Stillstand am Flughafen: aufseiten der Unternehmen und Arbeitgeberverbände regt sich Widerstand gegen die Macht der Gewerkschaften. Foto: dpa/Oliver Berg

Mitten in den massiven Tarifkonflikten im öffentlichen Dienst sowie an den Flughäfen erhält die Gewerkschaft Verdi einen unerwarteten Rückhalt von politischer Seite.

Warnstreiks, wie sie die Gewerkschaft Verdi vielfach an den Flughäfen und im öffentlichen Dienst initiiert, wecken Widerstände. So hat die CDU-Mittelstandsunion MIT jüngst Änderungen des Streikrechts gefordert. Demnach soll es Ausstände in Bereichen der kritischen Infrastruktur nur nach einem „verbindlich abgeschlossenen Schlichtungsverfahren“ geben – an Flughäfen und Bahnhöfen müsse eine „Grundversorgung“ erhalten werden. Das Streikrecht dürfe es „nicht um jeden Preis“ geben. Auch die Bundesarbeitgebervereinigung BDA hält neue Gesetzesregelungen für „überfällig“.

Viele Plakate vor der Wirtschaftsministerin hochgereckt

Die Delegierten der Verdi-Landesbezirkskonferenz in Leinfelden haben am Freitag ihre Antwort gegeben: „Hände weg vom Streikrecht“ mahnten sie auf ihren in die Höhe gereckten Plakaten. Adressatin war zunächst Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die sich zu dem Thema nicht äußerte, stattdessen aber den kurzen Draht zu Verdi etwa in der Corona-Zeit lobte.

Unverhoffte Rückendeckung erhielt Verdi aber von CDU-Fraktionschef Manuel Hagel: „Manchmal ist es besser, wenn manche Leute einfach ruhig sind“, sagte er in Richtung MIT. „Das Streikrecht oder gar die Beschränkung des Streikrechts ist außerhalb jeder Diskussion.“ Es sei eine Errungenschaft und daher „in unserem Land unantastbar“. Mehr noch, Hagel verwies auch auf die Teuerung und betonte „in aller Klarheit“: Wenn man die anhaltend hohe Inflationsrate und die niedrige Bezahlung vieler Beschäftigter sehe, dann seien Lohnforderungen wie die im öffentlichen Dienst von 10,5 Prozent „nicht überzogen“, sondern „angemessen und allerhöchste Eisenbahn“.

Verdi-Landeschef Martin Gross scherzte, Hagel müsste gleich Verdi-Mitglied werden, legte in der Sache aber nach: Die Arbeitgeber wollten das Grundrecht auf Streik dramatisch einschränken, um Veränderungen aufzuhalten. Dabei sei das Streikrecht noch zu schwach. „Schaut nach Frankreich: So eines bräuchten wir auch hier.“ Im Nachbarland wird derzeit erbittert um eine Rentenreform gerungen. Verdi partizipiert ganz direkt von der Mobilisierung: Seit Jahresbeginn wurden schon 8233 neue Mitglieder im Land gezählt.

Gross wurde von 98,5 Prozent der Delegierten für vier Jahre wiedergewählt. Wenn der 62-Jährige wie geplant 2025 in Rente geht, steht mutmaßlich eine seiner beiden Stellvertreterinnen, Hanna Binder oder Maike Schollenberger, für die Nachfolge bereit.