Einen solchen Pass hat ein „Reichsbürger“ immer griffbereit. Es gibt ihn im Internet. Foto: dpa

Der Schweiz droht der Mann mit einem Militärschlag, die Bundesrepublik erkennt er nicht an. Jetzt hat die Polizei den „Reichsbürger“ aus dem Verkehr ziehen wollen. Doch der dreht durch und drückt aufs Gas.

Bad Saulgau - Ein Angehöriger der so genannten Reichsbürgerszene hat sich in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) mit der Polizei eine Verfolgungsjagd geliefert. Um eine Polizeisperre zu umfahren, steuerte er über den Gehweg. Als es einer Polizeistreife gelang, sich neben das Auto des Mannes zu setzen, habe der 59-Jährige plötzlich seinen Wagen nach links gelenkt und das Polizeifahrzeug gerammt. Anschließend überfuhr er noch eine rote Ampel. Kurz darauf sei es den Beamten dann gelungen, ihn zu stellen. Trotz Widerstands habe man ihn vorläufig festnehmen können, so die Polizei.

Die Streife hatte den Mann zuvor angehalten, um ihn zu kontrollieren und ihm sein Auto abzunehmen. Für den Wagen habe bereits seit dem Herbst kein Versicherungsschutz mehr bestanden, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Ravensburger Staatsanwaltschaft und des Konstanzer Polizeipräsidiums. Zudem habe der Mittelklassewagen dem Mann längst nicht mehr gehört. Er sei Teil der Konkursmasse einer Firma, die der Mann in der Schweiz geführt habe. In diesem Zusammenhang habe der Polizei ein Rechtshilfeersuchen der Kollegen aus dem Kanton Graubünden vorgelegen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Mit „Diplomatenpass“ unterwegs

Der 59-Jährige habe allerdings keine Anstalten gemacht auszusteigen. Aufgrund seiner politischen Überzeugung zog er die Kompetenz der Polizei generell in Zweifel und berief sich auf seinen angeblichen Diplomatenstatus. „Er hatte sogar einen angeblichen Diplomatenausweis mit dem Logo der Vereinten Nationen dabei“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Als ein Polizist sich durchs Autofenster lehnte, um den Zündschlüssel zu ziehen, habe der Mann plötzlich Gas gegeben. Der Beamte habe sich gerade noch in Sicherheit bringen können. Es folgte die beschriebene Verfolgungsjagd.

Für die Behörden ist der 59-Jährige kein unbeschriebenes Blatt. In der Schweiz liefen gegen ihn mehrere Ermittlungsverfahren wegen Erpressung und Bedrohung. Auch im Kreis Sigmaringen seien Behördenmitarbeiter bereits von ihm bedroht worden, berichten Staatsanwaltschaft und Polizei. Er habe erklärt, „Militär aufzubieten und seine Interessen mit Waffengewalt durchsetzen zu wollen“. Auf richterliche Anordnung hin wurde noch am Mittwoch das Grundstück des Tatverdächtigen bei Ostrach sowie seine Geschäftsräume in Bad Saulgau von Spezialkräften der Polizei nach Sprengstoff, Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen durchsucht. Allerdings sei nichts gefunden worden, berichtete der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Seine Waffen seien ja auch „der Füllfederhalter und die Redekunst“, habe der Tatverdächtige erklärt. Für die Geschädigten sei dies aber keineswegs so klar gewesen, sagte der Staatsanwalt.

3000 Reichsbürger im Land

Zu den bereits laufenden Ermittlungsverfahren kämen nun noch weitere wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hinzu. Der Mann sei in jedem Fall psychisch auffällig, sagte der Staatsanwalt. Insgesamt soll es allein in Baden-Württemberg 3000 Reichsbürger geben. Nur in Bayern liegt ihre Zahl noch höher. Angehörige der Reichsbürgerszene sind der Auffassung, dass das Deutsche Reich völkerrechtlich nach wie vor besteht. Die Existenz der Bundesrepublik, ihrer Behörden und Institutionen erkennen sie dementsprechend nicht an. Stattdessen besorgen sie sich Reichsausweise im Internet oder stellen sie sich selbst her.