Ein Polizist begleitet zwei Personen während einer Razzia auf das Gelände vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH). Foto: dpa/Andreas Arnold

Verbote sind im Kampf gegen Extremisten richtig, ersetzen aber nicht gesellschaftliches Engagement.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das Islamische Zentrum Hamburg und fünf weitere seiner Teilorganisationen verboten. Wie tief das Netzwerk dieser Zentralstelle der fundamentalistischen Propaganda wurzelte, kann man an den Razzien in 53 weiteren Objekten in acht Bundesländern erkennen. Das IZH war seit Jahren als Stimme des iranischen Mullah-Regimes und seiner Getreuen in Deutschland bekannt. Es war eine stetig sprudelnde Quelle des Hasses gegen eine moderne, freiheitliche und laizistische Gesellschaft. Es betrieb antisemitische Hetze und Agitation gegen Frauenrechte und eine unabhängige Justiz. Das Verbot hätte früher kommen können, ja müssen.

 

Der Innenministerin muss man gleichwohl bescheinigen, dass sie einen entschlossenen Kampf gegen den Extremismus führt, unabhängig davon, ob er – wie im Hamburger Fall – von außen gelenkt und islamistisch fundiert ist oder auf heimisch-faulem Boden gedeiht und seinen Hass auf die Demokratie aus rechtsextremer Gesinnung speist. Erst vor wenigen Tagen hatte Faeser den Verlag verboten, der das rechtsextreme und antisemitische Compact-Magazin herausgibt.

Es geht um die Grundrechte

Es ist gut, dass der Staat wehrhaft und wachsam ist und sich den Feinden des Rechtsstaats und einer offenen Gesellschaft in Deutschland entgegenstellt. Dazu zählt auch, dass er sich rechtzeitig vor rechtspopulistischen Obstruktionstaktiken schützt, wie das nun durch eine Grundgesetzänderung geschehen soll, die die Arbeitsfähigkeit und Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe sichert. Es ist allerdings wichtig zu sehen, dass diese Maßnahmen jeweils nur ein letztes, ein äußerstes Mittel sein dürfen.

Immer nämlich geht es um Grundrechte: beim IZH-Verbot um die Frage, ob hier durch ein Verbot in die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit eingegriffen wird, beim Compact-Verbot um die Frage, ob hier die konstitutionell verbriefte Pressefreiheit beschnitten wird. Im ersten Fall wird man die Frage klar verneinen können. Aber schon das Compact-Beispiel ist durchaus heikel. Faeser musste zu einem „Kunstgriff“ Zuflucht nehmen und über den Umweg des Vereinsrechtes die Träger-GmbH verbieten, denn es ist verfassungsrechtlich eben nur schwer möglich, das Magazin selbst anzugreifen.

Eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft

Und selbst beim dritten Fall ist die Sache durchaus nicht problemlos. Zu den geplanten Maßnahmen gehört auch, bei der Wahl der Karlsruher Richter eine mögliche Sperrminorität von einem Drittel der Stimmen im Bundestag zu umgehen und in diesem Fall den Bundesrat wählen zu lassen. Die Regelung kann aber nicht nur eine rechtspopulistische Obstruktion verhindern, sondern könnte auch den Willen einer demokratischen Partei treffen und übergehen, die sich mit den vorgeschlagenen Richtern nicht einverstanden erklärt.

Das alles zeigt: Der Kampf gegen den Extremismus muss früher ansetzen. Er ist in erster Linie eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, nicht erst des Staates. Stellen wir uns diesem Kampf hinreichend entschieden? Zweifel sind angebracht. Wenn Israelfeinde und Antisemiten in deutschen Universitäten Foren und professorales Verständnis finden, wenn palästinensische Hetz-Demos allsamstäglich durch deutsche Straßen marschieren können, ohne auf eine Welle des Widerstands zu treffen, wenn – ganz aktuell – in Sachsen ein parteiloser Landrat aufgibt, weil er bedroht wird und keinen Rückhalt spürt – dann stimmt etwas nicht.

Der Staat kann dieses fehlende gesellschaftliche Engagement nicht ersetzen. Extremisten und Populisten sind eine Minderheit in unserem Land. Aber wenn die Mehrheit sie gewähren lässt, füllen sie jedes politische Vakuum.