Nur mal schnell eine Brezel? Das parkende Auto ragt auf den Gehweg. Foto: privat

Falschparker, Raser und Leute, die ihr Auto über Gehwege lenken: Sillenbucher Bürger haben eine lange Liste von Verkehrsverstößen, die ihnen in ihrem Stadtbezirk unangenehm auffallen. Lokalpolitiker beklagen eine wachsende Rücksichtslosigkeit.

Sillenbuch - Die Tuttlinger Straße war überdurchschnittlich gut vertreten am Mittwoch. 23. Januar. Als hätten sich die Anwohner der Sillenbucher Straße abgesprochen. Offenbar haben sie in der jüngsten Sitzung des örtlichen Bezirksbeirats ihre Chance gesehen, dem angestauten Ärger Luft zu machen. Dem Ärger über Falschparker, Raser und Leute, die ihr Auto über Gehwege lenken. „Es ist wirklich sehr kritisch“, sagte eine Anwohnerin.

Der Verkehr im Stadtbezirk war das einzige Thema, mit dem sich die Lokalpolitiker befasst haben. Dafür hatte der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck erstmals eine Sondersitzung einberufen. In Degerloch etwa ist dies inzwischen Standard. Das Interesse an allem rund um den Autoverkehr ist hoch. Fast 20 Bürger haben sich in die Zuschauerreihen gesetzt – so viele wie selten. Auf Zetteln durften sie Fragen formulieren. Und auch die Fraktionen hatten Etliches auf ihrer Liste stehen.

Für die Antworten waren Experten anwesend

Damit aufgeworfene Fragen möglichst prompt beantwortet werden konnten, waren Experten anwesend. Das Ordnungsamt, die Straßenverkehrsbehörde, das Tiefbauamt, das Stadtplanungsamt und die Polizei waren vertreten. Für sie sollte es ein langer Arbeitstag werden. Erst nach dreieinhalb Stunden waren sie entlassen – fürs erste. Die Beiräte haben angekündigt, das eine oder andere hernach in Antragsform zu bringen und im Februar zu beschließen.

Anders als beispielsweise in Plieningen, wo sich die Bürger regelmäßig über den Schleichverkehr durch den Ort beschweren, gibt es in Sillenbuch nicht das eine große Verkehrsproblem. Es sind eher die Kleinigkeiten, die den Lokalpolitikern und Anwohnern aufstoßen. Seien es Lieferwagen, die entlang der Kirchheimer Straße den Radweg zuparken, seien es Leute, die sich an manchen Stellen im Bezirk ins absolute Halteverbot stellen, seien es Schlaglöcher, sei es Parkplatzmangel, seien es Fußgänger, die trotz roter Ampel Straßen queren – die Liste umfasst dreieinhalb Seiten.

Edgar Riester vom Ordnungsamt und Thomas Thull vom Polizeiposten Sillenbuch sind lebende Beispiele dafür, wie auf Regelverstöße am besten zu reagieren ist: mit Resignation. Als die Beiräte anmerkten, dass sich an heißen Tagen beim Bädle schlecht parken lasse, antwortete der Polizist Thull: „Ich kann dazu nur sagen: Kommen Sie zu Fuß. Sogar die Rankestraße fährt zum Bädle. Was soll ich dazu noch sagen?“ Die Rankestraße liegt in der Nachbarschaft zum Freibad.

Für Kontrollen brauche es mehr Kontrolleure

Ähnlich geht es Riester. „Autofahren ist Charaktersache“, sagte er. Auf dem Gehweg zu parken, sei verboten. „Das lernt man in der Fahrschule, da gibt es nichts zu regeln, das ist geregelt.“ Zudem: Noch mehr Schilder, Bodenmarkierungen und Poller sind aus Riesters Sicht keine Lösung. „Man braucht den Vollzug“, sagte er. „Da muss ich den Ball an die Politik zurückgeben.“

Denn für mehr Kontrollen brauche es mehr Kontrolleure, also mehr Geld. Als er bei der Stadt Stuttgart angefangen habe, berichtete Riester, habe es 100 Stellen für Knöllchenverteiler gegeben, derzeit seien es noch 60. Das seien im Schnitt am Tag 16 Kontrolleure für die Gesamtstadt – den Westen ausgenommen, für den gibt’s Extra-Personal. „Und das, wo der Verkehr so astronomisch gewachsen ist.“

Den Lokalpolitikern war bewusst, dass die Lösung für viele der notierten Probleme woanders zu suchen ist. „Was müsste der Bezirksbeirat denn beschließen?“, fragte der SPD-Sprecher. „Dass die Verkehrsteilnehmer ihr Verhalten ändern und sich an die Regeln halten. Wir beobachten eine wachsende Rücksichtslosigkeit.“