Kommt die Kippa künftig auch in der AfD zum Einsatz? Foto: dpa

Eine geplante Vereinigung von Menschen jüdischen Glaubens in der AfD (JAfD) sorgt für eine heftige Kontroverse. Kritik kommt vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der die Partei weiterhin als antisemitisch einstuft. Landessprecher Özkara hält dagegen.

Stuttgart - Als „Denkmal der Schande“ hat der thüringische AfD-Landessprecher und Fraktionschef Björn Höcke Anfang 2017 das Holocaust-Mahnmal bezeichnet, das in Berlin an Millionen von den Nazis ermordete Juden erinnert. Dieser Satz kennzeichnet das Verhältnis der Partei zum Judentum nur zum Teil. Denn neben Antisemitismus ist bei manchen Vertretern auch eine Solidarisierung mit Israel festzustellen. Mitunter wird sogar die Nähe zu Juden in Deutschland gesucht.

Nun wollen Parteigänger jüdischen Glaubens am 7. Oktober in Offenbach eine eigene Vereinigung gründen: die „JAfD“ (Juden in der AfD). Als Rednerin soll unter anderem Beatrix von Storch auftreten. Der Sprecher des baden-württembergischen Landesverbandes, Ralf Özkara, bestätigte das Vorhaben gegenüber unserer Zeitung. Seit etwa zwei Wochen werde darüber intern gesprochen. Es gebe in der AfD „so viele Vereinigungen von Christen, Homosexuellen, jetzt Juden“ – da könne er sich vorstellen, dass sich da später auch noch eine Landesgruppe gründen werde.

Landessprecher distanziert sich von Antisemitismus

„Antisemitismus hat bei uns nichts verloren“, sagt Özkara. „Wir haben einige Juden in der Partei – wären wir so ein antisemitischer Haufen, wie es uns nachgesagt wird, dann wären die nicht bei uns.“ Er sei in der AfD „noch kein einziges Mal mit antisemitischen Sprüchen konfrontiert worden“. Aus Sicht des Landessprechers habe selbst Wolfgang Gedeon Antisemitismus nicht nachgewiesen können. Der Landtagsabgeordnete Gedeon hatte sich in seinen Büchern mit judenfeindlichen Äußerungen hervorgetan und die Fraktion damit zwischenzeitlich gespalten. Ein Parteiausschlussverfahren scheiterte – das Landesschiedsgericht der AfD entschied Ende 2017, dass Gedeon sein Parteibuch behalten darf. Özkara argumentiert, dass das Ausschlussverfahren „aus parteienrechtlichen Gründen nicht funktioniert hat“.

Entsetzen beim Zentralrat der Juden

Dennoch zeigt sich der Zentralrat der Juden angesichts der AfD-Untergruppierung alarmiert: Es sei ihr „völlig unverständlich“, wie „jüdische Menschen ihre Mitgliedschaft in einer solchen Partei vor sich selbst rechtfertigen können“, sagte die frühere Vorsitzende Charlotte Knobloch der „Bild“. „Die AfD ist und bleibt eine Partei, in der Antisemiten sich pudelwohl fühlen können.“ Der ehemalige Vizepräsident Michel Friedmann nennt die AfD eine „menschenverachtende, demokratiefeindliche Partei“ – „niemand sollte in die AfD eintreten, ein Jude erst recht nicht.“ Maram Stern vom Jüdischen Weltkongress warnte davor, dass Juden die Partei legitimieren könnten. „Ich glaube nicht, dass man der AfD einen Koscherstempel geben sollte.“

Wahlwerbung im Seniorenheim

Der Zentralrat warnt deutlich vor Antisemitismus in der AfD. Vor wenigen Tagen hatte sein Präsident Josef Schuster in einem Interview festgestellt, dass deren Haltung „mit christlichen und jüdischen Werten nicht vereinbar ist“. Der Zentralrat und die Landesverbände der Israelitischen Kultusgemeinden verfolgten genau, dass die AfD bei Spätaussiedlern um Stimmen und neue Mitglieder wirbt. Dies wird speziell aus Seniorenheimen berichtet. „Dieses aktive Werben nehmen wir innerhalb der jüdischen Gemeinschaft gerade im russischsprachigen Bereich durchaus wahr“, so Schuster. Er habe aber „leider den Eindruck, dass die einfachen Antworten der AfD bei Menschen aus der Ex-Sowjetunion zum Teil verfangen, auch bei jüdischen, zum Glück nur bei wenigen.“

AfD-Landessprecher Özkara sieht Russlanddeutsche und damit auch die Juden unter ihnen als wichtige Ansprechpartner. Es sei doch klar, dass sich Menschen derjenigen Partei zuwendeten, die sich dafür einsetze, dass es nicht mehr zu Übergriffen gegen sie durch Muslime komme, wie es etwa in Berlin geschehen sei. Und das Existenzrecht Israels sei für ihn ohnehin „vollkommen gesetzt und logisch“.

„AfD will Einschränkung der Religionsfreiheit“

Mit Blick auf die Vorgänge in Chemnitz hatte Zentralrats-Präsident Schuster angefügt: „Wer sich jetzt noch einer Demo anschließt, in der eine rechtspopulistische Partei wie die AfD zusammen mit Neonazis und Rechtsextremen marschiert, der muss wissen, mit welchem Gedankengut er sich dadurch solidarisiert.“ Und wenn man ins Landtagswahl-Programm der bayerischen AfD schaue, werde dort nicht nur ein Beschneidungs- oder ein Schächtverbot gefordert, auch die Kirchen würden massiv angegriffen. „Insgesamt strebt die AfD eine Einschränkung der Religionsfreiheit an“, schlussfolgert Schuster.