Der Verein „Die Schatzkiste“ aus Schorndorf ist vor allem für ungewöhnliche Hilfsaktionen bekannt. Jetzt lädt er zu Konzerten in intimer Atmosphäre ein – den Auftakt machte Amy Montgomery aus Irland.
Ein schwarzer Schminkestreifen quer im Gesicht, eine ungezähmte Mähne und ein ebenso wildes Outfit, eine Stimme irgendwo zwischen Alanis Morissette, Janis Joplin und Robert Plant: Amy Montgomery würde eine gute Barbarin abgeben. Aber statt im Teutoburger Wald irgendwelche Römer hinzumetzeln, ist sie in friedlicher Mission unterwegs. Die 23-Jährige aus Irland windet sich ekstatisch zur Musik, schüttelt ihre Locken, schreit, spricht mit dem Publikum. Die vier Herren, die sie musikalisch begleiten, wechseln sich derweil gegenseitig an den Instrumenten ab.
All das würden die Fünf sicher auch in vollen Stadien hinbekommen. Doch sie stehen auf einer kleinen Bühne in Schorndorf, vor ihnen das Publikum auf einem roten Second-Hand-Sofa oder hinter Stehtischen. „Jeder Auftritt ist etwas Besonderes, wie es jeder Tag im Leben ist“, sagt Montgomery.
Die Schatzkiste fördert auch Kunst und Kultur
Der Veranstalter des ungewöhnlichen Konzerts ist der Verein Schatzkiste, der – ursprünglich aus Urbach – in der Schorndorfer Vorstadtstraße ein neues Zuhause gefunden hat. Wohnzimmerkonzerte sind neu im Portfolio; der Verein ist in der Region bisher vor allem für ungewöhnliche wohltätige Aktionen bekannt. So hatte er im Jahr 2018 für einen „Special Day“ schon den ganzen Schwaben-Park in Kaisersbach für Kinder mit Behinderung und deren Familien gemietet. Nach einem Brand in Urbach, bei dem ein Mann gestorben war, koordinierte der Verein die Hilfsaktion für die 24 obdachlos gewordenen Menschen. Im Mai 2022 veranstaltete die Schatzkiste einen Tanzworkshop für Kinder mit Handicap – und im Dezember 2021 hatte der Verein einem behinderten Jungen ein Vibrationsgerät gesponsert, dass ihm bei der Muskelentspannung und der Körperkontrolle hilft. All das kostet Geld – dieses verdient der Verein mit Parties und Spenden.
Das Wohnzimmerkonzert von Amy Montgomery, das relativ spontan in den Spielplan aufgenommen wurde, war das Erste in einer ganzen Reihe, die noch bis April des kommenden Jahres stattfinden werden. Diesmal ist nicht Fundraising das Ziel, erklärt der Schatzkisten-Vorstand Benjamin Meitinger: „Zu unseren Zielen gehört auch die Förderung von Kunst und Kultur.“ Die Schatzkiste verdient lediglich an Snacks und Getränken, der Rest kommt den Musikern zugute. Mit den Wohnzimmerkonzerten gibt die Schatzkiste vor allem regionalen Künstlern eine Bühne – aber eben auch internationalen Newcomern wie Amy Montgomery.
Auf der Liste der Acts, die im Schnitt zwei Mal pro Monat auf der heimeligen Bühne stehen werden, sind unter anderem die Rock-, Pop-, Soul- und Bluesband Cassandra and the Boyz aus dem Remstal (16. Dezember), die Schorndorfer Bluesrocker Rio Grande Mud (27. Januar) und The Mamatoo aus Backnang, die Pop, Rock und Soul spielen. All diesen Konzerten ist gemein, dass es keine festgelegten Eintrittspreise gibt. Statt dessen spielen die Künstler für den herumgereichten Hut – beziehungsweise eine Milchkanne. „Die haben wir deswegen, damit man hört, falls jemand Münzgeld hineinwirft“, verrät Benjamin Meitinger augenzwinkernd.
Amy Montgomery ist auf einer kleinen Deutschlandtour
Am Ende des Gigs ist Amy Montgomerys Schminkestreifen vom Schweiß komplett verwischt. Sie sieht noch ein bisschen barbarischer aus als zuvor – aber glücklich. Am nächsten Tag wird ihre Deutschlandtour weitergehen. In der Kanne raschelt es ganz ordentlich. Die Gäste nutzen die Gelegenheit, mit der Künstlerin ins Gespräch zu kommen und ihr CDs abzukaufen – die Cover sind handgemalt, jedes ist ein Unikat. In einem großen Stadion wäre beides sicherlich nicht drin – bleibt zu hoffen, dass es noch viele weitere Konzerte wie dieses geben wird.
Konzerte Der Spielplan der Wohnzimmerkonzerte und die genaue Adresse findet sich im Internet unter www.die-schatzkiste.info