Forscher in einem Chemielabor Foto:  

Beginnt an diesem Freitag die Zukunft für Hochschulen und Wissenschaft in Deutschland? Verhandelt wird darüber. Es geht um Milliardeninvestitionen in die Hochschul- und Forschungslandschaft. Aber noch ist die Einigung nicht in Sicht.

Berlin - Für Studenten, Hochschullehrer und Wissenschaftler in Deutschland geht es an diesem Freitag um viel: In Berlin sollen die Forschungs- und Finanzminister von Bund und Ländern die Weichen für die Hochschul- und Forschungspolitik für die nächsten Jahrzehnte stellen. Geplant ist, drei Förderprogramme, die bisher immer nur auf Zeit zwischen Bund und Ländern vereinbart sind, zu entfristen und auf Dauer zu finanzieren. Dabei geht es um sehr viel Geld. In den 2020er Jahren sollen über den Hochschulpakt, den Pakt für Lehre und den Pakt für Forschung und Innovation an die hundert Milliarden Euro an die Hochschulen und die Forschungsgesellschaften in Deutschland fließen – wenn die Einigung zustande kommt. Nach wie vor wird heftig um die genaue Lastenteilung zwischen Bund und Ländern gerungen.

Worum geht es im Südwesten?

Worum geht es im Südwesten?

Zuletzt flossen aus den drei Förderprogrammen 1,34 Milliarden Euro jährlich vom Bund an die Hochschulen und die Forschungsinstitutionen im Südwesten. Laut Wissenschaftsministerium in Baden-Württemberg hängt allein von der Ausgestaltung des Hochschulpakts die Schaffung von 14 000 Studienanfängerplätzen an den Hochschulen des Landes ab. Von 2021 an will die Landesregierung das Gros mit 9000 dieser Plätze an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (ehemals Fachhochschulen) und an den Dualen Hochschulen (ehemals Berufsakademien) schaffen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) drängt zur Eile. „Die Pakte dürfen nicht Opfer parteipolitischer Querelen einer verkrachten Koalition oder von Kräftemessen zwischen Bund und Ländern werden“, mahnt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich setze mich mit aller Kraft dafür ein, dass wir jetzt ohne weitere Verzögerung zu den Abschlüssen kommen.“

Wer sind die wichtigsten Spieler am Verhandlungstisch?

Wer sind die wichtigen Verhandler?

Das wichtigste Spannungsfeld für die Gespräche liegt zwischen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU): Angesichts der schwächelnden Konjunktur ist Scholz umso stärker unter Druck, das Geld zusammenzuhalten. Forschungsministerin Karliczek, deren Etat Scholz zuletzt gekürzt hat, hingegen braucht dringend ein positives Signal für die Hochschullandschaft, um ihren ramponierten Ruf aufzupolieren.

Was sind die wichtigsten Ziele?

Was sind die wichtigsten Ziele?

Grob gesprochen sollen mit dem Geld aus den drei Töpfen mehr Studienplätze, mehr unbefristete Stellen für Hochschullehrer und eine bessere Ausstattung für die Forschungsinstitutionen geschaffen werden. „Deutschland hat sich durch die gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern im letzten Jahrzehnt zu einem attraktiven Wissenschaftsstandort entwickelt. Wir dürfen jetzt nicht von diesem Pfad abweichen“, betont Wissenschaftsministerin Bauer und fordert „Perspektive, Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Finanzierung“ für die Institutionen. „Die technologischen Umbrüche, in denen wir uns befinden, sind nur mit mehr Wissenschaft zu meistern.“

Wie groß ist der Zeitdruck?

Wie groß ist der Zeitdruck?

Die drei Pakte sind bis Ende 2020 sicher. Wenn die Wissenschaftsminister jetzt den Durchbruch nicht schaffen, können die Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen mit der Kanzlerin am 6. Juni das Thema auch nicht abschließen. Diese Perspektive liegt insgesamt 85 Hochschulratsvorsitzenden schwer im Magen, wie sie in einem offenen Brief an die Gemeinsame Konferenz Wissenschaftsminister (GWK) erklären. Gelinge die Einigung nicht rechtzeitig, „müssten demnächst befristete Verträge in erheblicher Zahl gekündigt werden“, schreiben sie. „Die Folge wäre, dass bereits zum Wintersemester viele Zulassungsbeschränkungen notwendig würden.“ Das, so ihr Fazit, würde die Anstrengungen zum Ausbau der Hochschulen, die in den vergangenen Jahren geleistet wurden, „teilweise zunichtemachen“. Sie appellieren an die Verhandler, den Zeitplan einzuhalten und jetzt zu entscheiden.