Anzeigetafeln wie diese weisen Autofahrern künftig den Weg. Foto: Stadt Stuttgart

Der Rechtsanwalt, der jahrelang die Feinstaubgegner vertreten hatte, übt nun Kritik an den rechtlichen Grundlagen für den Feinstaubalarm. Verkehrsminister Winfried Hermann verteidigt das Reglement.

Stuttgart - Kritik am geplanten Feinstaubalarm will er nicht gelten lassen. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat am Montag versichert, diese Waffe gegen überhöhte Feinstaubwerte in Stuttgart sei „rechtlich durchdacht“ und durch das Bundesimmissionsschutzgesetz abgedeckt.

Damit ging der Minister – im Beisein von OB Fritz Kuhn (Grüne) – auf Distanz zu dem Anwalt Roland Kugler. Von dem war am Montag die Warnung gekommen, dass der Feinstaubalarm rechtlich auf sehr dünnen Beinen stehe. Kugler, der bei mehreren Feinstaubklagen für seine Mandanten für mehr Maßnahmen gegen die krank machenden Luftschadstoffe gestritten hatte, sieht rechtliche Probleme vor allem im Fall eines verbindlichen Feinstaubalarms mit Fahrverboten.

Die sind frühestens Anfang 2018 vorgesehen, falls der seit Montag mögliche Feinstaubalarm auf freiwilliger Basis von den Autofahrern nicht ausreichend befolgt wird. Nach Kuglers Meinung könnten Klagen von Autofahrern die Fahrverbote 2018 schnell ins Wanken bringen, weil Land und Stadt keine aktuellen Staubmesswerte aus Stuttgart hätten, wenn sie den Alarm ausrufen. Werte werden üblicherweise erst Wochen nach der Messung veröffentlicht.

Messstelle Neckartor wird modernisiert

Hermann widersprach auch da. Die Messstelle Neckartor werde nach europäischem Standard erneuert und erlaube dann „sehr gute Messungen“. An der Hauptstätter Straße habe man schon eine neue Messstation aufgebaut. Man verzichte nur auf die tägliche Veröffentlichung der Messwerte, weil allein daraus noch kein Trend ablesbar sei.

Hermann zeigte sich „einigermaßen entsetzt“, dass Kugler jahrelang für Maßnahmen stritt, nun aber den Gegnern von Maßnahmen „wohlfeile Argumente“ liefere. Damit ist so etwas wie ein Grünen-interner Hauskrach entstanden. Kugler war nämlich viele Jahre Grünen-Stadtrat in Stuttgart.

Kritik am Feinstaubalarm auf freiwilliger Basis äußerte am Montag auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ihm geht die Maßnahme nicht weit genug. Sie sei ein untaugliches Instrument zur Verbesserung der Luft. Bald werde man feststellen, dass man so den Verkehr nicht nennenswert reduziere. Nach elf Jahren massiver Grenzwertüberschreitungen stehe in Stuttgart immer noch „Aussitzen statt Aufatmen“ auf der politischen Agenda. Der Bund fordert eine City-Maut, eine Nahverkehrsabgabe sowie eine blaue Umweltzone und Fahrverbote für Pkw, in denen nur eine Person sitzt.

Land zahlt für Anzeigetafeln 1,5 Millionen Euro

Minister Hermann bestätigte, dass man mit dem Feinstaubalarm an kritischen Tagen „mindestens 20 Prozent weniger Verkehr schaffen will“. Das werde allerdings nicht ausreichen, um bei mehrtägigen austauscharmen Wetterlagen die Grenzwerte einzuhalten. Damit möglichst viele Autofahrer im Bilde sind, soll das Informationssystem ausgebaut werden. Hermann überbrachte im Rathaus die Zusage, dass das Land 1,5 Millionen Euro für zehn bis 14 zusätzliche elektronische Anzeigetafeln an Ein- und Ausfallstraßen in Stuttgart gewährt. Eine Million Euro soll die Stadt für denselben Zweck drauflegen. Zwölf Tafeln gibt es schon – zu wenig.

Die Übergabe war am Tag, als das Instrument Feinstaubalarm eingeführt wurde. Ausgelöst wurde er (noch) nicht. Wegen des nassen Wetters ist damit auch bis Donnerstag kaum zu rechnen. Kuhn fand das gut: „Ich bin froh um jeden Tag ohne Alarm.“