Der Deutsche Jerome Boateng (l.) im Zweikampf mit dem Slowaken Marek Hamsik. Foto: dpa

Peinliche Niederlage: die DFB-Elf verliert in einem Spiel im strömenden Regen gegen die Slowakei. Insgesamt war es eine blamable Leistung des deutschen Teams.

Ascona - Experiment misslungen, EM-Test verhagelt: An einem Abend zum Vergessen hat der ersatzgeschwächte Fußball-Weltmeister Deutschland mit gleich vier Debütanten jegliche EURO-Form vermissen lassen.

Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw, der auf neun etatmäßige Kräfte verzichten musste, verlor bei Blitz, Donner und Starkregen über Augsburg nach einer insgesamt blamablen Vorstellung 1:3 (1:2) gegen EM-Teilnehmer Slowakei. „So etwas habe ich auch noch nicht erlebt, vor allem eine so lange Halbzeitpause. Zum Glück gab es keine Verletzungen“, sagte Löw kurz nach dem Spiel in der ARD.

Mario Gomez hatte den dreimaligen Europameister per Foulelfmeter in Führung (13.) gebracht. Doch nach einer guten halben Stunde stellte die DFB-Elf ihre Bemühungen weitgehend ein und wurde durch Tore von Marek Hamsik (41.) und Michal Duris (44.) bestraft. Ein schweres Unwetter in der Pause machte den Platz fast unbespielbar und die Begegnung beinahe zur Farce, Juray Kucka erhöhte nach einem Fehler des eingewechselten Torwarts Marc-André ter Stegen auf 1:3 (52.). „Vielleicht war es gar nicht so schlecht, in so einer Situation mal unter solchen Bedingungen zu spielen“, sagte Mario Götze in der ARD: „Wir kriegen blöde Gegentore, das darf nicht passieren. In der zweiten Halbzeit war es unter den Umständen natürlich schwer.“

„Der Platz war unter Wasser“

Leroy Sané sagte nach seinem zweiten Länderspiel: „Der Platz war unter Wasser. Aber damit müssen wir auch klarkommen.“ Er selbst zeigte sich selbstkritisch: „Für mich war heute mehr drin, ich habe nicht alles gegeben. Ich hoffe trotzdem, dass ich dabei bin.“ Weigl sagte: „Ich habe mir ein anderes Debüt vorgestellt. Ich habe versucht, alles reinzuwerfen und aus dem Platz das beste zu machen. Ob es gelungen ist, müssen andere beurteilen.“

Löw, der bis Dienstag noch vier Spieler aus seinem Kader streichen muss, hatte gegen die eigentlich biederen Slowaken nur ein Ziel: Experimentieren für den Ernstfall EM. Und der Bundestrainer tat dies sowohl personell als auch das System betreffend. Mit Bernd Leno und Joshua Kimmich durften in der Startelf zwei Debütanten ran, die Neulinge Julian Brandt und Julian Weigl wurden eingewechselt (jeweils 46.). Weil Löw in der EM-Vorrunde defensiv eingestellte Gegner erwartet, ließ er vor Torwart Leno wie beim Länderspiel gegen Italien Ende März (4:1) eine Dreierkette verteidigen - diesmal mit Kimmich, Jerome Boateng und Antonio Rüdiger. Das Trio wurde bei gegnerischem Ballbesitz von den Außen Sebastian Rudy und Jonas Hector unterstützt.

Das DFB-Team hatte gute Chancen

Das klappte eine gute halbe Stunde lang gut - auch, weil die deutsche Elf kaum gefordert wurde. Angeführt von Ersatzkapitän und Spielgestalter Sami Khedira kam das DFB-Team zu guten Chancen. Gomez nutzte die beste, als er seinen Elfmeter nach einem Foul von Kucka an Götze sicher verwandelte. Julian Draxler hatte das 2:0 auf dem Fuß (32.), doch da hatte der Weltmeister schon ein, zwei Gänge runtergeschaltet. Löws Assistent Marcus Sorg machte sich auf der Tribüne unter den 22.110 Zuschauern in der WWK Arena eifrig Notizen - und was er und sein Chef nun zu sehen bekamen, verhagelte ihnen die Laune. Die Abwehrreihe agierte zu passiv, ihr Boss Boateng griff Hamsik halbherzig an - und der Star der Slowaken ließ Leno mit seinem wuchtigen Schuss aus 22 Metern keine Chance.

Beim 1:2 nutzte Duris nach einer Ecke einen kollektiven Blackout der deutschen Abwehr. „Das war leichtfertig“, sagte Manager Oliver Bierhoff in der ARD: „In der ersten halben Stunde hatte ich Bedenken, dass es zu leicht wird.“ Dann aber habe die Mannschaft „zweimal nicht aufgepasst“. Patzer Nummer drei unterlief ter Stegen, der wie abgesprochen die zweite Halbzeit spielen durfte und seine unglücklichen Auftritte im DFB-Trikot fortsetzte, als ihm Kuckas Ball durch die Hände flutschte.

Dass die Begegnung überhaupt fortgesetzt wurde, schien nach einem Test des belgischen Schiedsrichters Serge Gummienny fraglich. „So wie der Ball gerollt ist, sieht es schlecht aus“, sagte Bierhoff zunächst, berichtete dann aber von einer „Abwägung“: Zwar gehe die Gesundheit der Spieler vor, doch die Fans hätten schließlich bezahlt. Hälfte zwei begann mit einer Verzögerung von 24 Minuten. Löw beendete das Experiment Dreierkette und stellte auf vier Verteidiger um. Abwehrchef Boateng übernahm die Binde vom ausgewechselten Khedira - eine bemerkenswerte Geste nach den diskriminierenden Äußerungen von AfD-Politiker Alexander Gauland gegen den Weltmeister. Das Spiel litt nun stark unter den widrigen Bedingungen, die schwäbische Seenlandschaft verhinderte eine Aufholjagd. Götze kam dem Anschlusstreffer noch am nächsten (65.). Die jungen Brandt und Weigl zeigten gute Ansätze, mühten sich aber vergeblich.