Bundesminister Horst Seehofer (rechts) will eine Entscheidung über die Zukunft von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bekanntgeben. Foto: dpa

Der Noch-Präsident des Verfassungsschutzes bringt Horst Seehofer mächtig unter Druck. Der Innenminister kündigt eine Erklärung an. Aber ist die Causa Maaßen damit vom Tisch?

Berlin - Bundesminister Horst Seehofer (CSU) will noch am Montag eine Entscheidung über die Zukunft von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bekanntgeben. Für 15 Uhr kündigte er eine Erklärung an. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel gehe davon aus, dass Seehofer „zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft“. Ob Maaßen möglicherweise entlassen oder in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird, blieb aber zunächst offen.

Hintergrund ist eine Abschiedsrede Maaßens vor Kollegen europäischer Geheimdienste, in der er von linksradikalen Kräften in der SPD gesprochen hatte. Nach dpa-Informationen beklagte Maaßen am 18. Oktober in Warschau, seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren. In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmaßlich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu Protesten und rechtsextremistischen Übergriffen.

In dem Redemanuskript Maaßens, das die „Süddeutsche Zeitung und die „Bild“-Zeitung veröffentlichten, heißt es unter anderem: „Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt. Dass aber Politiker und Medien „Hetzjagden“ frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland.“ Er habe lediglich klargestellt, dass es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keine derartigen rechtsextremistischen Hetzjagden gegeben habe.

Scharfe Kritik kam am Montag von SPD-Bundesvize Ralf Stegner

Seehofer war durch den Fall Maaßen selbst in die Kritik geraten. Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte. Auch diese Position war aber durch die Äußerungen Maaßens in Warschau nicht mehr zu halten.

Scharfe Kritik kam am Montag von SPD-Bundesvize Ralf Stegner. Er bezeichnete Maaßen als „nicht mehr tragbar“. Bestürzend sei „das Ausmaß der Verwirrung, dass man da sieht“. Stegner fügte hinzu: „Ich war immer der Meinung, dass der Chef des Verfassungsschutzes die Verfassung schützen soll vor den Verfassungsfeinden und nicht umgekehrt.“

CDU-Vize Julia Klöckner sagte, sie habe nicht zu beurteilen, ob Maaßen reif für den Ruhestand sei. „Ich nehme nur wahr, dass es eine Posse ist, dieses Hin und Her.“ Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) sagte der „Bild“, Maaßen habe gut daran getan, sich für Vorkommnisse in der Vergangenheit zu entschuldigen. „Da verstehe ich jetzt den Rückfall nicht.“

Seehofer steht auch als Parteichef massiv unter Druck

SPD-Fraktionsvize Eva Högl wies darauf hin, dass ihre Partei schon vor Wochen Maaßens Entlassung gefordert habe - „wegen seiner problematischen Äußerungen nach den Ereignissen in Chemnitz und seiner sichtbaren Neigung zu rechtspopulistischen Ansichten“, wie sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte.

Seehofer steht spätestens seit dem CSU-Absturz bei der bayerischen Landtagswahl auch als Parteichef massiv unter Druck. In der CSU wird inzwischen fest damit gerechnet, dass er als CSU-Vorsitzender zurücktritt. Seehofer hatte sich lange gegen eine Ablösung Maaßens an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes gesträubt.

Die Grünen im Bundestag verlangen eine Sondersitzung des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste zu den neuen Vorwürfen gegen Maaßen. Die FDP schloss sich der Forderung an. Linken-Fraktionsvize André Hahn erklärte dagegen, eine Sondersitzung des Kontrollgremiums halte er für entbehrlich. Am Mittwoch tage ohnehin der Innenausschuss des Bundestages.