Völlig zerstört: Das eine Flüchtlingsgebäude in Heumaden musste nach dem Brand abgerissen werden. Foto: Steinert

Das Landgericht Stuttgart hat einen Iraker wegen fahrlässiger Brandstiftung und Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann war mit einer Zigarette eingeschlafen, das Flüchtlingsheim in Heumaden brannte daraufhin im August 2012 ab.

Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart hat einen 43 Jahre alten Mann wegen fahrlässiger Brandstiftung und fahrlässiger Körperverletzung zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die 9. Strafkammer ist zu dem Schluss gekommen, dass der Iraker das Asylbewerberheim in Heumaden im August 2012 nicht vorsätzlich abgefackelt hatte.

Damals waren mehrere Bewohner teilweise schwer verletzt worden. Es entstand ein Schaden von mehr als einer Million Euro. Mit dem Urteil, der Angeklagte muss zusätzlich 40 Arbeitsstunden ableisten, folgte die Kammer dem Antrag von Staatsanwalt Peter Kraft, der den Fall bereits am Amtsgericht als fahrlässige Brandstiftung angeklagt hatte. Die Amtsrichterin hatte den Fall allerdings ans Landgericht verwiesen, weil eine Zeugin den Angeklagten schwer belastete.

Damit begann für den 43-Jährigen eine wahre Achterbahnfahrt. Erst war er wegen Fahrlässigkeit angeklagt, dann wegen Vorsatz und versuchten Totschlags. Schließlich sagte Wolfgang Hahn, Vorsitzender Richter der 9. Strafkammer des Landgerichts, wenn es je Vorsatz gewesen sein sollte, komme eine Verurteilung wegen Mordversuchs infrage. Das angebliche Motiv des Angeklagten: Er habe unbedingt aus dem Heim kommen wollen, so die Zeugin vor dem Amts- und dem Landgericht.

Eine Zeugin belastet den Angeklagten – aus Rache

„Die Aussagen dieser Zeugin waren skurril und sonderbar“, so Richter Hahn. Man habe gemerkt, dass die Frau den Angeklagten belasten wollte – wohl aus Rache. Denn der 43-Jährige soll sie vor ihrem damaligen Freund schlechtgemacht haben. Die Beziehung zerbrach daraufhin. „Wir haben der Zeugin keinen Glauben geschenkt“, so Wolfgang Hahn. Auch der Version des vor Gericht schweigsamen Angeklagten folgten die Richter nicht. Der 43-jährige Vater einer kleinen Tochter hatte bei der Polizei gesagt, seine Freundin habe ihn am frühen Morgen des 25. August 2012 geweckt, weil in der Küche der Unterkunft an der Kirchheimer Straße ein Feuer ausgebrochen sei. Brandexperten hatten indes festgestellt, dass der verheerende Brand im Zimmer des Angeklagten ausgebrochen war – und zwar im Bett. „Das ist eindeutig“, so der Richter.

Demnach hatte sich der Mann gegen 5 Uhr eine Zigarette angezündet und war wohl wieder eingeschlafen. Dazu passten auch seine eigenen schweren Brandverletzungen, so der Richter. Dann sei der Mann aufgeschreckt und habe Nachbarn alarmiert.

Es spielten sich dramatische Szenen ab. Manchen der 33 anwesenden Bewohner war der Fluchtweg durchs Treppenhaus abgeschnitten. Einige sprangen aus dem Fenster im 1. Stock und zogen sich schwere Verletzungen zu. Eine Schwangere seilte sich in Todesangst ab. Das Gebäude brannte ab und musste neu gebaut werden. „Es ist reines Glück, dass niemand zu Tode gekommen ist“, sagt Richter Hahn. Weil zwei der elf Verletzten keinen Strafantrag gestellt haben, wurde der 43-Jährige nur in neun Fällen wegen Körperverletzung verurteilt.