Auch in der Tainer Straße vor der Silcherschule gibt es „keine konkrete Gefahrenlage“, die Tempo 30 rechtfertige Foto: Dirk Herrmann

Das Fellbacher Ordnungsamt hält das Unfallrisiko weder vor dem Kinderhaus Pfiffikus in der Esslinger Straße noch vor der Grundschule in der Tainer Straße für so groß, dass die Geschwindigkeit reduziert werden müsste. Viele Gemeinderäte überzeugt das.

Fellbach - Eine Reduzierung der maximalen Geschwindigkeit vor dem Fellbacher Kinderhaus Pfiffikus wie vor der Silcherschule, die sich manche Eltern erhofft hatten, wird es nicht geben. Das geht aus einer Antwort der Stadtverwaltung auf einen entsprechenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Der Ordnungsamtsleiter Peter Bigalk präsentierte die ausführliche Begründung gegen Tempo 30 kürzlich den Stadträten im Bau- und Verkehrsausschuss.

Der Amtsleiter verwies auf die rechtlichen Vorgaben der Straßenverkehrsordnung

Ihren Antrag hatten die Grünen bereits in den Beratungen zum Haushaltsplan 2020 formuliert; die Hoffnung der Fraktion auf eine Reduzierung der bisher gültigen Regelung von 50 Stundenkilometern bezog sich auf die Esslinger Straße sowie auf die Tainer Straße. Um die Kinder des Pfiffikus oder der Silcherschule besser vor dem Auto- oder Lastwagenverkehr zu schützen, sei das Abbremsen auf Tempo 30 angezeigt.

Dies ist aber nicht möglich, wie Bigalk im Ausschuss ausführte. Der Amtsleiter verwies auf die rechtlichen Vorgaben der Straßenverkehrsordnung, weshalb die Fellbacher Stadtverwaltung „keinen allgemeinen Ermessensspielraum“ habe, sondern der Rechts- und Fachaufsicht des Regierungspräsidiums Stuttgart unterliege. Sowohl die Esslinger Straße als auch die Tainer Straße haben demnach „die Funktion einer innerörtlichen Sammelstraße“. Bigalk listete die Details auf: Dort befinden sich mehrere Buslinien, außerdem wird der Verkehr zu den Einkaufsstraßen im Stadtkern mit der Gegend um die Wohncity und ums Rathaus-Carrée gebündelt.

Weder für die Schule noch fürs Kinderhaus besteht eine konkrete Gefahrenlage

Ebenfalls über diese Straßen beziehungsweise die Kreuzung beim Jugendhaus und beim Hotel werden beliebte und häufig frequentierte Einrichtungen wie die Schwabenlandhalle und das Rathaus an der Tainer Straße mit ihren Tiefgaragen sowie an der südlichen Esslinger Straße das F3-Kombibad oder das Max-Graser-Stadion angesteuert. Für eine derartige Sammelstraße, die einer Ortsdurchfahrt gleichgestellt ist, „legt die Straßenverkehrsordnung in Paragraf 3, Absatz 3, Ziffer 1 die Regelgeschwindigkeit auf 50 km/h fest“, sagte Bigalk. Abweichen davon könne man allenfalls aus Gründen der Verkehrssicherheit. „Hierzu muss eine konkrete Gefahrenlage vorliegen und ein über das normale Maß hinausgehendes Unfallrisiko bestehen“. Zudem dürfe es keine anderweitigen Möglichkeiten geben, die Verkehrssicherheit zu verbessern.

Weder für die Schule noch fürs Kinderhaus besteht nach Ansicht der Stadtverwaltung eine derartige „konkrete Gefahrenlage“. Die Silcherschule liegt an der Einmündung der Tainer Straße in die Esslinger Straße. „Das Schulgelände ist umzäunt, die Gehwege davor sind durch Grünstreifen von der Fahrbahn abgetrennt“, erläuterte Bigalk. Und: „Die Übergänge sind signalisiert, am Stadtbahnübergang wird sogar eine Schulweghelferin eingesetzt.“

Sollten die maximalen Lärmwerte überschritten werden, könnte das Tempo reduziert werden

Auch fürs Kinderhaus sind die Voraussetzungen für Tempo 30 nicht gegeben. Das Pfiffikus liegt an der Esslinger Straße, der Ein- beziehungsweise Ausgang ist durch einen breiten Gehweg und durch Parkstände von der Fahrbahn getrennt.

Auch zeigt nach Bigalks Angaben der Blick in die Verkehrsunfallstatistik, dass in diesem Bereich keine Auffälligkeiten vorliegen. „Ein über das normale Maß hinausgehendes Unfallrisiko, welches ein Abweichen von der vorgegebenen Regelgeschwindigkeit rechtfertigt, liegt nicht vor.“ Fazit des Ordnungsamtsleiters: Das Abweichen vom vorgegebenen Regeltempo von 50 Stundenkilometern „wäre daher nicht zu rechtfertigen“. Im Gremium wurde die Argumentation weitgehend akzeptiert. Der Grünen-Stadtrat und Fahrlehrer Uli Kuhnle ergänzte, „aus beruflicher Sicht habe ich dort noch nie eine gefährliche Situation erlebt; es ist nicht gefährlicher als an anderen Stellen in Fellbach“.

Ein Hintertürchen gibt’s aber vielleicht doch – und das trägt den Titel „Verkehrslärmaktionsplan“. Sollte sich nämlich im Zuge dieser schon Expertise herausstellen, dass die maximalen Lärmwerte vor allem nachts und abends überschritten werden, könnte das Tempo an diesem Kreuzungsbereich reduziert werden.