Im Fokus: der Verkehr auf den Fildern ist seit Jahren ein Problem. Foto: Max Kovalenko

Die Bezirksbeiräte aus Stuttgart-Vaihingen bezeichnen die gesammelten Ideen als Stückwerk und Schnörkel, die nicht funktionieren.

Vaihingen - Eins hat Arne Seyboths Präsentation gezeigt: Die Verkehrsprobleme auf den Fildern gibt es nicht erst seit gestern. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich die Stadt mit dem Thema. In dieser Zeit hat sie schon so einige Verkehrszählungen und Gutachten in Auftrag gegeben. Der Vaihinger Bezirksbeirat versuchte sich an einem Verkehrsstrukturplan. Es blieb aber beim Entwurf. Der Bezirksbeirat forderte auch vehement ein Verkehrskonzept für Vaihingen. „Aus gutem Grund“, wie Seyboth in der Sitzung am Dienstag es ausdrückte. Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt hatte in weiser Voraussicht darauf hingewiesen, dass es nur ein Zwischenbericht sei. Seyboths Vortrag war dann auch eher eine Problemanalyse als eine Handlungsempfehlung.

Ein Knackpunkt ist die Nord-Süd-Straße. Verkehrszählungen zeigen, dass dort im Schnitt 25 000 Autos täglich unterwegs sind. Die konstante Zahl bedeute aber nicht, dass eine Sättigung erreicht sei, sagte Seyboth. „Da würden noch mehr Autofahrer fahren wollen. Aber es passen einfach nicht mehr Autos drauf.“

Stadträte liebäugeln mit Seilbahn

Vor dem Hintergrund, dass sich Daimler und Allianz im Synergiepark ansiedeln, dass der Garden-Campus aufgesiedelt wird, dass es neue Pläne fürs Hudson-Areal gibt und auch die Aurelis-Fläche nicht dauerhaft eine Brache bleibt, haben mehrere Gemeinderatsfraktionen einen drei- oder vierspurigen Ausbau der Nord-Süd-Straße in Anträgen wieder thematisiert. Seyboth rechnet damit, dass die Zahl der Beschäftigten auf das eineinhalbfache ansteigen wird. „Das bedeutet dann auch deutlich mehr Verkehr“, so Seyboth.

Manch einer im Stuttgarter Gemeinderat liebäugelt nun mit einer Seilbahn. Seyboth scheint von dem Vorschlag nicht überzeugt zu sein. In jedem Fall sei vorher eine Machbarkeitsstudie erforderlich. Die Idee ist ein Park-and-Ride-Parkplatz in der Nähe der Anschlussstelle der Nord-Süd-Straße an der Autobahn. Dort sollen die Menschen umsteigen und in Richtung Synergiepark, Vaihinger Bahnhof oder gar bis zum Garden Campus gondeln. Doch Seyboth ist skeptisch. „Wenn jemand vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt, dann tut er das nicht 500 Meter vor dem Ziel.“ Zudem seien noch viele rechtliche, technische und gestalterische Fragen zu klären. Beispielsweise, ob eine Seilbahn über Privatgrundstücke führen darf und wie sich so ein Bauwerk städtebaulich einfügen könnte.

Dichte Bebauung auf dem Eiernmann-Campus

Die Bebauung auf dem Eiermann-Campus sei sehr dicht, warnte Seyboth. Wenn man von 6000 Einwohnern und Beschäftigten ausgehe, entspreche das in etwa der Einwohnerzahl Büsnaus (2600) plus dreimal die Beschäftigten des Gewerbegebiets Obere Waldplätze (1100). „Das ist sehr dicht“, sagte Seyboth. Er rechnet mit 7500 bis 10 600 Privatfahrten und 3500 bis 4000 Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln pro Tag. Diese Zahl wiederum sei interessant. Denn ab 4000 ÖPNV-Fahrten lohne es sich, einen Gelenkbus im Zehn-Minuten-Takt einzusetzen. Die Bedenken der Anwohner der Gründgensstraße seien berechtigt. Es sei damit zu rechnen, dass die Menschen, die künftig auf dem Garden Campus wohnen oder arbeiten, die Straße als kürzeste Verbindung in den Ortskern wählen. „Eine Anliegerregelung sei eine Möglichkeit, um zumindest den Status quo zu erhalten“, sagte Seyboth. Er könne sich aber auch eine weiterreichende Lösung vorstellen, beispielsweise eine Unterbrechung der Straße.

Schließlich verwies Seyboth noch auf die Pläne des Regierungspräsidiums, die Anschlussstelle der A 8 an die Nord-Süd-Straße (wir berichteten) zu ertüchtigen. Ob und wann dieser Vorschlag umgesetzt werde, könne er aber nicht sagen.

Bezirksbeiräte finden die Ideen ernüchternd

Die Bezirksbeiräte waren von dem Vortrag enttäuscht. Ulrich Bayer (CDU) sprach gar von einer „Katastrophe“ und einem „Stückwerk“. „Da muss mehr kommen. So kann man den Eiermann-Campus nicht aufsiedeln“, sagte Bayer. Auch für Eyüp Ölcer war es ernüchternd. „Das sind nur viele kleine Ideen, die sich angesammelt haben. Das ist keine Vision“, sagte der Freie-Wähler-Bezirksbeirat.

Kristin Wedekind (Grüne) bezeichnete die Ideen als „Schnörkel, die in der Vergangenheit schon nicht funktioniert haben“ und ergänzte: „Da kommen jetzt noch ein paar Schnörkel dazu.“ Sie plädierte für eine Lösung für die Fläche. Man müsse bewusst Parkplätze im Synergiepark abbauen und so Platz für einen Shuttleservice schaffen. Linus Fuchs (SPD) sagte: „Ich habe den Eindruck, es geht um eine Verkehrsverflüssigung und nicht um eine Verkehrsreduzierung.“ Aus dem Bezirksbeirat kam auch der Vorschlag, in den Nachbarkommunen große Park-und-Ride-Anlagen zu bauen und von dort aus einen Pendelverkehr einzurichten. Seyboth wies daraufhin, dass das seine Kompetenzen übersteige und sich Stuttgart zudem mit so einem Vorschlag sehr unbeliebt machen würde.