So wie hier der Kapitän Shaban Ismaili (Mitte) waren die Echterdinger Spieler sich für keinen Zweikampf zu schade. Foto: Yavuz Dural

Der Echterdinger Verbandsligist ärgert wie schon in der Hinrunde den großen Titelfavoriten – und erntet Kritik vom gegnerischen Trainer. Ein Zwiespalt der Gefühle bleibt nach dem 0:0-Achtungserfolg jedoch aus einem anderen Grund

Backnang - Der Stadionsprecher musste zurückrudern. Sorry, diesmal nach Spielschluss doch keine Trainerinterviews übers Mikrofon. Zuschauer und Pressevertreter warteten vergebens. Das ansonsten übliche Prozedere bei der TSG Backnang fiel aus. Der Grund? Der eigene Coach mochte nicht. Evangelos Sbonias rauschte stattdessen auf direktem Weg in die Kabine. Auch ohne Worte war offenkundig: dem 37-Jährigen hatte es die Laune verhagelt.

Dazu beigetragen haben mag ein vorangegangener Disput mit dem Gegner an der Seitenlinie – wohl aber auch der Verlauf der Fußballpartie an diesem Nachmittag. Neun Heimbegegnungen hatte der Tabellenführer Backnang in dieser Saison bislang bestritten gehabt und war neunmal als Sieger vom Platz gegangen. Bis Samstag. Da endete die Serie. Der gleiche aufmüpfige Kontrahent, der ihn schon in der Hinrunde gehörig ins Schwitzen gebracht hatte, ärgerte den großen Titelfavoriten erneut. Wieder dieses Calcio Leinfelden-Echterdingen! Ja, der Filderclub hat es ganz gemäß der kessen Ankündigungen seiner Verantwortlichen tatsächlich geschafft: Nach dem 1:1 vom August trotzte er dem Primus nun mit einem 0:0 zum zweiten Mal Zählbares ab – allerdings auch mit einer weiteren Parallele zum ersten Duell. Wie schon damals wollte bei den Echterdingern keine wirkliche Freude aufkommen. Es gab einen Aspekt, der die Stimmung trübte.

Zwiespalt der Gefühle

Freuen über einen Achtungserfolg? Oder aber grämen über die verpasste Chance auf ein Mehr? Das waren die Fragen, zwischen denen am Ende die Calcio-Gefühlslage pendelte. „Eine tolle Leistung der Mannschaft. Es hat sich gezeigt, dass wir in dieser Liga jedem Gegner Paroli bieten können“, befand der Trainer Francesco Di Frisco einerseits. Andererseits verdeutlichte schon sein Gesichtsausdruck die innere Hin- und Hergerissenheit. Ebenso klar war für Di Frisco: „Eigentlich hätten wir drei Punkte mitnehmen müssen.“ Nicht nur einen.

Haderten die Echterdinger im Hinspiel ob eines im Endspurt nicht anerkannten Treffers von Sascha Häcker und eines vergebenen Matchballs von Bastian Joas, hatten sie diesmal über die gesamte Begegnung verteilt die besseren Torgelegenheiten. Allein: am Killerinstinkt, aus einem bemerkenswerten Resultat den großen Coup zu machen, fehlte es dann.

Der Spielverlauf

Verkürzt lässt sich die Partie so zusammenfassen: Zehn Echterdinger grätschten, rannten, rackerten. Ein Kollektiv, das von der ersten bis zur letzten Minute taktisch konzentriert und diszipliniert agierte und in dem sich keiner für Fleißarbeit zu schade war. Di Friscos Ensemble der fußballerischen Feingeister demonstrierte mithin, dass es sich auch auf rustikalere Tugenden versteht.

Zehn Backnanger derweil mühten sich, dennoch ihr Kombinationsspiel aufzuziehen – was ihnen aber kaum gelang. Ein ums andere Mal rauschte ihnen ein Calcio-Kicker in die Parade. Das hatte nicht nur Spielverderber-, sondern auch Nervpotenzial. Beispiel Sbonias. Der knurrte hinterher, als er fern von Mikrofonen doch noch sprach: „Es ist legitim, so aufzutreten. Aber ich kann mit so einer Art von Fußball nichts anfangen.“ „Calcio“, so seine Einschätzung, „wollte nur unseren Rhythmus stören, nichts anderes.“ Sbonias’ grimmige These: „Hätten wir auf dem Hauptfeld spielen können, mit mehr Platz, und nicht auf den kleinen Kunstrasen gemusst, wäre das für den Gegner keine 90 Minuten lang gut gegangen, sondern höchstens 60.“

Die Torchancen

Freilich: überprüfen lässt sich das nicht mehr. Und unter den gehabten Umständen, nass, eng, rutschig, ist es dann eher für die Backnanger selbst gut gegangen. Zumindest in drei Szenen schnupperte Calcio am Führungstor. Einmal Häcker, einmal Joas, einmal Gökhan Gümüssu. Letzterer hatte in der 54. Spielminute die dickste Chance, als er nach einem Joas-Pass frei vor dem gegnerischen Keeper auftauchte, aber an jenem scheiterte.

Auf der anderen Seite? Dort erlebte vor allem einer Ungewohntes: Mario Marinic, der Top-Torjäger der Staffel, der Mann, der bisher am Fließband getroffen hat, war praktisch raus aus dem Spiel. Überhaupt blieben er und seine Teamkollegen zum erst zweiten Mal in dieser Saison ohne Treffer (zuvor ebenfalls 0:0 in Berg).

Der Ausblick

Di Frisco hält an seiner Devise fest: „Wir schauen nur von Spiel zu Spiel.“ Und nebenbei natürlich auch auf die Konkurrenz und die Tabelle. Dort dürfte man bei den Echterdingern mit Interesse die anderen Ergebnisse dieses Wochenendes registriert haben: Im FSV Hollenbach und dem SSV Ehingen-Süd haben sich zwei vor Calcio platzierte Mannschaften deftige Ausrutscher erlaubt. Zu Rang zwei sind es nur noch vier Punkte.

Möglich, dass der Backnanger Stadionsprecher sich mit den Herren Trainern am Samstag nach Abpfiff auch darüber unterhalten hätte. Aber dazu ist es dann ja nicht mehr gekommen. Der Mann stand mit seinem Mikro allein im Regen.

TSG Backnang:
Knauss – Leon Maier, Doser, Tichy, Dannhäußer (82. Milenkovic) – Biyik – Varallo (70. Kalafatis), Maroudis (70. Wiesheu), Geldner (61. Zimmermann), Binakaj – Marinic.

Calcio Leinfelden-Echterdingen:
Bortel – Ismaili, Pranjic, Zweigle, Gerber – Joas (90.+4 Bahm), Bäuerle, Gümüssu, Nkansah – Capar (85. Forzano) – Häcker.