Die Sozialdemokraten in Bad Cannstatt fordern von der Stadtverwaltung eine Stellungnahme zu den Luftverschmutzungen und Messstationen.
Bad Cannstatt - Ein Stadtbezirk und der Verkehr: Eine Kombination, die Bad Cannstatt und seine Einwohner nicht loslässt – egal, ob es um den Wilhelmsplatz, die Schmidener Straße, die König-Karls-Brücke oder einen anderen Ort im Stadtbezirk geht. Nicht nur, dass viele Bürger das Gefühl haben, im Autoverkehr förmlich zu ersticken. Es geht den Cannstattern auch um ihre Gesundheit, die Umwelt und in diesem Zuge auch um die Reduzierung von Stickstoffdioxid und Feinstaub.
Wenn es um letzteres Thema geht, ist in Stuttgart vor allem immer wieder von den Werten am Neckartor die Rede. Zulässig sind Grenzwerte von 50 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft. An maximal 35 Tagen im Jahr darf dieser Wert überschritten werden. Am Neckartor waren es im Jahr 2016 bis zum 20. Dezember allerdings 58 Tage – trotz Feinstaubalarm. Doch für die Cannstatter Sozialdemokraten liegt der Fokus der Stadt dennoch zu sehr auf dem Neckartor. „In der aktuellen Debatte zur Reduktion von Feinstaub bestehen erhebliche Informationsdefizite und fragwürdige Prioritätensetzungen“, schreiben die SPD-Bezirksbeiräte in einem Antrag. Die Aufforderung der Stadtverwaltung, dass Pendler aus dem Umland bei Feinstaubalarm weiterhin Bad Cannstatt anfahren sollen, um auf dem Wasengelände zu parken, suggeriere, dass der Bezirk keine Probleme mit der Luftqualität habe. In der Bürgerschaft bestünden allerdings mittlerweile erhebliche Zweifel an dieser Situationsbeschreibung, heißt es bei der SPD. Eine Klarstellung von städtischer Seite sei dringend erforderlich. „Dies schließt die Frage mit ein, weshalb von städtischer Seite nicht regelmäßig über die Luftbelastung in Bad Cannstatt informiert und aufgeklärt wird“, heißt es in dem Antrag der Sozialdemokraten weiter.
Im Bezirk befänden sich aktuell zwei Standorte, an denen gemessen werde. Allerdings seien die Messdaten auf der Internetseite www.stadtklima-stuttgart.de nur teilweise einsehbar und nicht über einen längeren Zeitraum dokumentiert. „Von daher besteht die dringende Notwendigkeit, die tatsächliche Belastung in Bad Cannstatt in Erfahrung zu bringen.“ Fachleute von der Stadtverwaltung sollen nun im Bezirksbeirat berichten und die aufgeworfenen Fragen beantworten.
Feinstaub scheint in Bad Cannstatt kein großes Problem darzustellen
Die Messstation an der Waiblinger Straße ist eine von insgesamt vier sogenannten Spotmessstellen in Stuttgart. Sie wird von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) betrieben. Dort heißt es auf Nachfrage: „Das Spotmessprogramm Baden-Württemberg wurde im Jahr 2003 konzeptionell entwickelt. Grundlage für die Auswahl an Messstellen waren damals die Voruntersuchungen im Jahr 2003.“ Unter anderem sei in diesem Rahmen auch die Waiblinger Straße als „potenzieller Überschreitungspunkt“ auf Grund der damaligen Verkehrszahlen ausgewählt worden. 22 000 Kraftfahrzeuge seien dort etwa täglich unterwegs, davon seien 590 Lkw. „Die Messstelle wurde dann 2004 nahtlos in das Spotmessprogramm übernommen“, erklärt Tatjana Erkert von der LUBW. Seit dem Jahr 2008 würden aber an der Waiblinger Straße die Grenzwerte für Feinstaub eingehalten. Das gilt allerdings nur für den Jahresmittelwert, der 40 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten darf. An der Waiblinger Straße lag er 2015 bei 25 Mikrogramm. Für 2016 gibt es noch keine Zahlen. Zum Vergleich: Am Neckartor lag der Wert bei 37 Mikrogramm. Blickt man allerdings auf die Anzahl der Tage, an denen die Grenzwerte nicht eingehalten worden sind, sieht die Statistik schon etwas anders aus. Noch 2011 wurde die Grenze von zulässigen 35 bei überschrittenen 54 Tagen geknackt. Die Kurve zeigt aber seitdem nach unten. Schon 2012 wurden die Werte – wenn auch knapp – eingehalten.
Beim Stickstoffdioxid sieht die Situation anders aus. Die Jahresmittelwerte werden hier noch nicht eingehalten. 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sind erlaubt. 2015 waren es 49 Mikrogramm pro Kubikmeter. Etwa 990 Personen seien von dieser Immissionsbelastung betroffen, heißt es bei der LUBW.
Die zweite Messstation in Bad Cannstatt befindet sich an der Gnesener Straße. „Das ist eine städtische Hintergrundmessstation. Hier liegen die Jahresmittelwerte seit 2001 unter dem Jahresgrenzwert und auch die Stundenmittelwerte werden nicht überschritten“, sagt Tatjana Erkert.