Stadträtinnen und -räte des Linksbündnisses haben die B 14 blockiert – als Protest gegen eine Verfügung, die Klebeaktionen verbietet. Foto: /Die Fraktion

Klebeaktionen sind seit wenigen Tagen auf sehr vielen Straßen in Stuttgart verboten. Im Gemeinderat gibt es teils starke Zweifel, ob das rechtmäßig ist. Nun kommt ein Verfahren in Gang.

Gegen die Entscheidung von OB Frank Nopper (CDU) und Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler), Klebeaktionen von Klimaaktivisten per Allgemeinverfügung zu verbieten, gibt es aus dem Gemeinderat formellen Widerspruch. Sechs Stadträte aus der Fraktion haben beim Amt für Öffentliche Ordnung Widerspruch eingelegt – und für Nachahmer auch gleich einen Musterwiderspruch auf ihrer Fraktionsseite „Die Fraktion“ ins Netz gestellt.

 

Nopper und Maier hatten vergangen Woche als Reaktion auf einen massiven Protest, mit dem Aktivisten den Verkehr auf mehreren Straßen lahm gelegt hatten, eine Allgemeinverfügung erlassen. Mit dieser werden alle nicht angemeldeten und nicht von der Behörde bestätigten Protestaktionen, bei denen sich Menschen festkleben, auf allen Bundes- und 150 weiteren Straßen im Stadtgebiet untersagt, und zwar bis zum Jahresende.

Zweifel an Rechtsgültigkeit

Mehrere Fraktionen haben Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Verordnung, sie monierten außerdem, das sie von der Verwaltung ohne Ankündigung, Diskussion und Information erlassen worden sei. Die Räte erfuhren davon in der jüngsten Gemeinderatssitzung, als ihnen die Pressemitteilung auf ihre Laptops gesendet wurde.

Das Linksbündnis fordert, dass die Stadt die Allgemeinverfügung aufhebt und den besonders angeordneten Sofortvollzug aussetzt. Die Allgemeinverfügung sei „mit heißer Nadel gestrickt“ und ein „Angriff auf demokratische Mitwirkungsrechte der Zivilgesellschaft“.

Das Linksbündnis hatte die ausführliche Begründung für die Verfügung angefordert. Die Fraktion kritisiert, dass die 19 Seiten nur zu den üblichen Öffnungszeiten des Amtes eingesehen oder per Mail angefordert werden könnten. Offenbar wolle man Rechtssuchende abschrecken. Insgesamt sei die Verfügung rechtlich unbestimmt und wegen ihrer langen Dauer und ihrer Pauschalität unverhältnismäßig. Der Versammlungsbehörde stünden mildere Mittel im Umgang mit störenden Protestformen zur Verfügung. Die Verfügung sei letztlich eine „populistisch nutzlose Aktivität“.

Ordnungsamt muss zu Widerspruch Stellung nehmen

Nach der Bekanntgabe kann gegen die Allgemeinverfügung innerhalb von vier Wochen Widerspruch erhoben werden. Das Ordnungsamt hat wiederum Zeit, auf den Widerspruch zu antworten. „Wenn er abgelehnt wird, könnten wir eskalieren und zu Gericht gehen“, sagt Linksbündnis-Sprecher Hannes Rockenbauch. In der Zwischenzeit sei es nicht per Allgemeinverfügung verboten, sich zum Protest auf die Straße zu setzen, ohne sich festzukleben. Genau das hatten sechs Mitglieder aus der Fraktion unmittelbar nach Bekanntwerden der Allgemeinverfügung getan.