Seit der Nutzungsuntersagung durch die Stadt finden in den Räumen keine Gebete und findet kein Unterricht mehr statt. Foto: Chris Lederer

Der Vorstand des Vereins Masjid al Khayr gibt nach der Nutzungsuntersagung seiner Räume im Gewerbegebiet Emerholz durch die Stadt Fehler zu. Mitglieder distanzieren sich aber von dem Vorwurf, Salafisten oder Extremisten zu sein. Doch die Polizei sieht das anders.

Stammheim - „Betreten verboten – das Baurechtsamt Stuttgart hat die Nutzung dieser Räume dem Verein Masjid al Khayr e.V. ab sofort verboten!“ So steht es auf dem weißen Zettel, den der Vorstand am Eingang zum Gebäude am Emerholzweg 35 aufgehängt hat. Und der Hinweis macht unmissverständlich deutlich, was seit dem 13. Juli gilt. „Ohne Erlaubnis des Vorstandes darf niemand mehr die Räume am Emerholzweg betreten!“, heißt es auf dem Schild weiter.

Wie von unserer Zeitung berichtet, hat das städtische Baurechtsamt die Nutzung der illegalen Moschee untersagt, weil im Gewerbegebiet Emerholz keinerlei kirchliche Anlagen zulässig sind. Der Verein hatte die ehemaligen Bürogebäude aber monatelang auch als Moschee genutzt. Nun wollen die Vorstandsmitglieder des Vereins Masjid al Khayr Stellung nehmen zu den Vorwürfen, die seit der Berichterstattung im Raum stehen: die illegale Nutzung und eine Nähe zum Salafismus.

„Mieten Sie mal mit Bart und Kopftuch eine Wohnung“

Fotografieren lassen wollen sich die fünf Männer zwischen 20 und 45 nicht, die zum Gespräch gebeten haben. Auch möchten sie ihre richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. „Uns ist klar, dass es einen besseren Eindruck in der Öffentlichkeit machen würde, aber wir haben einfach Angst“, sagt Hakan Kemal (alle Namen geändert). Wer Moslem sei und seine Religion offen auslebe, müsse mit Diskriminierungen rechnen und mit Anfeindungen leben. „Einem Bruder haben Arbeitskollegen ins Essen gespuckt, einer Schwester hat man ein Bild von Osama bin Laden in den Spind geklebt, um sie zu schikanieren“, sagt Kemal. Wer fünfmal am Tag bete, einen längeren Bart oder Schleier trage, der habe es auch in Deutschland nicht immer leicht und mit Vorurteilen zu kämpfen. „Mieten Sie mal mit Bart oder Kopftuch eine Wohnung – da bleibt am Ende nur, eine Wohnung zu kaufen“, sagt er. Und seit die Sache mit der Nutzungsuntersagung der Räume in Stammheim öffentlich geworden sei, gebe es auch vermehrt Hetz- und Drohbriefe an diese Adresse.

Freitagspredigt in deutscher Sprache

Amir Demir und Fedad Munic sind Gründungsmitglieder des Vereins. „Wir haben Masjid al Khayr 2009 gegründet, weil wir uns auf Deutsch verständigen und über den Islam austauschen wollen – uns verbindet der religiöse Charakter, die deutsche Sprache und der Islam“, sagt Kemal. „Wir verstehen Deutsch besser als Türkisch oder Paschtu. Auch gepredigt wird auf Deutsch.“ In der gesamten Stadt gebe es keine Moschee, in der die Freitagspredigt in deutscher Sprache gehalten werde. Nur mancherorts werde der deutsche Text auf eine Leinwand projiziert. Kemal: „Aber wir sprechen hier deutsch – davon kann sich jeder überzeugen.“ Dass Demir und Munic vor der eigenen Vereinsgründung den mittlerweile verbotenen Botnanger Moscheeverein besucht haben, daraus machen sie keinen Hehl. „Wir sind wegen der Sprache zu dem bosnischen Moscheeverein gegangen, aber dann hat es uns dort nicht mehr gefallen“, sagt Munic. Näher begründen will er das nicht. „Ich möchte nicht schlecht über andere sprechen“, sagt er.

Ihr eigener Verein Masjid al Khayr zählt momentan 38 Mitglieder verschiedener Nationalitäten: „Es sind Türken, Bosnier, Kurden, Afghanen und Deutsche mit dabei“, sagt Kemal. Zum Freitagsgebet kamen vor dem Verbot auch Besucher, die nicht zum Verein gehörten. Aber es seien nie mehr als 100 Leute auf einmal da gewesen.

„Ein Fehler war, sich nicht zu informieren“

Von 2009 bis 2015 war der Verein in Zuffenhausen ansässig. „Wir waren jahrelang in einem Bürogebäude an der Strohgäustraße 23“, sagt Kemal. Nie habe es Probleme mit dem Vermieter geschweige denn mit Behörden gegeben. „Wir haben uns in den sieben Jahren nichts zuschulden kommen lassen – und auch davor nicht“, sagt Munic. „Wir wollen uns nicht abkapseln und haben nichts zu verheimlichen. Wir fühlen uns als Deutsche.“ Ihr Gebäude verlassen mussten sie erst, als es verkauft wurde. „Dort ist jetzt ein Parkplatz“, sagt Demir. „Jahrelang haben wir nach geeigneten Räumen gesucht, dann hat es am Emerholzweg endlich geklappt.“ Dass kirchliche Anlagen in dem Stammheimer Gewerbegebiet partout nicht erlaubt sind, – auch nicht mal ausnahmsweise – hätten sie beim Einzug schlichtweg nicht gewusst. „Wir waren davon ausgegangen, dass wir wieder in einem Gewerbegebiet sind und dass es erlaubt ist, genauso wie in Zuffenhausen“, sagt Kemal.

„Wir hatten gedacht, dass vielleicht ein Mitarbeiter der Stadt vorbeikommt und sich die Räume mal anschaut.“ Mittlerweile sei ihnen klar: „Es war unser Fehler, dass wir nicht auf die Stadt zugegangen sind und uns informiert haben.“ Von der Rechtslage erfahren hätten sie erst nach anderthalb Jahren in Stammheim. Munic: „Als der Brief vom Baurechtsamt kam, sind wir aus allen Wolken gefallen.“ Auch den Stammheimern hätten sie sich öffnen und die Räume der Öffentlichkeit präsentieren wollen. „Wir waren uns im Vorstand einig darüber, dass wir das machen wollen, haben es aber immer versäumt, dies in die Tat umzusetzen“, sagt Munic.

Gerichtsverfahren wegen Nutzungsuntersagung läuft noch

Wegen der Nutzungsuntersagung durch die Stadt läuft immer noch ein Gerichtsverfahren. Kemal: „Wir hoffen, dass wir über einen Architekten und unseren Anwalt doch noch zu einem guten Ergebnis kommen, sonst müssen wir mit unserer Suche wieder von vorne anfangen.“

Von Seiten der Behörden hat sich am Verhältnis zu dem Moscheeverein nichts geändert: „Wir halten daran fest, dass die Leute nach unseren Erkenntnissen salafistisch geprägt sind und in ihren Predigten ein sehr konservatives Weltbild vertreten“, sagt der Polizeisprecher Olef Petersen. Auch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet den Verein.