Gegenseitige Rücksichtnahme – so steht es auch in Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung. Foto: /Lothar Nahler

Auf den Pfaden zwischen Äckern und Wiesen kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Fußgängern, Radfahrern und auch Autofahrern. Wer darf dort eigentlich wie viel schnell fahren und welche Regeln gelten beim Überholen? Ein Überblick.

Im Frühling steigen wieder mehr Menschen aufs Fahrrad. Die Feldwege auf der flachen Filderebene sind beliebt bei Freizeitpedaleuren, aber auch bei Menschen, die den Drahtesel für den Weg zur Arbeit nutzen. Gleichzeitig sind auch wieder mehr Spaziergänger und Jogger unterwegs. Das führt zu Konflikten. Besonders, wenn noch Autofahrer hinzukommen, welche die Feldwege illegal als Abkürzung nutzen oder auch legal, um zu einem Gartengrundstück zu kommen.

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„Wenn die Autofahrer und Radfahrer mit angemessener Geschwindigkeit fahren würden, wäre alles okay“, heißt es in einer E-Mail an unsere Zeitung. Und weiter steht dort: „Leider rasen einige Autofahrer ohne Rücksicht auf die Fußgänger auf den Feldwegen, sodass immer wieder nicht ganz unkritische Situationen entstehen.“ Auch die Radfahrer seien nicht besser. „Viele rasen mit engem Abstand ohne Klingeln an den Fußgängern vorbei“, schreibt der Leser, der das im Gebiet zwischen der Udamstraße, dem SSB-Depot und der Autobahn beobachtet hat.

Was gilt allgemein auf Feldwegen?

Öffentliche Feldwege sind öffentliche Verkehrsfläche. Sie sind zum Wandern und Radfahren da, vor allem aber auch für den landwirtschaftlichen Verkehr. Es gilt die Straßenverkehrsordnung (StVO). Autos und andere motorisierte Fahrzeuge – abgesehen vom landwirtschaftlichen Verkehr – haben auf Feldwegen nichts zu suchen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, bei entsprechendem Interesse einem größeren Personenkreis mit einem zusätzlichen Schild „Anlieger frei“ das Befahren zu erlauben. Zum Beispiel dann, wenn private Grundstücke angrenzen.

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Wie schnell darf man fahren?

Grundsätzlich gibt es kein Tempolimit auf Feldwegen. Allerdings können bei Gefahrensituationen punktuell Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten. Für ein konflikt- und gefahrloses Miteinander der berechtigten Nutzergruppen auf Feldwegen sei daher das Gebot der ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme nach Paragraf 1 StVO elementar, sagt Martin Thronberens, ein Sprecher der Stadt Stuttgart. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch Paragraf 3 der StVO. Dieser besagt: „Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“ Das gelte auch für Radfahrer, betont Thronberens.

Was gilt beim Überholen?

Autofahrer müssen einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern einhalten, wenn sie Radfahrer überholen – außerorts sind es sogar zwei Meter. Für Radfahrer, die Fußgänger überholen, gibt es eine solche Vorgabe nicht. „Auf Feldwegen steht dem Rad- und Fußverkehr eine gemeinsame Fläche zur Verfügung. Hier müssen Radfahrer auf Fußgänger im Sinne des Paragraf 1 StVO besonders Rücksicht nehmen“, sagt Martin Thronberens. Dazu gehöre auch, dass Fußgänger Radfahrer nicht unnötig behindern.

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Haben Radler auf Radrouten Vorrang?

Oftmals sind auf den Feldwegen explizit Radwege ausgewiesen – zum Beispiel die Hauptradroute 1 auf den Feldern zwischen Vaihingen und Möhringen. Eine solche Ausschilderung ändere aber nichts an den Regeln der StVO, sagt Martin Thronberens: „Die Beschilderung einer Hauptradroute ist eine nicht amtliche Wegweisung, die dem Fahrradfahrer keinen Vorrang einräumt.“ Zudem dürften Radfahrende und Fußgänger auf Feldwegen auch keine optimalen Verkehrsverhältnisse erwarten. So müsse dort zum Beispiel mit Verschmutzungen und Rinnen gerechnet werden.

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Wer überwacht die Regeln?

Die Polizei und der städtische Vollzugsdienst sind für die Überwachung der Verkehrsregeln zuständig. Ein fahrlässiger Verstoß gegen Paragraf 1 StVO kann mit einem Verwarnungsgeld geahndet werden. Eine Verkehrsbehinderung, Gefährdung oder eine Schädigung in Form eines Verkehrsunfalls ist meistens eine Ordnungswidrigkeit und wird mit einem Bußgeld geahndet.

Was plant die Stadt?

Um möglichen Behinderungen und Gefährdungen von Fußgängern durch nicht regelkonformes Verhalten von Radfahrern entgegenzuwirken, wird auch die städtische Verkehrssicherheitskampagne 2022 in Stuttgart das Verhältnis von Radfahrern und Fußgängern zum Thema haben. „Eine Kernbotschaft wird sein, dass die Verkehrsregeln für alle Teilnehmer im Straßenverkehr gelten und deren Beachtung insbesondere die schwächsten Verkehrsteilnehmer, nämlich die Fußgängerinnen und Fußgänger, schützt“, sagt Martin Thronberens. Die Aktion „Rad nimmt Rücksicht“ starte im April 2022 und werde an vielen Stellen im Stadtgebiet präsent sein.