Im Juni 2015 gratuliert OB Fritz Kuhn (vorne rechts) Peter Pätzold zu seiner Wahl zum Bürgermeister. Jetzt ist wieder ein Platz auf der Bürgermeisterbank zu besetzen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Susanne Eisenmann hat eine Bürgermeisterstelle im Stuttgarter Rathaus frei gemacht, weil sie zur Kultusministerin aufgestiegen ist. Nun werden die Kompetenzen neu verteilt. Wer kommt als siebter Beigeordneter neben OB Fritz Kuhn? Und wer könnte in ein anderes Ressort wechseln?

Stuttgart - Nach dem Ausscheiden von Susanne Eisenmann (CDU) als Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport (KBS) im Stuttgarter Rathaus wird eine Umverteilung von Zuständigkeiten auf der Bürgermeisterbank immer wahrscheinlicher. Wie weit sie gehen soll, ist noch nicht entschieden. Genauso wenig, wer die gegenwärtig vakante Stelle besetzen darf.

Die CDU pocht am heftigsten auf das Vorschlagsrecht. Bei ihr war in den vergangenen Wochen unter anderen die Bundestagsabgeordnete Karin Maag im Gespräch. Doch die Juristin will „definitiv nicht ins Rathaus“, wo sie einmal Mitarbeiterin des Rechtsamts war. Nach 20 Jahren Verwaltung mache sie jetzt „genauso gern Politik“, sagte Maag unserer Zeitung. Andere innerparteiliche Interessenten – man spricht von Beate Bulle-Schmid, Iris Ripsam, Jürgen Sauer und Fred Stradinger – sind erst einmal zum Warten verdammt, weil nicht klar ist, wie die Weichenstellung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) und den Fraktionschefs ausfällt. CDU-Vormann Alexander Kotz wolle sogar lieber einen Parteifreund von außen, heißt es, keinen aus der Fraktion. Von dort allenfalls sich selbst, munkelt man.

Alexander Kotz hat keine eigenen Ambitionen

Diesbezüglich gibt Kotz hinter den Kulissen aber Entwarnung. Zumindest bis auf Weiteres will er offenbar nicht auf die Geschäftsführung in seinem Handwerksbetrieb und auf Ehrenämter im Handwerk verzichten. Beobachter meinen, er spekuliere auf einen reizvolleren Posten, zum Beispiel, wenn Erster Bürgermeister Michael Föll (CDU) in die Wirtschaft wechseln sollte.

Die Ansprüche der CDU, nach Eisenmanns Abschied wieder eine dritte Bürgermeisterstelle besetzen zu dürfen, sind freilich nicht eindeutig. Die meisten Beobachter rechnen trotzdem damit, dass die großen Fraktionen CDU (17 von 60 Ratsmandaten) und Grüne (14) Fakten schaffen; dass die CDU sich durchboxt und die Grünen, denen eindeutig weniger eine dritte Bürgermeisterstelle zusteht als der CDU, dies mittragen, wenn der Handel erträglich ist.

Themen und Schwerpunkte haben sich verändert

Seit Wochenanfang lotet OB Kuhn in Einzelgesprächen mit Bürgermeistern und Fraktionschefs schon deren Vorstellungen aus. An diesem Donnerstag gibt es weitere Termine. Bis die Fraktionen zu einem konkreten OB-Vorschlag Stellung beziehen müssen, könnten aber noch Wochen vergehen. Sollte keine Einigung gelingen, meinen Beobachter, könnte die Stelle eingespart werden. Darauf deutet aber noch wenig hin.

Kuhn sprach mehrfach von der Ausschreibung der Stelle, wenn man über Ressortzuschnitte befunden habe. Seit seinem Dienstantritt hatte er organisatorisch in der kompletten Verwaltung kaum etwas geändert. Jetzt will er es nachholen, vielleicht auch im Dickicht der Stabsstellen, die er vom Vorgänger übernahm. Das leuchtet auch manchen Fraktionschefs ein, weil sich Schwerpunkte und Themen der Verwaltungstätigkeit verändert hätten.

Freie Wähler sorgen sich um Isabel Fezer

Hannes Rockenbauch und Thomas Adler (SÖS/Linke plus) gingen bisher am weitesten und verteilten gedanklich das komplette Referat Recht, Sicherheit und Ordnung, ohne zu sagen, was Martin Schairer (CDU) dann weiter tun soll. Jürgen Zeeb von den Freien Wählern (FW) denkt, dass vom Referat KBS das meiste erhalten werden könnte, und er will darüber wachen, dass Isabel Fezer (FDP/Soziales, Jugend, Gesundheit) „nicht mit irgendwelchen Resten abgefunden wird“. Rockenbauch möchte erst strikt über Inhalte statt über Personen reden. Kotz will zwar auch mit den Themen anfangen, dann aber schnell zu Personalien übergehen, weil bereits gewählte Bürgermeister bis zur Pensionierung bleiben dürfen und nicht wahllos alles betreuen können.

Nicht wenige im Rathaus erwarten, dass Kuhn den Kulturbereich an sich zieht. So hatte es einst auch OB Manfred Rommel (CDU) gehalten, was aber oft kritisiert wurde. Ebenfalls hoch gehandelt wird ein neues Referat Bildung oder Schule und Jugend. Damit könnten die Zuständigkeiten für die Betreuung von der Geburtsklinik bis zum Schulabschluss gebündelt werden.

Als überaus wahrscheinlich gilt, dass dem Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) die Last der Verantwortung für das Klinikum abgenommen wird, zumal es dort zuletzt – Stichwort steigendes Defizit sowie fragwürdige Geschäfte mit ausländischen Patienten – sehr kriselte.

CDU peilt Referat Allgemeine Verwaltung an

Kämmerer Michael Föll, heißt es, könne sich auch hier als Krisenmanager bewähren. Dafür könnte er die Zuständigkeit fürs Jobcenter an den Sozialreferenten abgeben, der wohl einen Schwerpunkt bei der Integration haben soll. Mitarbeiter von Föll meinen jedoch, der Vielbeschäftigte müsste dann auch die Bäderbetriebe abgeben (zum Beispiel an den künftigen Sportverantwortlichen) und die Liegenschaftsverwaltung, was er vermutlich ablehne. Unverändert werden möglicherweise nur das Referat Technik, das Referat Städtebau und Umwelt sowie das Referat Recht, Sicherheit und Ordnung bleiben.

Ähnlich viele Spekulationsmöglichkeiten wie bei den Ressortzuschnitten bieten sich bei der Frage, wer als siebter Beigeordneter kommen oder wer in ein ganz anderes Ressort wechseln könnte. Wölfle wurde und wird Interesse an einem Referat Bildung und Jugend nachgesagt. Doch in OB Kuhn hat er trotz gleichfarbigem Parteibuch nicht gerade einen Gönner – dafür in Isabel Fezer, seiner früheren Rivalin um das Sozialressort, erneut eine mögliche Gegenspielerin. Außerdem: Allgemeine Verwaltung, wo Wölfle jetzt tätig ist, gilt wie der CDU-geführte Finanzbereich als Querschnittsreferat, das die Grünen vielleicht nicht der CDU gönnen wollen. CDU-Fraktionschef Kotz scheint Allgemeine Verwaltung zu favorisieren, obwohl manche Christdemokraten gern weiter das Referat KBS halten möchten. Eine Kombination von Allgemeiner Verwaltung und Sport wäre ebenfalls denkbar. Bis in die 1990er Jahre war dies das Ressort von Gerhard Lang (SPD).