischers Rücken zeitweilig der Kollaps. Etliche Autofahrer haben die Umleitungsschilder in Fellbach oder Rommelshausen entweder nicht gesehen oder ignoriert. Bald jeder zweite von ihnen zuckelt die Rommelshauser Straße entlang, – und erkennt erst kurz vor dem geplanten Abbiegen, dass hier Schranken und Verbotsschilder die Einfahrt verhindern. Viele vollziehen verbotenerweise kurzerhand die Kehrtwende und fahren zurück, um einen Schleichweg zu suchen.

Ein Lastwagenfahrer osteuropäischer Herkunft treibt es besonders bunt. Von Fellbach kommend, stoppt er offenkundig völlig perplex direkt vor der Abfahrt, schaltet das Warnblinklicht ein, inspiziert sein Navigationsgerät und lässt sich auch von den hinter ihm wartenden Autofahrern nicht beeindrucken. Drei Minuten geht das so, ehe er endlich wieder den Gang einlegt und loszuckelt.

Noch mehr Verkehr ist auf der Gegenfahrbahn, jener vom Osten her. Der Verkehr staut sich zeitweise bis Rommelshausen. Offenkundig haben auch hier etliche Autofahrer die Hinweisschilder am Adlerkreisel, doch über Waiblingen und die dortige Westumfahrung auszuweichen, missachtet. Immer wieder versucht einer, auf die Linksabbiegespur in Richtung Kappelbergtunnel zu gelangen – und muss dann doch auf die Geradeausspur bleiben.

Welche Erkenntnisse aus dieser Verkehrsbeobachtung erwachsen, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Zunächst einmal muss Fischer seine vielen Daten auswerten. Dennoch erkennt auch der Laie auf den ersten Blick von der Brücke hinunter auf den flüssigen Verkehr, dass tatsächlich die Rampe der neuralgische Punkt ist. Sie ist einfach zu kurz, als dass auf ihr genügend beschleunigt werden könnte, um sich problemlos in den zähfließenden Verkehr einzureihen.

Es gilt zu klären, ob eine zusätzliche Einfahrt auf die B 14 nötig ist?

Die Frage wird nun demnächst auch in Fellbach beantwortet werden müssen: Kann die Rampe verlängert oder anderweitig verbessert werden? Muss diese früher beginnen? Ist eine zusätzliche Einfahrt auf die B 14 nötig – deutlich weiter nordöstlich beginnend, was neue Asphaltpisten über bestehende Wiesen bedeuten würde? Beim Thema Verkehr am Kappelbergtunnel wird es noch genügend Gelegenheiten geben, sich in den Gremien und in der Bürgerschaft die Köpfe heißzureden.