Auch auf der Bolzstraße könnte das Parken verboten werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Initiative Aufbruch Stuttgart und der BUND freuen sich über den Vorstoß der Grünen und der SPD. Der Handel übt indes Kritik.

Stuttgart - Der Vorstoß der Grünen und der SPD, noch vor den Sommerferien die rasche Eindämmung des Autoverkehrs im Stadtkern und den Ausbau der „Flaniermeile“ als Ziel zu beschließen, zieht Kreise. Gerhard Pfeifer vom Regionalverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) würde es freuen, wenn man nun auf dem angestammten politischen Weg „schneller voran käme“ zu mehr Aufenthaltsqualität und Luftreinhaltung – und man sich Arbeit und Geld für das Bürgerbegehren „Stuttgart laufd nai“ sparen könnte. Der BUND ist einer von etwa 20 Akteuren, die eine „durchgrünte Fußgängerzone“ inmitten des Cityrings wollen.

Da die CDU und andere Fraktionen massive Einwände haben, sind Grüne und SPD im Gemeinderat auf die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus angewiesen. In deren Vorstellungen passt es, wenn die SPD und die Grünen den Verkehr auf Anlieger, Parkhausbenützer und Lieferanten eindämmen wollen, wenngleich die Antragsteller nicht wörtlich von einer autofreien Innenstadt sprechen. Aber SÖS/Linke-plus wollen mehr – und auch das Bürgerbegehren. Sie fühlen sich ausgetrickst, weiß auch Gerhard Pfeifer. „Grüne und SPD hätten SÖS/Linke-plus vorher einbeziehen müssen“, kritisiert der BUND-Regionalgeschäftsführer. Nun müsse nachverhandelt werden. Er erwarte, dass man „einen Nenner findet“.

Pfeifer selbst will auch nicht auf die Ursprungsidee im Bündnis für das Bürgerbegehren bestehen, die Parkgaragen innerhalb des Cityrings zu Läden, Lagern, Warenumschlagshäusern oder Radparkhäusern umzufunktionieren. Das sei rechtlich schwierig. Man habe den Gedanken auch im Bündnis zurückgestellt. Wenn man die oberirdischen Parkplätze beseitige, wäre bei der Vermeidung von Parksuchverkehr „schon viel gewonnen“. Er hofft, dass im Lauf der Zeit Pförtnerampeln, Nahverkehrsabgabe und andere „unumgängliche“ Luftreinhaltungsmaßnahmen im Straßennetz den Verkehr zu den Parkhäusern ausdünnen – und dass Parkhausbetreiber aufgeben.

Kritiker des Antrags gibt es viele

SÖS/Linke-plus reklamieren nach der „Überraschung“ durch SPD und Grüne auch Gesprächsbedarf mit den Fraktionen und im Bündnis. Den Abbau der ebenerdigen Parkplätze könne man wohl beschließen, sagte Luigi Pantisano (SÖS), das beseitige aber gerade mal fünf Prozent des Verkehrs. Auch Vorkehrungen, dass Autofahrer auf dem Weg zu Parkhäusern künftig vom Cityring nur mit Parktickets reinkämen, wären konsensfähig. Die Anliegen des Bürgerbegehrens dürften nicht verbaut werden.

Kritiker des Antrags gibt es viele. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz will nicht unter dem Zeitdiktat an einem Zielbeschluss mitwirken. Die Faktenlage dafür sei zu dünn, die Zeit für die Klärung zu knapp. Noch wisse man nicht einmal, wie viele ebenerdige Stellplätze es gebe, wie Kunden von Elektromärkten sperrige Waren abholen sollen und wie Gäste zu den Hotels kommen sollen. Kotz: „Im Zweifel stehen wir auch inhaltlich eher kritisch dazu.“

Innerhalb des Cityrings sei die Innenstadt doch schon größtenteils autofrei, meinte Jürgen Zeeb (Freie Wähler). Ganz ohne Autos gehe es nicht, man müsse dort auch Geld verdienen. Matthias Oechsner (FDP) wunderte, dass der Antrag „so geringe Veränderungen“ propagiert. Die AfD poche auf Erhaltung der Parkplätze, sagte Bernd Klingler.

Eine fußgängerfreundlichere Innenstadt wäre nicht zum Nachteil des Handels, urteilte City-Managerin Bettina Fuchs, jedoch seien die Voraussetzungen für diesen Plan noch längst nicht erfüllt. So würde der Wegfall von 100 bis 200 Parkplätzen zum Signal werden, dass man nicht mehr nach Stuttgart fahren sollte. Sabine Hagmann vom Handelsverband Baden-Württemberg sagte: „Wir lehnen das komplett ab.“ Irgendwann würde auch einmal am Fortbestand der Parkhäuser gerüttelt. Bis heute fehle aber ein richtiger Masterplan für Ersatzparkplätze entlang des Cityrings. Für einen angemessenen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sei nicht genug getan und nicht genügend Geld bereitgestellt. Die oberirdischen Parkplätze müssten erhalten werden für Kunden, die sperrige Waren einladen wollen, oder für Autofahrer, die kurz auf den Markt wollten, sowie für Behinderte. Ohne diese Parkplätze gebe es fast gleich viel Verkehr. Das Versprechen, dass der Plan den Handel stärke, zweifelte sie an. Wieland Backes von der Initiative Aufbruch Stuttgart dagegen sieht in dem Antrag „erste Erfolge unserer Arbeit“.