Im Verein „Hilfe auf Gegenseitigkeit“ bietet man seine Fähigkeiten an. Foto: z/amk

Im Verein „Hilfe auf Gegenseitigkeit“ in Birkach bietet man seine Fähigkeiten an und profitiert vom Können anderer.

Birkach - Wenn Claus Kraeft erklären soll, wie der Verein „Hilfe auf Gegenseitigkeit“ funktioniert, benutzt er gerne folgendes Beispiel. Ein Schüler benötigt Nachhilfe, weil er im Lateinunterricht nicht mitkommt. Ein pensionierter Lehrer unterrichtet ihn. Weil der Lehrer aber inzwischen in einem Alter ist, in dem es ihm nicht mehr so leicht fällt, seine Papiere für die Krankenkasse und die Rentenversicherung zu sortieren, hilft ihm jemand. Derjenige ist Kraeft selbst. Er wiederum braucht Hilfe, weil seine Spülmaschine kaputt ist. Ein Handwerker kommt zu Kraeft, berät ihn und baut ihm ein neues Gerät ein. Kurz darauf fährt der Installateur in den Urlaub und sucht jemanden, der seinen Hund versorgt. „Diese Menschen haben nichts miteinander gemein“, sagt Kraeft. Bis auf eines: Alle sind Mitglieder im Verein „Hilfe auf Gegenseitigkeit“.

Und bis auf die Euros für die neue Spülmaschine, die sich Kraeft gekauft hat, ist auch „kein einziger Cent geflossen“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Man spart Geld dabei.“

Die Idee ist so simpel wie genial. Wenn jemand für einige Stunden Hilfe benötigt, hilft er wiederum als Gegenleistung einem anderem Vereinsmitglied für einige Stunden. „Das kann man sich vorstellen wie ein großes Netzwerk“, sagt Kraeft. Ein Netz, an dem derzeit um die 225 Menschen in Birkach, Plieningen und darüber hinaus mitknüpfen.

Jeder bringt seine Fähigkeiten mit ein

Die einen helfen bei der Installation eines Computers, die anderen gießen Blumen oder rechen den Garten. Handwerker erledigen Kleinigkeiten im Haushalt, wieder andere halten Vorträge. „Wir haben auch Fahrdienste“, sagt Kraeft. Senioren, die zum Arzt müssen, aber selbst kein Auto haben, werden in die Praxis gebracht. „Es kann aber auch sein, dass jemand zu einer ungünstigen Zeit zum Flughafen muss und noch keine S-Bahn fährt“, sagt er. Auch dann springt der Verein ein.

Bezahlt wird mit Punkten. Jedes Vereinsmitglied hat ein Konto, und hilft es jemandem, wird ihm pro Stunde ein Punkt gutgeschrieben. Falls jemand viel Hilfe benötigt und ins Minus rutscht, „dann macht das auch nichts“, sagt Kraeft. Er kann ja auch in Zukunft jemand anderem etwas Gutes tun. Gerade Senioren, die über Jahre hinweg ein dickes Punktepolster aufgebaut haben, sind nun froh, wenn ihnen beim Einkauf geholfen wird.

Dabei kennen sich die Menschen untereinander meist gar nicht. „Ich komme mit Leuten zusammen, deren Gesichter ich zuvor vielleicht schon mal gesehen habe“, sagt Kraeft. Oftmals ist ihm der Mensch, dem er hilft, aber auch unbekannt. Denn der Kontakt wird über das Büro des Vereins hergestellt. „Wir haben ein Register, und in dem steht, wer was kann.“ Jeder, der Mitglied werden will, muss nämlich einen Fragebogen ausfüllen. Darauf steht eine lange Liste von Tätigkeiten, und wer eine oder mehrere davon übernehmen kann, macht ein Kreuzchen davor. „Wir haben so um die 120 Angebote“, sagt Kraeft.

Angebotslücke durch fehlenden Nachwuchs

Weil es dem Verein, wie vielen anderen, an jungem Nachwuchs fehlt, klafft eine Angebotslücke im Register. Kraeft wünscht sich mehr Helfer, die sich mit Handys, Internet und Computertechnik auskennen. „Darum will ich mich kümmern“, sagt er. Vielleicht hilft ihm eine Eigenart des Birkacher Vereins, denn Familienmitgliedschaften sind möglich.

Der Schüler jedenfalls, der Nachhilfe vom Lateinlehrer bekam, hatte gar kein Punktekonto, sondern sein Vater hat eines. Und was in die eine Richtung funktioniert, klappt auch andersherum.

Hilfe auf Gegenseitigkeit

Anschrift Altes Rathaus Birkach, Alte Dorfstraße 29, 70599 Stuttgart Telefon Das Büro ist montags zwischen 15 und 16.30 Uhr zu erreichen unter 456 09 57. Claus Kraeft ist zu erreichen unter 45 52 98. Mail hilfe-auf-gegenseitigkeit@t-online.de Homepage www.hilfe-auf-gegenseitigkeit.de Vorsitzende Martin Sperling, Claus Kraeft, Rosemarie Stolz Gründungsjahr 1993 Mitgliederzahl rund 225

Mehr Informationen zu Stuttgart Aktiv gibt es auf der Homepage der Stadt Stuttgart.