Angelina Jolie beim Besuch eines Rohingya-Flüchtlingscamps in Bangladesch im Februar. Foto: AP

Erst nach dem Krieg in Ex-Jugoslawien kam das Thema auf die UN-Agenda, und noch immer tut sich die Staatengemeinschaft schwer mit der Aufarbeitung von Vergewaltigungen in Kriegen. Am Dienstag leitet Außenminister Maas eine Sondersitzung des Sicherheitsrats zum Thema.

Washington - Bundesaußenminister Heiko Maas setzt sich gemeinsam mit der US-Schauspielerin Angelina Jolie für den Kampf gegen sexuellen Missbrauch in Kriegsgebieten ein. In einem gemeinsamen Gastbeitrag für die US-Zeitung „Washington Post“ schilderten beide am Montag erschreckende Beispiele für Schicksale von Frauen in Krisenländern. Der kongolesische Arzt und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege habe in seiner Klinik im Kongo etwa drei Generationen vergewaltigter Frauen behandelt: Mutter, Tochter und Enkel im Kleinkindalter.

Jolie und Maas wollen die Ermittlungsmöglichkeiten für diese Straftaten verbessern und die Einhaltung internationaler Normen, etwa von UN-Resolutionen, stärken. Außerdem müssten Opfer besser unterstützt werden, forderten sie.

Deutschland will seinen gegenwärtigen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat nutzen, um eine Resolution zu verabschieden. Darin sollen unter anderem auch Konsequenzen für diejenigen enthalten sein, die sexuelle Gewalt gegen Frauen gutheißen oder fördern. „Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt werden als Kriegs- und Terrortaktik weltweit genutzt“, heißt es in dem Gastbeitrag für die Zeitung.

Vergewaltiger bleiben oft ungestraft

Viel zu oft kämen Täter ungestraft davon. „Diese Straffreiheit hat verheerende Konsequenzen“, schreiben Jolie und Maas. „Wir haben beide Überlebende in Ländern wie Irak, Bosnien und Sierra Leone getroffen, die uns eindringlich gebeten haben, den Mangel an strafrechtlicher Verfolgung zu beseitigen, der dazu führt, dass sexuelle Gewalt weiter bestehen kann.“

Angelina Jolie (43) kämpft seit Jahren gegen sexuelle Gewalt in Krisengebieten und arbeitete dazu auch mit dem früheren britischen Außenminister William Hague zusammen. Für die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR ist sie seit vielen Jahren tätig und wurde 2012 zur Sonderbotschafterin ernannt.

Unter der Leitung von Außenminister Maas kommt der UN-Sicherheitsrat am Dienstag in New York zu seiner jährlichen Sondersitzung zu sexueller Gewalt in Konflikten zusammen. Deutschland hat aktuell den Vorsitz in dem UN-Gremium inne. Vor zehn Jahren richteten die UN ein eigenes Büro mit einer Sonderbeauftragten zum Thema ein. Vergewaltigungen als Mittel im Krieg gibt es natürlich schon viel länger, aber erst unter dem Eindruck der Verbrechen in Bosnien und Herzegowina sowie in Ruanda in den 1990er Jahren wurde die internationale Staatengemeinschaft geeint tätig.

Rohingya-Minderheit aktuell besonders betroffen

Zwei wesentliche Resolutionen haben die UN bisher zum Thema verabschiedet: Die im Jahr 2000 beschlossene Resolution 1325 ruft dazu auf, Frauen zu schützen und sie gleichberechtigt in Friedensverhandlungen und Wiederaufbau einzubeziehen. Im Jahr 2008 forderte die Resolution 1820 dann den sofortigen Stopp jeglicher sexueller Gewalt als Methode der Kriegsführung.

Aktuell gelten die Rohingya in Myanmar als besonders von sexueller Gewalt betroffene Gruppe in einem Konflikt. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch seien hier ein Mittel der ethnischen Säuberung, hieß es vor zwei Jahren anlässlich der UN-Sonderdebatte. Im vergangenen Jahr war Razia Sultana die erste Rohingya, die überhaupt vor dem Sicherheitsrat sprach. Die Wissenschaftlerin der Nachrichtenagentur Kaladan Press kritisierte, dass zwar viele Staaten abstrakt sexuelle Gewalt in Konflikten verurteilten, aber dann in der Praxis doch Waffen nach Myanmar lieferten und so die Lage vor Ort weiter verschlimmerten.

Zu den Zielen der UN-Sonderbeauftragten zählen, überhaupt eine Strafverfolgung sicherzustellen und Strukturen in den Nachkriegs-Gesellschaften zu schaffen, in der die Opfer gehört werden. Häufig seien Frauen zu wenig in diese Aufarbeitung eingebunden, außerdem fehle es grundsätzlich an geschlechtsspezifischen Daten, lautete bereits vor zwei Jahren die Bilanz der Sondersitzung. Laut Zahlen aus dem Jahr 2017 sind nur drei Prozent der UN-Blauhelme weiblich. Die Vereinten Nationen arbeiten daran, diesen Anteil bis 2028 in den Einsatztruppen auf 15 Prozent und bei neu formierten Polizeieinheiten auf 20 Prozent zu erhöhen.