Protestaktionen (hier in Gerlingen) sind nur ein Markenzeichen von Verdi. Foto: factum/Bach

Die öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Gewerkschaft Verdi in Kliniken sind in Ordnung – so lange sie zu mehr dienen, als nur möglichst viele Gewerkschaftsmitglieder zu werben, findet Markus Klohr.

Klinik-Kampagnen - Zwei wichtige Dinge seien vorausgeschickt. Erstens: die Personalausstattung an den Krankenhäusern ist bundesweit verbesserungsbedürftig. Viele Stationen funktionieren nur, weil Mitarbeiter sich über das Normalmaß hinaus engagieren. Und zweitens: Gewerkschaften sind ein elementarer Bestandteil unserer Demokratie. Nur durch ihre konstruktive, im Extremfall aber auch konfliktbeladene Mitarbeit im Wirtschaftssystem ist der soziale Friede gewährleistet.

Dabei muss aber jedem klar sein, dass Gewerkschaften – das liegt in der Natur der Sache – Organisationen mit sehr speziellen Eigeninteressen sind. Soll heißen: sie brauchen Mitglieder. Hier scheint die Gewerkschaft Verdi im Pflegesektor einen interessanten Markt für sich entdeckt zu haben. Mit personellen Engpässen lässt sich wunderbar Mitgliederwerbung betreiben. Geradezu exemplarisch zeigt das Vorgehen bei den Kreiskliniken Ludwigsburg, wie Verdi Stationen mit besonders großen Nöten als Vehikel ihrer Kampagnen benutzt.

Ein Aufschrei mit negativen Folgen

Das Ergebnis ist zumeist ein lauter öffentlicher Aufschrei, der durchaus negative Effekte haben kann. Durch die Medienkampagnen schadet Verdi letztlich dem Ruf der jeweiligen Kliniken, die ohnehin schon größte Schwierigkeiten haben, auf dem leer gefegten Pflegemarkt Kräfte zu finden. Wer Horrormeldungen über einzelne Stationen, etwa in Bietigheim, liest, lässt sich im Zweifel lieber anderswo operieren. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Kassenlage des jeweiligen Krankenhauses aus.

Es ist durchaus alarmierend, dass sich Stationsleiter der Krankenhaus-Holding dagegen kritisch zu Wort melden. Verdi täte gut daran, solche unbequemen Äußerungen selbstbewusster Stationsleiter ernst zu nehmen, statt sie als billige Propaganda der Geschäftsleitung abzutun. So geschickt der Verdi-Sekretär Marc Kappler die Klaviatur der lokalen Medien bedient, so fragwürdig erscheint sein Vorgehen in vielerlei Hinsicht. Wenn eine Mitarbeitern die Kündigung erhält, weil sie in hohem Maße gegen ihre Patientenfürsorgepflicht verstoßen hat, dann hat das nichts mit ihrer Arbeit als Betriebsrätin zu tun. Wenn sich eine vermeintliche Aussperrung der Gewerkschaft faktisch als gescheiterte Terminabsprache entpuppt, dann macht sich die Gewerkschaft mit ihrer Empörungs-Kampagne unterm Strich unglaubwürdig.