Die Angeklagte verbirgt vor Beginn der Verhandlung ihr Gesicht hinter einem Aktenordner. Rechts neben ihr Verteidiger Achim Wizemann, links Christian Fischer. Foto: dpa/Thomas Burmeister Foto:  

Eine Pflegerin filmte und missbrauchte Patienten, um einem Internetpartner zu gefallen. Dafür muss sie drei Jahre ins Gefängnis.

Göppingen/Ulm - Es ist eine bedrückende Vorstellung sowohl für schutzbedürftige ältere Menschen in einem Pflegeheim als auch für Angehörige: Eine Pflegekraft benutzt ihre Vertrauensstellung, nutzt die Abgeschiedenheit von Patienteneinzelzimmern, um pornografische Filme und Fotos anzufertigen. Das Material geht via Internet an einen Anstifter, der es möglicherweise weiterverkauft.

Genau das ist über Monate hinweg innerhalb einer Station für schwer demente Menschen des Göppinger Sozialunternehmens Wilhelmshilfe passiert. Am Montag ist die Täterin, eine 47-jährige Fachkraft für Altenpflege, vom Landgericht Ulm zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Die Strafkammer ahndete damit eine zweifache Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses, vierfache Körperverletzung, die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen sowie in vier Fällen die Verbreitung, den Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften.

Ein Geständnis mit Abstrichen

Nach Schluss der Beweisaufnahme sah das Gericht im Wesentlichen die von der Staatsanwaltschaft ermittelten Tatvorwürfe bestätigt. Die 47-Jährige habe im Prozess „ein weitgehendes, wenn auch stellenweise etwas verbrämtes Geständnis“ abgelegt, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Fischer bei der Urteilsbegründung. Die Öffentlichkeit konnte sich davon selbst kein Bild machen; die Verhandlung war auf Antrag der Verteidiger mit Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz der Frau unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden.

Wie der Richter ausführte, hatte die Frau am 20. August 2017 erstmals einen neuen Chatkontakt mit einem Mann. Nach einer Trennung vom Ehemann und unter dem Eindruck drückender Schulden durch einen Hausbau sei die Mutter zweier minderjähriger Kinder „auf der Suche nach einem Partner und einem Sexualkontakt gewesen“. Sie stieß auf einen 37-Jährigen, der rund ein Jahr später in Tübingen festgenommen werden sollte und seither unter dem Verdacht steht, mehrere Frauen dazu gebracht zu haben, ihre Kinder pornografisch zu filmen und ihm das Material zu schicken. Im November beginnt am Landgericht Tübingen auch der Prozess gegen ihn.

Der Internetanstifter gab sich als vermögend aus

Mehr als ein Jahr lang schickte die Pflegerin dem Mann, der sich als schwer vermögend ausgab, auf dessen Verlangen immer wieder intimste, mit dem Smartphone aufgenommene Nacktbilder und -filme von dementen Frauen und Männern. Einer der Filme zeigt laut Gericht, wie eine Patientin Schmerzlaute ausstößt und Abwehrbewegungen macht, während sie mit behandschuhten Fingern vergewaltigt wird. Auf Geheiß des Online-Anstifters fotografierte sich die Pflegerin auch selbst, hängte sich dabei Schilder mit erniedrigenden Begriffen um. Es habe sich um eine aus der Sadomaso-Szene bekannte Beziehung eines Herren zu seiner Sexsklavin gehandelt, sagte der Richter. Wiederholt schickte der 37-Jährige kinderpornografische Fotos an die Absenderin zurück. Zwar waren „Abhängigkeit und Unterwerfung“ die Kennzeichen dieser Bekanntschaft, so Fischer, doch die Täterin sei deshalb „zu keinem Zeitpunkt in ihrer Selbstverfügbarkeit eingeschränkt“ gewesen.

Die Frau besaß denn auch die Kraft, die Beziehung zu beenden, als ihr klar wurde, dass das „Fernziel“ des Internetpartners gewesen sei, an Nacktbilder ihrer eigenen Kinder heranzukommen, so das Gericht. Zweifel daran, wie manipuliert die Frau wirklich von dem Mann war, nährt allerdings das Video einer Duschszene. Es zeigt, wie eine demente Patientin von der Pflegerin brutal abgeduscht wird. Unter anderem wird Seifenschaum in Gesicht und Augen gekippt. Die Patientin ruft im Video panisch: „Ich sterbe.“ Aufgenommen wurde der Film im August 2017, gerade einen Tag nachdem die Pflegerin zum ersten Mal Kontakt zum neuen Chatpartner bekam.