Bei unserem Versuch, einen Screenshot der beschriebenen Betrügereien zu machen, wechselten die Angebote mauf der Amazon-Marketplace-Seite buchstäblich minütlich. Auch der im Text erwähnte jonn1975@gmx.de war dabei. Foto: StZN-Screenshot

Verbraucherschützer warnen vor einer weit verbreiteten Betrugsmasche im Internet: Gauner bieten auf vermeintlich seriösen Portalen Markenartikel zu extrem günstigen Preisen an. Vorsicht ist vor allem bei Vorauskasse-Deals geboten.

Berlin - Vorsicht Falle! Wenn eine neue Miele-Waschmaschine, die selten untere 1000 Euro zu haben ist, im Internet für weniger als die Hälfte angeboten wird, sollten Schnäppchenjäger misstrauisch sein. Das wissen allerdings auch clevere Betrüger – und schleusen deshalb ihre Scheinangebote zunehmend und trickreich bei seriösen Verkaufsplattformen ein.

„Manche Onlineshops sind regelrecht verseucht mit solchen Fakes“, sagt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Seit Jahren verfolgt der Experte die dreisten Betrugsmaschen, die vor allem Banden aus Osteuropa immer raffinierter stricken. Wer nicht aufpasst, ist sein Geld los und bekommt niemals die bestellte Ware.

Vor allem bei Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik ist Vorsicht geboten

Besonders der Amazon Marketplace sei zu einer „Wohlfühl-Oase“ für Betrugsbanden geworden, kritisiert Tryba. Für besonders ärgerlich hält es der Experte, dass der Branchenriese seine Kunden besser vor der Gefahr warnen könnte. „Aber das Unternehmen fürchtet wohl, dass Warnhinweise auf den Startseiten das Image gefährden“, vermutet der Verbraucherschützer. Den Preis dafür zahlen Kunden, die auf Scheinangebote hereinfallen.

Wir haben uns zeigen lassen, wie die gängigste Betrugsmasche funktioniert. „Vorsicht ist generell bei Produkten ab 200 Euro geboten, vor allem bei Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik“, sagt Tryba. Wer so ein Produkt sucht, klickt heutzutage meist erst mal bei einer Preisvergleichsmaschine oder direkt bei Amazon – und findet immer häufiger dort unglaublich günstige Schnäppchen.

Der abgesicherte Kauf wird sogleich von Amazon storniert

Zum Beispiel die Miele-Waschmaschine für nur 400 Euro gleich als zweites Angebot bei Amazon Marketplace, angeboten von jonn1975@gmx.de. Auch mehrere weitere Verkäufer bieten das Modell ähnlich günstig an, alle mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass man sie auch direkt mit der angegebenen Mailadresse kontaktieren kann. Wir wollen aber abgesichert über Amazon mit A-Z-Garantie und geschütztem Zahlungsverkehr kaufen.

Was beim Kauf über die Amazon-Seite passiert

Der Klick auf den Einkaufskorb und die Kasse funktioniert, die Kaufbestätigung folgt mit Liefertermin. Also alles prima? Leider nicht. Wenig später kommt eine Mail von Amazon: „Wir haben Ihre Bestellung storniert, da es uns leider nicht möglich war, diese auszuführen. Es findet keine Belastung Ihrer Zahlungsdaten statt.“ Dazu eine Entschuldigung für die „Unannehmlichkeiten“. Aber keine Warnung, kein sonstiger Hinweis. Manch enttäuschter Käufer könnte nun die Idee haben, mal direkt beim Anbieter nachzufragen.

Bei Bestellung direkt beim Anbieter kommt die Ware nie an

Über die Amazon-Verkaufsseiten funktioniert das zwar nicht. Denn es folgt eine weitere Mail mit einem Link auf Hilfeseiten und dem lapidaren Hinweis, der Verkäufer habe sich „abgemeldet“ oder dürfe keine Nachrichten mehr empfangen. Wer das Schnäppchen aber unbedingt haben will, kann ja „jonn1975@gmx.de“ direkt anmailen – wovon Amazon zwar generell dringend abrät, aber eben nur auf seinen umfangreichen Hilfeseiten, die viele Kunden ähnlich wie das Kleingedruckte erfahrungsgemäß wenig beachten.

Wer den Fehler begeht, die angeblichen Verkäufer direkt zu kontaktieren, läuft Gefahr, sein Geld zu verlieren. Trickreich bieten die Betrüger an, den Auftrag doch noch abzuwickeln. Es folgt sogar eine gefälschte Amazon-Bestellbestätigung und, anders als bei Amazon, die Bitte, den Zahlungsbetrag per Vorkasse auf ein Auslandskonto zu überweisen. Klar, dass die Ware niemals ankommt.

Die Ratschläge und Bitten von Verbraucherschützern verhallen bisher ungehört

„Schon seit zweieinhalb Jahren läuft diese fiese Masche auf dem Amazon Marketplace“, berichtet Tryba. Dem üblen Treiben hechle das Unternehmen nur hinterher. Zwar würden die Konten der Ganoven nach und nach gelöscht, doch ohne Unterlass wieder neue eröffnet. Der Forderung der Verbraucherschützer, Kunden nach einem von Amazon blockierten Kauf zumindest zu informieren, dass sie gerade im Visier von Gaunern sind, folgte das Unternehmen nicht.

Unberücksichtigt blieb auch der dringende Rat, schon auf den Produktseiten des Marketplace Warnhinweise zu Betrugsmaschen zu platzieren, ähnlich wie es zum Beispiel viele Banken auf ihrer Homepage tun. Trybas Verdacht: „Offensichtlich fürchtet der Branchenprimus, dass eine transparente Aufklärung über die massiven Dauerattacken den Ruf seines Marktplatzes gefährdet.“ Dennoch wollen die Verbraucherschützer nicht locker lassen.

Der Rat: Niemals Online-Käufe vorab bezahlen

Der Rat: Niemals Online-Käufe vorab bezahlen

Wer Waren im Internet bestellt, sollte auf Nummer sicher gehen und nur bei vertrauenswürdigen und zertifizierten Anbietern kaufen. Schon gar nicht sollte man Geld überweisen, bevor die Bestellung angekommen ist. Vorkasse und besonders Zahlungen auf Auslandskonten sind immer hochriskant.

Handelsplattformen wie Amazon oder Ebay bieten eine relativ hohe Sicherheit, umfangreiche Garantien für Käufer und abgesicherte Zahlungsverfahren. Deshalb sollte man dort Käufe über die Plattformen abwickeln und nicht direkt bei dortigen Verkäufern. Auf keinen Fall sollte man Geld direkt an Anbieter überweisen.

Auch Marketplace-Shops seriöser Händler werden immer wieder gekapert, Betrüger schmuggeln dort ihre Scheinangebote in die Sortimente. Betroffen waren bereits Autoteile-, Musikalien- und Chinashops, wie die Verbraucherzentrale NRW berichtet. Immer häufiger werden ganze Fakeshops wie Strato.eu eröffnet, die günstige Waren anbieten, abkassieren und wenig später abtauchen.