Zwei Jahrzehnte sind vergangen – immer noch kämpft Affalterbach (Kreis Ludwigsburg) um seine Ortsumfahrung. Der Gemeinderat steht hinter dem Millionenprojekt und will beantragen, dass der Landkreis die Bauträgerschaft übernimmt.
Der Gemeinderat von Affalterbach hat seinen Willen zum Bau der Ortsumfahrung bekräftigt. Das Gremium votierte am Donnerstag – mit der Gegenstimme der Ula/Grünen-Rätin Claudia Koch – dafür, die Bauträgerschaft für die Straße beim Landkreis Ludwigsburg zu beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte der Kommune untersagt, die Ortsumfahrung als Gemeindestraße zu bauen. Eine Trägerschaft des Landes kommt ebenfalls nicht infrage, da das grüne Verkehrsministerium den Straßenneubau aus Klimaschutzgründen weitgehend blockiert. Ein Klima-Check stelle eine nahezu unüberwindbare Hürde dar: Umfahrungen sind länger als Straßen, die durch eine Kommune führen.
Ob der Kreistag einen Beschluss pro Ortsumfahrung trifft, gilt als offen. Auch der Kreis habe einen Klima-Check, der nach Ansicht der Ula sogar strenger sei als der des Landes. Außerdem gilt der Kreishaushalt – wie auch der Etat der meisten Kommunen – als stark belastet. Anders sieht es in Affalterbach aus, wo die Gemeinde rund 45 Millionen Euro auf der hohen Kante hat und bereit ist, 75 Prozent der Kosten zu tragen, wenn der Landkreis seinen Anteil von 25 Prozent übernähme.
Der Bürgermeister Steffen Döttinger bezifferte die Baukosten nach Rücksprache mit dem bereits früher beauftragten Ingenieur-Büro auf rund 23,6 Millionen Euro. Das Büro habe 70 bis 80 Prozent mehr als bei der bis dato letzten Kostenschätzung von 2015 mit 13,1 Millionen Euro veranschlagt. Eine genauere Kostenermittlung könne erst dann erfolgen, wenn die Gespräche mit dem Landkreis fortgeschritten seien. „Dann kann der Gemeinderat immer noch sagen, ob es ihm zu teuer ist oder nicht.“
Bringt die Ortsumfahrung tatsächlich Entlastung?
Die Ula-Rätin Claudia Koch scheiterte mit ihren Anträgen, ein unabhängiges Büro mit einer genauen Kostenschätzung zu beauftragen und durch Zebrastreifen und Pförtnerampeln den Verkehr in der Tempo 30-Ortsdurchfahrt weiter zu drosseln. „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, sagte sie und verwies auf das Beispiel Benningen. Dort stöhnten die Bewohner auch nach dem Bau der Ortsumfahrung immer noch über den innerörtlichen Zielverkehr. Auch drohe der Grundschule mehr Lärm. Mehr E-Fahrzeuge bedeuteten weniger Fahrgeräusche.
Anderer Meinung waren alle anderen Gemeinderäte. Sie wollen den Ort und seine Bewohner insbesondere vor Lärm und Dreck des Schwerverkehrs schützen. Man müsse jetzt die Chance nutzen und mit dem Kreis vorankommen, dann die Kosten ermitteln.
Bürgermeister hält ÖPNV als Kompensation für unzureichend
Den Individualverkehr hält Steffen Döttinger für zentral: „Der ÖPNV funktioniert bei uns nicht.“ Es gebe zu viele Ausfälle, die verunsicherten. Pförtnerampeln verursachten noch längere Rückstaus, für Zebrastreifen bräuchte es ausreichende Sicht.