Puppenhaus-Architektin Michaela Baumeister mit ihren Gebäuden. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Wochenende kann man auf der Design-Weihnachtsmesse „Schöne Bescherung“ im Stuttgarter Römerkastell Geschenke erstehen – auch die Puppenhäuser von Wertigwerk. Besuch bei einem Start-up, das seinen Ursprung sozusagen im Weinkeller hat.

Ein Flachdach, ein Hochhaus oder doch ein Giebelhaus? Die Hausherrin oder der Hausherr hat zum Glück nicht die Qual der Wahl, sie oder er kann alles in einem haben. Quasi das Rundum-Sorglos-Paket, das überdies in einer handlichen Box daherkommt.

Das Puppenhaus von Wertigwerk ist im Baukasten-Prinzip aufgebaut, es besteht aus einer quadratischen und zwei rechteckigen Kisten, jeweils mit Fenstern und Türen sowie einem Giebel, die beliebig zusammengestellt werden können. Man kann hoch hinaus oder eher in die Horizontale bauen, eine Kiste als Wohnhaus, eine als Schule und eine als Stall oder Krämermarkt nutzen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Meine Tochter und ich haben schon ganze Städte aus mehreren Sets aufgebaut“, sagt Michaela Baumeister, die Architektin der Puppenhäuser.

Aus Weinkisten entstand der Prototyp

Die Tochter war denn auch indirekt diejenige, die Michaela Baumeister zur Puppenhaus-Architektin und auch –Bauherrin hat werden lassen. Denn eigentlich war die BWL-erin mit Schwerpunkt Finanzen und Controlling, die mit ihrer Familie in Stuttgart-Sonnenberg lebt, vor ein paar Jahren nur auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für das damals noch kleine Mädchen. Ein Puppenhaus sollte es sein. Sie googelte. Die Auswahl war groß, doch keines der angebotenen Häuser war so, wie Baumeister es sich vorstellte: Die holzaffine Mutter suchte ein möglichst naturbelassenes Haus, das nicht zu groß, nicht kunterbunt und darüber hinaus nicht in China oder Übersee hergestellt sein sollte. Ein fast unmögliches Unterfangen.

Baumeister gab gefrustet auf und holte sich im Keller eine Flasche Wein. Da es die letzte in der schönen hölzernen Weinkiste war, brachte sie diese mit hoch und stellte sie auf den Tisch. Da kam ihr die Idee: Noch am selben Abend sägte sie Tür und Fenster in die Weinkiste. Bald standen zehn solcher zugesägter Weinkisten im Zimmer ihrer Tochter, die daraufhin sagte, sie brauche nun gar kein Puppenhaus mehr vom Christkind. „So ging es los“, sagt Baumeister.

Patent für das Stecksystem

Dann kam der Moment, an dem das Zimmer der Tochter gesaugt werden sollte. „Blöd, wenn zehn Kisten im Weg stehen“, dachte sich Baumeister und schob diese quer ineinander, um sie aus dem Weg zu haben. Dies brachte sie auf die Idee, dass es möglich sein müsse, alles so zu gestalten, dass es noch besser passt. Denn auch die Türen und Fenster passten bei den Weinkisten noch nicht immer genau zueinander. „Das war eine ganz schöne Knobelaufgabe“, sagt Baumeister.

Die ersten Kisten sägte sie noch selbst zurecht – allerdings recht krumm und schief. Später half ihr Bruder, der in seiner Firma einen Laser stehen hat. Es klappte, nur der schwarze Laserrand störte Baumeister. Dafür passte sonst alles: Die Kisten und der Giebel konnten mit wenigen Handgriffen ineinander verstaut werden und die Fenster und Türen passten in jeglicher Kombination zueinander.

Für den Herbstmarkt der Schule ihrer Kinder produzierte Baumeister 2020 eine Kleinstserie an Puppenhäusern. Doch dann machte die Corona-Pandemie der Schule einen Strich durch die Rechnung. Kurzerhand sollten die Produkte in einem öffentlichen Onlineshop angeboten werden. Im Januar 2021 las Baumeister einen Artikel darüber, dass man nur noch ein halbes Jahr Zeit habe, ein Patent anzumelden, sobald ein Produkt öffentlich bekannt gegeben wurde – und das war ihr Puppenhaus durch den Onlineverkauf. So beantragte sie ein Patent für das Stecksystem des Hauses, das sie denn auch im April erhielt. Baumeister: „Das Ganze war ganz schön teuer, sodass mein Mann sagte: ‚Wenn du so weit gegangen bist, dann mach doch jetzt auch weiter’.“

Anleitungen zum Basteln von Puppenhaus-Inventar

Baumeister wagte den Schritt und gründete das Start-up Wertigwerk. „Schön ist, dass ich alles selbst machen kann, von der Homepage bis zum Verpackungsdesign“, sagt sie. Das Neue war für sie Anreiz, keine Abschreckung.

Nur die Bürokratie hätte sie fast noch zu Fall gebracht kurz vor dem Ziel: „Ich habe, als ich Mitte 2021 Wertigwerk anmelden wollte, erfahren, dass man, um Holzspielzeug herzustellen und zu verkaufen, Holzspielzeugmeister sein muss.“ Das war Baumeister freilich nicht. „Ich hatte Glück und bekam eine Sondergenehmigung, darf aber nun wirklich nur die Puppenhäuser und Zubehör anbieten“, sagt sie.

Und Zubehör gibt es reichlich: Ein Set an Bausteinen aus Tannenholz, aus denen Betten, Tische und Stühle gebaut werden können. Wer schon fertige Möbel haben will, kann eine verleimte Version bekommen – teils auch mit Fronten, etwa für den Herd. Selbst einen Farbwunsch kann man äußern, wohingegen die nachhaltigen Puppenhäuser selbst, die inzwischen in Oberfranken produziert werden, entweder in Holz oder in Weiß gehalten sind.

Baumeister stellt auf ihrem Blog zudem Anleitungen für das Basteln von Puppenhaus-Zubehör vor, vom Kamin mit Feuer über Bücher fürs Puppenhaus bis zu kleinen Vorratsdosen für die Küche. Denn ein schönes Haus braucht schließlich auch schönes Inventar, damit die Hausherrin oder der Hausherr zufrieden ist.

Puppenhäuser auf der Designmesse

Bezug
Bisher sind die Puppenhäuser entweder online über die Homepage www.wertigwerk.de zu bekommen, oder über zwei Läden: Hey June im Stuttgarter Süden oder Titiwu in Tübingen.

Messe
Am kommenden Wochenende werden die Puppenhäuser (mit Messerabatt) bei der Design Weihnachtsmesse „Schöne Bescherung“ präsentiert. Dort zeigen und verkaufen hundert Labels ihre Designprodukte. „Schöne Bescherung“ findet am Samstag, 10. Dezember, von 11 bis 19 Uhr und am Sonntag, 11. Dezember, von 11 bis 18 Uhr statt, und zwar in der Phoenixhalle im Stuttgarter Römerkastell, Naststraße 43-45. Eintritt: Tageskarte 9 Euro, ermäßigt 7 Euro.