Die Anwohner der Scharnhauser Straße haben die Nase voll. Sie fordern, dass die Stadt endlich handelt. Foto: Caroline Holowiecki

Seit Jahr und Tag machen vorbeidonnernde Lastwagen den Menschen in Stuttgart-Plieningen das Leben schwer – obwohl dort ein Durchfahrtverbot gilt. Die Behörden tun sich aber schwer mit Kontrollen. Warum?

Plieningen - Eins, zwei, drei, viele. Wie Perlen an einer Kette fahren Autos vorbei, immer wieder reiht sich ein Lastwagen ein. Es ist so laut, dass man rufen muss, um sich zu verständigen. Ein ganz normaler Morgen an der Scharnhauser Straße in Plieningen. Seit jeher leiden die Menschen unter Lärm und Abgasen. Ein Großteil der Fahrzeuge will zur A 8, denn ein Anschluss in Richtung Karlsruhe fehlt auf Höhe des Industriegebiets in Ostfildern-Scharnhausen. Nur: Während die Autos zwar lästig, aber wohl unvermeidbar sind, haben etliche Lastwagen auf der Strecke gar nichts zu suchen. Hier – und auch in Ostfildern – gilt das Durchfahrtsverbot für Lkws über 3,5 Tonnen. Nur Lieferverkehr ist erlaubt.

Offenbar scheren sich aber nur die Anwohner um die Verbote. „Die fahren rein wie die Geistesgestörten“, sagt Cornelia Schempp verärgert. Ihre Schwiegermutter Regina Schempp fügt hinzu: „Die nehmen keine Rücksicht. Die sind die Stärkeren.“ Die Familie hat sich längst Schallschutzfenster zugelegt – Ruhe finde sie trotzdem nicht. Auch ihre Nachbarin Margarete Schäfer ist entnervt. Sie habe sich schon an die Stadt gewandt und moniert, dass sich Lastwagenfahrer partout nicht ans Verbot halten. „Da hieß es, ich sei die Einzige, die das stört.“ Regina Schempp lacht laut auf, „weil es das immer heißt“. Ihr Sohn habe auch schon Gelbe Karten ans Rathaus geschickt. „Nach einem Jahr haben wir die Antwort bekommen, dass die Stadt nicht zuständig ist“, sagt Cornelia Schempp.

Die Lage habe sich sogar noch zugespitzt

Wenn man den Nachbarn glauben will, hat sich die Situation sogar noch zugespitzt. Laut Horst Gaiser hat mit dem Dieselfahrverbot in der Umweltzone, zu der deutlich mit Schildern gekennzeichnet auch die Scharnhauser Straße gehört, die Zahl der Fahrzeuge noch zugenommen. Er glaubt an einen Schleichverkehr, etwa aus dem Neckartal über Ostfildern zur A 8. Während es aus dem Ostfilderner Rathaus heißt, die Zunahme liege im „nicht wahrnehmbaren Bereich“, pflichten Horst Gaiser seinen Nachbarn bei. Dabei hätten Diesel-Fahrzeuge sogar eine legale Alternative in der Nachbarschaft. Die Neuhauser Straße entlang der A 8 ist vom Verbot explizit ausgenommen. Wobei: Anwohner am äußeren Zipfel der Neuhauser Straße leiden ebenfalls seit Jahren unter dem Verkehr.

Die Einhaltung des Dieselverkehrsverbots kontrolliert im fließenden Verkehr die Polizei, laut dem Sprecher Martin Schautz aber nicht zielgerichtet, sondern im Zuge der klassischen Verkehrskontrollen. Die Überwachung des Lkw-Durchfahrtverbots liegt ebenfalls bei der Polizei. Überprüfungen gebe es, und die Stelle sei auch bekannt, aber „wir können kein vollmundiges Versprechen machen“, stellt er klar. Das Personal sei knapp, die Effizienz punktueller Kontrollen fraglich, zudem sei das Verfahren langwierig. „Wenn uns der Fahrer einen Bären aufbindet, müssen wir die Geschichte widerlegen, Frachtpapiere anschauen, mit der Firma, die er angefahren haben will, sprechen“, zählt Martin Schautz auf. In dieser Zeit seien womöglich zig andere vorbeigefahren.

Die Forderung: Es sollen endlich Kontrollen her

Abhilfe könnte wohl nur eine Umfahrung schaffen. Die lässt aber nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs auf sich warten. Für den Bau des Lückenschlusses zwischen der L 1192, die von Echterdingen kommend an Plieningen vorbeiführt, und der L 1204, die dann entlang der A 8 weiter Richtung Neuhausen geht, ist die Bahn zuständig, die neben der Autobahn die ICE-Trasse errichtet, und genau diese unzulässige Verquickung hat der Klage gegen den Planfeststellungsabschnitt 1.3a letztlich den Erfolg gebracht. Jetzt muss nachgebessert werden. Die Anwohner der Scharnhauser Straße wünschen sich eine rasche Alternative ebenso wie Tempo 30 – und Kontrollen. „Seit 30 Jahren wird uns was versprochen“, klagt Margarete Schäfer, „das ist eine Mogelpackung“.