Der Fellbacher Verein Hilfe zur Selbsthilfe Kamerun engagiert sich seit drei Jahren für eine Region in Zentralafrika. Der 50. Brunnen soll demnächst fertiggestellt sein. Das ehrgeizige Projekt eines Bildungs- und Gesundheitszentrums ist auf der Zielgeraden.
Selbst bei zurückhaltender Bewertung dürften die Erfolge des Vereins Hilfe zur Selbsthilfe Kamerun Ghaame Nji als phänomenal bezeichnet werden. Vor gerade einmal drei Jahren haben Jochen Höfliger, seine Lebensgefährtin Alima Berger-Njoya und deren Sohn Lionel Njoya den Fellbacher Verein gegründet. Seither sind etwa 70 Kubikmeter medizinische Geräte vom Rollstuhl über Brillen bis zur Krücke, Verbandsmaterial, Schulbedarf aller Art, Computer und weitere Hilfsgüter per Container nach Kamerun verschifft worden. 48 Brunnen für rund 45 000 Menschen und drei neue Schulen entstanden unter anderem in dem zentralafrikanischen Küstenstaat.
Dort, genauer gesagt in der Hauptstadt der gleichnamigen Region Foumban, ist die Vereinsvorsitzende Alima Berger-Njoya aufgewachsen. Als Jochen Höfliger erstmals nach Foumban gereist ist, entsetzte ihn die Not der Menschen. Schnell reifte in dem gut vernetzten Steuerberater der Entschluss, dagegen etwas zu unternehmen. Zurück in der Heimat gründete er den Verein Hilfe zur Selbsthilfe Kamerun Ghaame Nji, der nach wie vor nur acht Mitglieder hat. Bewegt haben sie eine ganze Menge – und die weiteren Pläne sind ambitioniert.
Sauberes Trinkwasser ist Mangelware
„Jedes Kind der Welt sollte in drei Bereichen eine Chance haben: In Frieden aufzuwachsen – das können wir nicht beeinflussen. Aber Zugang zu Wasser und zu Bildung können wir beeinflussen“, sagt Jochen Höfliger. Neben der Unterstützung von drei privaten Waisenhäusern sowie von Krankenstationen mit Hilfsgütern ist die Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort längst zu einem Schwerpunkt geworden. In einer eigentlich wasserreichen Gegend ist sauberes Trinkwasser Mangelware, denn das Oberflächenwasser ist oft verseucht.
Verzicht auf Geschenke für den guten Zweck
Deshalb hat ein lokaler Unternehmer im Auftrag des Vereins inzwischen besagte 48 Brunnen gebaut. Nicht gebohrt, sondern in vier- bis sechswöchiger Arbeit haben Dreierteams die jeweils 15 bis 20 Meter tiefen Schächte von Hand gegraben und dadurch ihren Lebensunterhalt verdient. „Dieses Jahr werden es noch mehr als 50 Brunnen werden“, sagt Alima Berger-Njoya. Die auch für dortige Verhältnisse niedrigen Kosten von je 2000 Euro für die abgeteuften, sprich in die Tiefe gebauten Brunnen, abgedeckt und von einer Mauer umgeben, haben zumeist Privatpersonen aus Fellbach und Umgebung übernommen. Statt Geschenke zu Weihnachten, zum Firmenjubiläum oder zum runden Geburtstag einzusammeln, baten sie um Spenden für die mit einer persönlichen Widmung versehenen Wasserspender. Auf die Frage von Jochen Höfliger, was sich für die Bewohner seines Dorfes durch den Brunnen verändert habe, antwortete ein Bürgermeister schlicht „Tout“ – Alles. Typhusinfektionen und andere Krankheiten gehen demnach um 70 Prozent nach unten, die Zahl der Schulbesuche steil nach oben. „Es sind nicht nur Frauen, sondern auch Kinder, die bisher mit ihren Kanistern zur weit entfernten Wasserstelle laufen mussten“, sagt Jochen Höfliger, dem bei Gedanken an die zutiefst dankbaren Menschen Tränen der Rührung in die Augen schießen.
Inzwischen denkt der Vereinskassierer in noch größeren Dimensionen. Auf einem 1000 Quadratmeter großen und bereits bezahlten Grundstück soll ein dreistöckiges Bildungs- und Krankenzentrum entstehen. Ein separates Nebengebäude, in dem unter anderem ein Hausmeister einziehen wird und Sanitäreinrichtungen vorgesehen sind, ist bereits im Bau. Das Hauptgebäude wird im Erdgeschoss ein Krankenzentrum beherbergen. Im ersten Stock soll das Bildungszentrum mit vielschichtigem Angebot entstehen. Neben Schulunterricht für Kinder und Computerlehrgängen sollen dort auch Kurse zur sexuellen Aufklärung von Frauen stattfinden. Das ist ein in Afrika durchaus heikles Thema, für das bemerkenswerterweise bereits eine einschlägig erfahrene Lehrerin verpflichtet werden konnte. Nähkurse und Töpferkurse ergänzen das Angebot und bieten Frauen eine Möglichkeit zum Broterwerb. Im dritten Obergeschoss entstehen Apartments für Ärzte und Lehrer.
„Wir haben den unfassbaren Vorteil, dass wir in Foumban nicht den ‚deutschen’ Preis zahlen müssen, sondern faire einheimische Preise“, sagt Jochen Höfliger, der inzwischen auch in Kamerun gut vernetzt ist. Dadurch veranschlagt der 57-Jährige für das aus Stein und Beton errichtete sowie mit Strom aus einer eigenen Fotovoltaikanlage und durch einen hochgelagerten Tank mit fließendem Wasser versorgte Hauptgebäude lediglich rund 100 000 Euro reine Baukosten.
„Die Not ist einfach zu groß“
Die Einweihung des Erdgeschosses mit dem Krankenzentrum ist für das Frühjahr 2025 geplant. Wenn es die eingehenden Spenden ermöglichen, findet die Einweihung der beiden Obergeschosse mit dem Bildungszentrum und den Unterkünften im Herbst 2025 statt. „Der Bedarf der Bevölkerung im Raum Foumban für dieses Bildungs- und Krankenzentrum ist immens. Die Not ist einfach zu groß“, sagt Jochen Höfliger. Die Chance der Bevölkerung über Generationen hinweg auf ein selbstbestimmtes Leben in der Heimat durch dieses Zentrum sei sehr vielfältig und nachhaltig.
Engagement Neben den steuerlich abzugsfähigen Geld- und Sachspenden sind auch Bildungspatenschaften möglich. Weitere Informationen über den Verein Hilfe zur Selbsthilfe Kamerun Ghaame Nji gibt es im Netz unter www.selbsthilfe-kamerun.de .