Fahne des 8. New Yorker Infanterieregiments: Überwiegend deutsche Freiwillige kämpften im US-Bürgerkrieg gegen die Sklavenhalter im Süden. Foto: New York State Military Museum

Schwarz-Rot-Gold steht für Freiheit und deutsche Einheit. Das Sternenbanner für die Unabhängigkeit der USA von Großbritannien. Aber beides zusammen? Das Stuttgarter Haus der Geschichte zeigt, was es damit auf sich hat.

Stuttgart - Das besondere Stück Tuch ist ein Meter und 77 Zentimeter breit und eins, 27 hoch. Sieben rote und sechs weiße horizontale Streifen wechseln sich ab. Doch im rechten oberen Eck sind keine weißen Sterne auf blauem Grund zu sehen, sondern das deutsche Schwarz-Rot-Gold.

Das Stuttgarter Haus der Geschichte zeigt diese besondere Fahne am Donnerstag zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Die Mannheimer 48er-Revolutionärin Amalie Struve übergab sie am 17. Mai 1861 in einer feierlichen Zeremonie vor dem New Yorker Rathaus an den Befehlshaber des 8. New Yorker Infanterie-Regiments. „Diese Fahne ist eine, die in schon zwei Ländern für die Freiheit kämpfte“, sagte Struve. Die angetretenen Soldaten waren überwiegend deutsche Freiwillige, die im US-Bürgerkrieg auf der Seite der Nordstaaten gegen die Sklavenhalter im Süden in den Krieg zogen.

Struves Ehemann Gustav, der intellektuelle Kopf der Badischen Revolution von 1848, kämpfte selbst als einfacher Soldat in diesem Regiment. „Ihr Soldaten tragt sie vorwärts und führt sie erneut in den Kampf, mit dem sie schon vertraut ist“, zitiert die Zeitung „New York Daily Tribune“ die 37-Jährige bei der Übergabe der Flagge .

Deutsche Freiwillige kämpfen für US-Präsident AbrahamLincoln

„So wurden die deutschen Freiwilligen zu den berühmten Fourty-Eighters“, erklärt Rainer Schimpf vom Haus der Geschichte mit Blick auf zahlreiche politische Flüchtlinge, die nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 in die USA flohen und sich politisch engagierten. „Für sie war der Kampf gegen die Sklaverei die zweite Revolution und diesmal gehörten sie zu den Siegern.“

Mit dem heutigen bundesrepublikanischen Schwarz-Rot-Gold verbanden die Revolutionäre damals ihre Hoffnung auf Freiheit, Bürgerrechte und die deutsche Einheit. Doch abgesehen vom Intermezzo der Märzrevolution und Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche wurden die Farben erst in der Weimarer Republik zur deutschen Nationalflagge. Auf US-Seite gehen Rot-Weiß-Blau auf die Fahne des britischen Ex-Kolonialherren, den „Union Jack“, zurück. Die 13 Streifen stehen dabei für die 13 ursprünglichen Kolonien. Die Zahl der Sterne wuchs später entsprechend der zunehmenden Zahl an US-Bundesstaaten.

Auf der Fahnenrückseite der Flagge in Stuttgart befinden sich im oberen Eck 34 weiße Sterne auf blauem Grund, die zusammen wie ein großer fünfzackiger Stern angeordnet sind. Diese – untere – Seite ist in der Stuttgarter Vitrine aber nicht zu sehen.

„Großartiges Symbol“

Zwei Jahre lang begleitete die Regimentsfahne die Deutsch-Amerikaner in wichtigen Schlachten. Zum Beispiel in der Ersten Schlacht am Bull Run, am 21. Juli 1861: Die Konföderierten gewannen, die Hoffnung auf ein rasches Ende des bis 1865 dauernden Bürgerkriegs verflogen. Oder die Schlacht bei Cross Keys am 8. Juni 1862, bei dem die Konföderierten unter General Thomas Jonathan „Stonewall“ Jackson den Einheiten der Union wieder große Verluste zufügten.

1863 wurde das 8. New Yorker Infanterieregiment aufgelöst. Viele der Soldaten kämpften in anderen Einheiten weiter. Amalie Struve, die sich in den USA auch für die Frauenbewegung einsetzte, starb 1862 nach der Geburt einer Tochter. Gustav Struve kehrte 1863 nach Deutschland zurück, geriet wieder mit der Obrigkeit in Konflikt.

Und wie landet diese deutsch-amerikanische Flagge jetzt in Stuttgart? Historiker Schimpf wusste, dass Struve im US-Bürgerkrieg kämpfte. „Da fing ich an zu recherchieren“, erzählt er. Fündig wurde er in Militärmuseum des Staates New York in Saratoga Springs. „Die Fahne ist ein großartiges Symbol für die transatlantischen Beziehungen“, sagt er. Darüber spricht er bei einer Veranstaltung im Haus der Geschichte mit dem Frankfurter US-Vizegeneralkonsul David Elmo am Donnerstag um 15 Uhr.