Eine neue Gruppe namens „Rettet das Rosental“ befürchtet, dass die Anwohner an der geplanten Trasse in Stuttgart-Vaihingen durch Schlagschatten im Minutentakt gestört werden könnten. Ein Experte beschwichtigt.
Vaihingen - Die Seilbahn bewegt in Stuttgart-Vaihingen die Gemüter. Sie war Gegenstand einer Sondersitzung des Bezirksbeirats, der sich vom städtischen Verkehrsplaner Andreas Hemmerich aufs Laufende bringen ließ. Die Verkehrsplaner hatten bereits Gremien des Gemeinderats über das positive Ergebnis einer Machbarkeitsstudie informiert und grünes Licht für eine vertiefende Studie über Details der Trassenführung vom Eiermann-Campus über eine Station am Rosental, zwei Stationen am Bahnhof bis zum SSB-Gelände am Ende des Synergieparks bekommen. Außerdem soll die Weiterführung bis zur A 8 geprüft werden.
Inhaltlich erfuhren die Bezirksbeiräte also nichts Neues. Neu für einige der Gremiumsmitglieder dürfte allerdings die Tatsache gewesen sein, dass sich zurzeit eine Bürgerinitiative gründet. Sie nennt sich „Rettet das Rosental“ und vereint Bürger, welche die Zerstörung des örtlichen Naherholungsgebiets befürchten. Laut einem Flugblatt, dass Aktivisten im Gremium verteilten, sei die Seilbahn „ein Prestigeprojekt zu Lasten der Vaihinger Bürger und der ganzen Stadt“.
Die Entscheidung ist noch nicht gefallen
Die Seilbahn sei unter anderem teuerer und unflexibler als elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Niederflurbusse, welche die Bürgerinitiative als Alternative zur Seilbahn vorschlägt. An die Vertreter der Bürgerinitiative gewandt, sagte Andres Hemmerich: „Eine Entscheidung, ob die Seilbahn gebaut wird, oder nicht, ist noch nicht gefallen.“ Parallel zur Seilbahn werde eine Stadtbahnverbindung geprüft, denn allein mit Bussen sei die Anbindung des Eiermann-Campus, wo knapp 4000 Menschen wohnen sollen, nicht zu stemmen.
„Wir sind im Moment noch 20 bis 30 Leute, aber das Thema wird Fahrt aufnehmen, weil viele Leute gar nicht glauben wollten, was uns hier vorgesetzt wird“, sagt Eva Klingenstein, eine Mitbegründerin der Initiative. Sie sei glücklich gewesen, bei den Bezirksbeiräten auf offene Ohren gestoßen zu sein. Die Seilbahn-Idee klinge attraktiv. Die Mitglieder der Initiative befürchteten aber, dass die meisten der künftigen Bewohner auf dem Eiermann-Campus gar nicht zum Vaihinger Bahnhof fahren wollten. Für die Anwohner im Rosental habe eine Seilbahn außerdem negative Konsequenzen: „Wir werden durch die Gondeln im Minutentakt Verschattung bekommen.“
Keine Generalverhinderer
Die Bürgerinitiative sehe sich nicht als verkehrspolitischen Generalverhinderer: „Wir haben den Eindruck, dass es die Internationale Bauausstellung 2027 ist, die das Seilbahnprojekt gegenüber anderen Verkehrsmitteln vorantreibt. Wir wünschen uns, dass diese Alternativen ebenso gewissenhaft geprüft werden.“
Günter Sabow, der Vorsitzende der Wirtschafts- und Industrievereinigung Stuttgart (WIV), teilt die Skepsis Eva Klingensteins nicht. Die WIV denke daran, mit Vertretern der Firmen am Synergiepark zu gegebener Zeit auf den Investor auf dem Eiermann-Campus zuzugehen. Dabei solle ausgelotet werden, wie den von Verkehrsstaus geplagten Mitarbeitern aus dem Umkreis von Stuttgart auf dem Campus Wohnungen vorgehalten werden könnten: „Dann wird es schon eine beachtliche Anzahl von Menschen geben, die täglich vom Campus über den Bahnhof in den Synergiepark pendeln.“ Skeptikern rät Sabow, sich einmal bei den Seilbahnherstellern umzuschauen. Jüngst sei er mit einer WIV-Delegation im schweizerischen Flums bei der Firma Bartholet gewesen, diese gelte als drittgrößter Hersteller von Seilbahnsystemen weltweit. „Wir haben Dinge gesehen, die wir uns bei Seilbahnen vorher nicht vorstellen konnten“, sagt er.
Gondel per Knopfdruck anfordern
Die Gondeln mit acht bis zehn Plätzen seien relativ klein, und das System spare Personalkosten und Energie. Die als Ropetaxis bezeichneten Gondeln im Porschedesign könnten individuell angefordert und stationsbezogen benutzt werden. „Wenn ich vom Eiermann-Campus eine Verbindung zum Synergiepark will, dann drücke ich einen Knopf, und eine Gondel bringt mich ohne Zwischenstopp dorthin.“ Leere Gondeln, schildert Sabow, liefen nicht im System, sondern befänden sich im Standby-Modus in Depots, sodass die Seilbahnabschnitte zum Vorteil von benachbarten Bewohnern nicht nutzlos in Betrieb seien. In besonderen Fällen könnten Seiltrassen und Gondeln auch parallel übereinander geführt werden. Die WIV wolle gemeinsam mit den Vorsitzenden der Fraktionen im Rathaus und den städtischen Verkehrsplanern zu den Herstellern fahren, um die Systeme und die Möglichkeiten an Ort und Stelle zu sehen.