Autofahrerinnen stehen für mehr Rücksicht im Straßenverkehr. Foto: dpa

Im Straßenverkehr wird es zukünftig weiblicher zugehen. Im Jahr 2011 überholten die Frauen ihre Geschlechtsgenossen erstmals beim Erwerb des Pkw-Führerscheins. Im bundesweiten Vergleich liegt Baden-Württemberg auf dem ersten Platz.

Stuttgart - Den Vorboten schickt die novellierte Straßenverkehrsordnung (StVO): Darin heißen Verkehrsteilnehmer ab 1. April nicht mehr Verkehrsteilnehmer, sondern geschlechterneutral „am Verkehr Teilnehmende“. Aus Radfahrern werden „Rad Fahrende“, aus Fußgängern „zu Fuß Gehende“. Die Geschlechterfrage ist allgegenwärtig, auch auf den Straßen.

Dazu passt eine aktuelle Erhebung des Auto Clubs Europa (ACE). Der Verkehrsclub hat Zahlen des Kraftfahrtbundesamts (KBA) aus dem Jahr 2011 ausgewertet und festgestellt, dass Frauen beim Führerscheinmachen die Männer bereits überholt haben. So wurden vor zwei Jahren über alle Altersklassen hinweg in Deutschland 395.720 Pkw-Führerscheine an Frauen ausgestellt, an Männer drei Prozent mehr (384.003). Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Frauenanteil auf die Gesamtbevölkerung bezogen über dem der Männer liegt.

Besonders junge Frauen machen gegenüber früher häufiger den Führerschein. Laut ACE haben sich 2011 für die Teilnahme am begleiteten Fahren mit 17 insgesamt mehr als 329.000 Fahranfänger entschieden – mehr als die Hälfte davon waren Frauen. Das sind in dieser Altersklasse 13-mal so viele wie noch 2004. Zu dieser Zeit wurde das begleitete Fahren jedoch noch nicht in allen Bundesländern angeboten.

Frauen lernen intensiver

Junge Frauen hätten gegenüber ihren Geschlechtergenossen eine größere Neigung, sich Bildung anzueignen, meinen Experten. Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg bestätigt, dass junge Frauen im Fahrunterricht intensiver lernen – vor allem, was die Theorie betrifft.

Bezogen auf die absoluten Zahlen, machten 2011 in elf Bundesländern mehr Frauen als Männer den Auto-Führerschein. Auffällig sind dabei die starken regionalen Unterschiede. Spitzenreiter der Frauen-am-Steuer-Bewegung ist Baden-Württemberg, vor Bayern und Hessen. Im Südwesten schlossen im bundesweiten Vergleich deutlich mehr Frauen eine Fahrausbildung ab, auf 10.000 weibliche Einwohner waren es 109 Frauen. In Sachsen lag die Quote lediglich bei 57 Frauen. Insgesamt erwarben 2011 in Baden-Württemberg 59 411 Frauen eine Lizenz. An zweiter und dritter Stelle lagen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Am wenigsten Frauenpower gab es in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin.

ACE: Mehr „Sittsamkeit auf den Straßen“

Der ACE schließt daraus, dass es im Straßenverkehr in Zukunft „weiblicher zugehen wird“. Die großen regionalen Unterschiede zwischen Ost und West sowie zwischen Stadt und Land erklärt sich der Club mit dem unterschiedlichen Mobilitätsverhalten beziehungsweise den verschiedenen Möglichkeiten, die der öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) bietet.

„Die mobile Frauenpower weckt Hoffnung auf mehr Rücksicht im Straßenverkehr“, meint der ACE. Er verweist auf die Ergebnisse von Kaufstudien, wonach sich Frauen im Vergleich zu Männern weniger PS-starke Modelle zulegen. Sie würden eher den praktischen Nutzwert in ihrem Fortbewegungsmittel sehen, woraus der ACE schließt, dass Frauen insgesamt „vernunftbestimmter“ fahren. Fazit des Automobilclubs: Die Auswirkungen aufs Verkehrsklima sind positiv. Es wird weniger Tempo- und Rotlichtverstöße und mehr „Sittsamkeit auf den Straßen“ geben. Unter diesen Umständen erscheint die neue Unisex-StVO gar nicht mehr so abwegig.