Das Kunst-Werk Gebäude an der Schorndorfer Straße in Fellbach. Foto: Patricia Sigerist

In der Immobilie der Stadt Fellbach an der Schorndorfer Straße sind mittlerweile zehn Vereine und zwei gewerbliche Mieter untergebracht. Doch das Miteinander gestaltet sich nicht immer einfach.

Fellbach - Bei der Ehe ist oft vom verflixten siebten Jahr die Rede. Das scheint nun auch auf das vor sieben Jahren eröffnete Kunst-Werk an der Schorndorfer Straße in Fellbach zuzutreffen. Das Konstrukt, freischaffende Künstler, kulturschaffende Vereine und die ausländischen Kultur-Vereine unter einem Dach zu vereinen, liest sich auf dem Papier interessant, ist in der Praxis aber offenbar nicht einfach zu realisieren.

Es knirscht vernehmbar, nicht erst seit heute. Schon in der Vergangenheit wurde beklagt, dass die Kommunikation unter den verschiedenen Nutzern schwierig sei beziehungsweise gar nicht zustande komme. Die Stadt Fellbach arbeitet an einer Lösung. „Zeitnah werden wir sie finden“, verspricht Erster Bürgermeister Johannes Berner, dessen Dezernat fürs Multikulti-Haus zuständig ist.

Im Kunst-Werk ist über die Jahre eine bunte, multikulturelle Hausgemeinschaft entstanden

Die Stadt hat das ehemalige Gebäude der Firma Kill – dort wurden einst Möbel hergestellt – angekauft, um darin Ateliers für Künstler und Räume für Vereine zu schaffen. 2012 war die offizielle Einweihung, die ersten Künstler bezogen ihre Ateliers schon 2011. Die Stadt ist die Vermieterin. Fortan lud der gemeinnützige, eingetragene Verein freischaffender Künstler „Kunst-Werk“ zu Vernissagen ein. Ins Gebäude kam Leben. Quasi von Anfang an dabei ist der Türkische Verein. Viel hat sich seit dem 1. November 2012, getan, auch in diesem Verein. Er hat zwei Räume, er hat die meisten Mitglieder.

Weitere Vereine kamen dazu, viele im Jahr 2017. Damals brauchte die Stadt Platz für die Vereine, die bisher in der Schmerstraße und im Milchhäusle untergebracht waren – so der Handharmonika Club und der Fellbacher Carneval Club. Auch die Pfadfinder, bisher am alten Freibad beheimatet, stimmten dem Umzug in die Schorndorfer Straße 33 zu. Wie auch das Centro Italiano, das seine bisherigen Räume im Untergeschoss der Silcherschule räumen musste. Diese werden jetzt von der Stadt für die Schülerbetreuung gebraucht. Der Albanische Verein ist in der Schorndorfer Straße eingezogen, der Kroatische Verein hat sich aufgelöst.

In den Mietverträgen hat die Stadt Fellbach die Rechte und Pflichten der Mieter festgelegt

Im Kunst-Werk ist über die Jahre eine bunte, multikulturelle Hausgemeinschaft entstanden. „So etwas gibt es in keiner anderen Stadt“, sagt Yakup Ismailoglu anerkennend. Er gehört dem Vorstand des Türkischen Vereins an. Alle Vereine nutzen die Räume für ihre Vereinsarbeit, die Mitglieder treffen sich dort in ungezwungener Runde – auch zum Fernsehen in ihrer Muttersprache, Fußball ist ganz wichtig. Muttersprachlicher Unterricht wird angeboten und kulturelle Veranstaltungen. Im Haus ist – vor allem am Abend und an den Wochenenden – viel los. Aber auch unter der Woche werden Gardetänze oder das Akkordeon-Spiel geübt, und es wird in den Ateliers künstlerisch gearbeitet. Die Bedürfnisse sind unterschiedlich, die kulturellen Hintergründe sowieso und die Ansprüche auch.

In den Mietverträgen hat die Stadt Fellbach die Rechte und Pflichten der Mieter festgelegt. Nicht vorschreiben kann sie das soziale Miteinander der Nutzer und Benutzer. Vor dem Eingang stehen oft dunkel gekleidete Männer, viele rauchen. Das missfällt einigen Nutzern. Die Ausleuchtung der Außenflächen ist nicht optimal, es gibt dunkle Ecken. Die Parkplatzsituation ist alles andere als gut und ausreichend.

Wo viele Menschen und viele Vereine zusammenkommen, da könne es zu unterschiedlichen Meinungen kommen

Mit dem Einzug der neuen Mieter schien 2017 ein Ruck durch die Etagen gegangen zu sein, man hat sich gegenseitig eingeladen, vorgestellt und bei Veranstaltungen besucht. Im Sommer 2018 seien zu einer Versammlung alle Mieter eingeladen worden, erinnert sich der Vorsitzende des Künstlervereins Kunst-Werk, Frank P. Kistner. Das war noch in der Amtszeit von Bürgermeister Günther Geyer, der damals den Einzug der neuen Mieter angeregt und mitgetragen hatte. „Unser Verein hat die Teilnahme an diesem Treffen versäumt“, bedauert Yakup Ismailoglu und erklärt, dass der Türkische Verein derzeit versucht, sich neu zu organisieren.

Kistner hatte sich bereits Ende 2017 eine „bessere Moderation“ vonseiten der Stadt als Hausbesitzerin gewünscht und bemängelt, dass in der Hinsicht „gar nichts passiert“. Wo viele Menschen und viele Vereine zusammenkommen, da könne es zu unterschiedlichen Meinungen kommen, das sei halt so, ist die Erfahrung von Ismailoglu. Das Kunst-Werk sei kein Problem-Haus. Er wehrt sich dagegen, dass der Eindruck geweckt wird, „dass wir im Clinch sind“.

Der Versuch, insgesamt zehn Vereine und zwei gewerbliche Mieter unter einem Dach zu vereinen, ist im siebten Jahr angekommen, bisher ohne einen Verwalter direkt vor Ort. In einer Ehe kann man bei Schwierigkeiten die Eheberatung bemühen. Darauf müssen sich allerdings beide Partner einlassen. Und meistens geht es nicht ohne Kompromisse.