Wohin mit dem Schnittgut von 28Bäumen? Andreas Hofer will das Zeug verbrennen – aber: er darf nicht. Foto: factum/Bach

Kreis Ludwigsburg
Immer seltener finden sich Menschen, die Apfel- oder Birnbaumwiesen in Schuss halten. Wer es dennoch tut, hat Ärger mit den Behörden: Stücklesbesitzer dürfen ihr Schnittgut nicht verbrennen. In anderen Kreisen ist man weit großzügiger.

Kreis Ludwigsburg - Andreas Hofer ist ratlos. Eigentlich wollte der 81-jährige Marbacher nur tun, was er seit Jahren, immer zum Herbstbeginn, gemacht hat: Er wollte bei der Feuerwehrleitstelle anrufen und Bescheid sagen, dass er am Wochenende ein großes Feuer entzünden will. 28 Bäume hat der rüstige Senior, er pflegt seine große Streuobstwiese seit mehr als 50 Jahren, immer hat er das Reisig auf dem Stückle verbrannt. „Jedes Jahr ging das gut, nur dieses Jahr hieß es , ich darf das nicht.“

Man habe ihm Angst gemacht, „dass die Feuerwehr ausrückt und ich den Einsatz zahlen muss“, sagt Hofer. Deshalb habe er beim Naturschutzbeauftragten im Landratsamt Ludwigsburg angerufen. „Dort hieß es: so ist die Rechtslage. Punkt.“ Jetzt hat Hofer einen großen Haufen Baumschnitt auf dem Grundstück liegen, das zwischen Marbach und Ludwigsburg-Poppenweiler liegt. Und er hat eine Wut im Bauch: „Wenn das so weitergeht“, sagt er, „pflegt bald keiner mehr die Stückle, dann haben wir hier bald eine Wüste.“

„Ausschließlich in Steilhanglagen erlaubt“

Tatsächlich ist das Landratsamt Ludwigsburg beim Verbot der Verbrennung von Schnittgut besonders rigoros. Man erlaube diese „nur in wenigen Fällen und bislang ausschließlich in Steilhanglagen“, teilt Andreas Fritz, Sprecher des Landratsamts, mit. „Etwa ein- bis zweimal pro Woche“ gebe es Anrufe von Bürgern, die gerne Baumschnitt verbrennen würden. Erlaubt habe das Landratsamt das dieses Jahr aber lediglich in zehn Härtefällen. „Das Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder eine erschwerte Bewirtschaftbarkeit eines Grundstücks reichen nach unserer Einschätzung noch nicht aus“, so Fritz weiter.

Bei der Begründung dieser rigorosen Linie wähnt man sich im Recht. Die Verbrennung sei laut Kreislaufwirtschaftsgesetz prinzipiell verboten – beziehungsweise nur erlaubt, wenn es nicht anders geht. Es gehe um die Luftreinhaltung und darum, das Schnittgut energetisch zu verwerten – etwa im Holzheizkraftwerk Ludwigsburg. Zudem verträten die Vertreter der anderen Naturschutzbehörden in Nachbarkreisen dieselbe Ansicht.

„Restriktive Haltung macht Obstbauvereinen Sorgen“

Diese Aussage bestätigt sich nach Recherchen dieser Zeitung aber nur bedingt. Die Beseitigung pflanzlicher Abfälle sei in einer Landesverordnung geregelt, teilt etwa Julia Schmalenberger, Sprecherin des Landratsamts in Göppingen mit. Wenn die dortigen Vorgaben eingehalten werden, „ist das Verbrennen im Außenbereich zulässig“. Man müsse halt vorher die Feuerwehr informieren, um Fehlalarme zu vermeiden. Im Rems-Murr-Kreis erteile das Amt für Umweltschutz ebenfalls keine Verbote, sondern sei vielmehr „beratend tätig“ und empfehle eher eine Kompostierung oder Deponierung auf einem Häckselplatz, sagt Sandra Weiß vom Landratsamt in Waiblingen.

Ähnlich ist die Haltung in Böblingen. Laut dem Landratsamts-Sprecher Dusan Minic ist es „möglich, Baumschnitt auf Grundstücken zu verbrennen – wenn er auch von demselben Grundstück stammt“. Mehr noch: Das Landratsamt rate sogar explizit davon ab, Baumschnitt liegen zu lassen oder kostenlos auf einen Häckselplatz zu bringen, wenn das Material Feuerbrand, eine ansteckende Gehölzkrankheit, habe. Einzig in Stuttgart scheinen alle Gütlesbesitzer ihr Material brav zum Häckselplatz zu bringen. Dort sind laut der Pressestelle dieses Jahr keine Anfragen eingegangen, Baumschnitt auf dem Stückle verbrennen zu wollen. Das Thema treibt seit einiger Zeit auch die Obst- und Gartenbauvereine (OGV) um. Volker Godel, der Bürgermeister von Ingersheim, sieht sich deshalb in einem Zwiespalt. „Die restriktive Haltung des Landratsamts macht unseren Mitgliedsvereinen große Sorgen“, sagt er als Vorsitzender des OGV-Kreisverbands.

„Recht auf Wirtschaftlichkeit“

Als Kreisrat (FDP) könne er „die Sache aus naturschutzrechtlichen Gründen nachvollziehen“, allerdings müsse man sehen, „dass der Abtransport für die Stücklesbesitzer einen großen zusätzliche Aufwand darstellt“. Andreas Hofer aus Marbach hat das nachgerechnet. Ein Abtransport des Reisigs koste ihn 80 bis 100 Euro: „Auch ein Gütlespfleger hat ein Recht auf Wirtschaftlichkeit in seiner Entscheidung.“