Die Pille danach gab es bislang nur auf Rezept vom Arzt. Foto: dpa

Auf Drängen der EU ist die Pille danach bald rezeptfrei zu haben. Doch damit ist der politische Kampf von Baden-Württembergs Sozialministerin in dieser Frage noch nicht beendet.

Stuttgart/Berlin - Die CDU ringt mit den anderen Parteien darum, wie die neue Freiheit der Pille danach genau ausgestaltet wird. Aus Sicht der Christdemokraten, die mit Hermann Gröhe auch den Bundesgesundheitsminister stellen, sollten die Hürden für das Beziehen des Notfall-Verhütungsmittels nicht zu sehr gesenkt werden.

Gröhe will unter anderem festlegen, dass die Frauen von den Apotheken intensiv beraten werden müssen, bevor sie die Pille ausgehändigt bekommen. Solange die Vorgaben dafür nicht ausufern, hat Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) damit kein Problem. „Eine Beratung findet in der Apotheke sowieso statt“, sagte sie unserer Zeitung.

Heikler ist die Frage der Bezahlung: Bislang bekommen Frauen bis zum Alter von 21 Jahren die Kosten für die Pille danach von den Krankenkassen erstattet. Mit der Rezeptpflicht fällt aber automatisch auch die Kostenerstattung weg. Geht es nach dem CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn, soll es dabei auch bleiben. Für minderjährige Frauen kann sich der Bundestagsabgeordnete zwar auch künftig eine Kostenerstattung vorstellen – aber nur, wenn sie wie bislang ein Rezept vorlegen, also vorher den Arzt aufsuchen.

Genau diesen Arztbesuch aber will Altpeter den jungen Frauen künftig ersparen, denn die Pille sollte möglichst früh nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden – in jedem Fall innerhalb von 72 Stunden. Und oft geschieht das Missgeschick am Wochenende, wo es nicht so einfach ist, einen Arzttermin zu bekommen.

„Die Befürchtung ist da, dass die CDU versuchen wird, den nun absehbaren Fortschritt bei der Pille danach über die Kostenfrage auszubremsen“, so Altpeters Sprecher. Die Ministerin werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Pille auch künftig von den Kassen bezahlt werde. Der Bundestag habe diese Forderung im vergangenen Jahr auch mit klarer Mehrheit so beschlossen.

Die geforderten Einschränkungen vonseiten der CDU seien der „durchsichtige Versuch, nun das Gesicht zu wahren, weil man von der EU-Kommission in dieser Frage überholt worden ist“.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte sich kürzlich dafür ausgesprochen, eine moderne Form der Pille danach von der Verschreibungspflicht zu befreien. Folgt die Europäische Kommission ihrer Empfehlung, wovon auszugehen ist, würde das für die gesamte EU gelten.

Bundesgesundheitsminister Gröhe hatte bisher darauf bestanden, dass Frauen die Pille nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr nur auf Rezept und nach einer Beratung durch einen Arzt erhalten sollten. Nach der Empfehlung des EU-Arzneimittelausschusses erklärte Gröhe nun: „Unser Ziel ist es, auch weiterhin eine gute Beratung aus einer Hand sicherzustellen.“ Wenn diese „zukünftig nicht mehr zwingend durch einen Arzt vorgenommen werden muss, ist eine intensive Beratung auch in Apotheken der richtige Weg“. Er wolle dann Frauenärzte, Apotheken und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einladen, gemeinsam Kriterien für eine gute Beratung zu entwickeln, erklärte er weiter.

Ab wann genau die Pille danach in Deutschland rezeptfrei zu haben sein wird, ist noch unklar. „Mir wäre es schon recht, wenn wir das im kommenden Jahr erleben könnten“, sagte Altpeter. Sie rechne zwar mit Widerständen in der CDU-Fraktion, gehe aber zugleich davon aus, „dass das jetzt relativ zügig vorangeht“.

Hintergrund: Die Pille danach

Die Pille danach wird zur Notfallverhütung nach dem Geschlechtsverkehr eingesetzt, wenn andere Verhütungsmethoden versagt haben oder vergessen wurden. 2013 wurde sie laut Gesundheitsministerium in Deutschland 200 000-mal verschrieben. In beinahe allen europäischen Ländern sowie in den USA ist die Pille danach rezeptfrei zu haben. Dort habe sich durch den Wegfall der Rezeptpflicht weder das Sexualverhalten geändert noch seien bei den betroffenen Frauen gesundheitliche Probleme aufgetreten, argumentieren die Befürworter einer Freigabe.

In Deutschland stehen insbesondere die Kirchen und die CDU einer Freigabe kritisch gegenüber, weil sie das ungeborene Leben schützen wollen. Befürworter versuchen die Skepsis mit dem Hinweis zu dämpfen, dass mit der Pille danach keine Abtreibung möglich sei. Die Pille verhindert den Eisprung, kann aber nach jetzigem Wissensstand nicht verhindern, dass sich eine befruchtete Eizelle einnistet und dann wächst. Die Pille danach kostet zwischen 16 und 18 Euro. Die Einnahme kann zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Schmerzen, Übelkeit und Zwischenblutungen führen.