Am Ende Trost für die alten Echterdinger Teamkollegen – zuvor hat Armin Zukic (rechts) jenen am Samstagnachmittag übel mitgespielt. Er war beim Gegner der Spieler des Tages. Foto: Yavuz Dural

Der Verbandsligist Calcio geht nach einer indiskutablen ersten halben Stunde in Sindelfingen mit 1:4 unter, wonach man sich bei den Echterdingern nun eine bange Frage stellen muss. Zum Matchwinner des Gegners wird ausgerechnet ein alter Bekannter.

Sindelfingen - Der Mann des Tages erhielt einen Rüffel. „Armin, auf jetzt!“, schallte es ihm aus dem Kreis seiner Mitspieler entgegen. Hätte er doch beinahe die obligatorische Nachbesprechung verpasst. Alle warteten sie schon, nur auf ihn. Aber man konnte es verstehen: Es war das Hochgefühl eines rauschenden Nachmittags, das Armin Zukic gefangen hielt. Da und dort drückte er Hände, auf der Tribüne wurde er von den Fans gefeiert. Und so tollte der 23-Jährige schließlich lachend und ausgelassen wie ein kleines Kind über den Rasen. Von der anderen Seite verfolgten es diejenigen des Fußball-Verbandsligisten Calcio Leinfelden-Echterdingen, die nicht schnurstracks in der Kabine verschwunden waren, mit düsteren Mienen.

Zukic! Ausgerechnet Zukic! Ausgerechnet der alte Teamkollege! Wohl kein Filmregisseur der Welt hätte diese Story besser inszenieren können. Gerade einmal fünf Monate ist es her, dass der Linksfuß noch das Echterdinger Trikot getragen hat, ehe sich im Juni nach nur einer gemeinsamen Saison die Wege überraschend wieder trennten. Warum? Eine wirklich schlüssige Erläuterung gab es dazu aus Calcio-Reihen nie. Mal war von Zweifeln an der Tauglichkeit des Akteurs für die geplante eigene Spielweise die Rede, mal von defensiven Mängeln, mal von einer Uneinigkeit über finanzielle Belange. So klang es stets nur diffus und in Fragmenten durch. Nun jedenfalls, am Samstag, hat der Betroffene sich eindrucksvoll zurück in Erinnerung gerufen. Mit zweieinhalb Toren schoss er seinen Vorgängerverein nahezu im Alleingang aus dem Stadion. Bittere Grüße vom verschmähten Ex. Unter dem Strich stand ein 1:4 der Gäste von den Fildern im Auswärtsspiel beim VfL Sindelfingen, das deren Sieglos-Durststrecke auf sieben Spiele verlängert – und wonach in den Goldäckern allmählich die Alarmglocken läuten müssen.

Nicht Aufstiegs-, sondern Abstiegskampf?

Zukic sei „Dank“: in der Tabelle ist Calcio noch eine Treppenstufe tiefer gerutscht. Platz zwölf mit lediglich 15 Punkten. Die ursprünglich großen Echterdinger Pläne, im dritten Jahr der Ligazugehörigkeit vorne anzugreifen, lösen sich zunehmend in Luft auf. Stattdessen gilt es, sich mittlerweile eine bange Frage zu stellen: nicht Aufstiegs-, sondern Abstiegskampf? „Ja, jetzt müssen wir erst einmal in die andere Richtung schauen“, sagte ein nachdenklicher Trainer Francesco Di Frisco. Eine schwierige Aufgabe könnte es allerdings werden, dies auch der Mannschaft zu vermitteln. Jene hinterließ in der aktuellen Partie nicht nur beim Coach den Eindruck, „dass einige noch gar nicht begriffen haben, was Sache ist“.

Wie sonst wären die ersten 30 Spielminuten zu erklären? 30 Minuten, in denen die Echterdinger Abwehr ein Bewerbungsschreiben für einen Friedenspreis einreichen zu wollen schien – und das just gegen die bekanntermaßen angriffsstärkste Mannschaft der Liga. Halbherzig, zaudernd und behäbig rollte Di Friscos Elf ihrem Gegner quasi den roten Teppich aus. Selbiger schritt dankend darüber, allen voran einer: Zukic. Noch keine 180 Sekunden waren gespielt, als der zum ersten Mal einnetzte. Sein Widerpart Diamant Avdiu hatte ihm den entsprechenden Freiraum gewährt. Dann zeigte der Sindelfinger Matchwinner, dass er es auch über den anderen Flügel kann – diesmal schaute Dimitrios Vidic nur zu. Und schließlich fand auch noch ein Freistoß Zukics den Weg ins Tor. Der Calcio-Kapitän Shaban Ismaili lenkte die Kugel unhaltbar ab.

Weckrufe vom Torhüter

Zack, zack, zack. Es waren drei Tiefschläge im Zeitraffer, die für erhöhten Echterdinger Blutdruck sorgten. Der Keeper Henning Bortel stauchte seine Vorderleute zusammen: „Angreifen! Hey, ihr schaut alle nur zu! Greift jetzt endlich mal an!“ Di Frisco derweil reagierte mit zwei frühen Wechseln und einer Umstellung seiner Verteidigung von einer Dreier- zur Viererkette. Doch im Prinzip war die Begegnung bereits nach einer halben Stunde verloren. Endgültig dann, als Oliver Glotzmann nach der Pause mitten hinein in eine Calcio-Drangperiode den vierten Sindelfinger Treffer folgen ließ – in dem Fall ausnahmsweise ohne Zukic-Beteiligung.

Dass die Echterdinger zwischendurch die Spielkontrolle übernahmen, geriet so ebenso zum Muster ohne Wert wie das zwischenzeitliche eigene 1:3. Das einzig Positive: der Schütze hieß Sascha Häcker. Der Torjäger gab als Joker nach erneut dreiwöchiger Verletzungspause sein Comeback.

Nun noch zwei Kellerduelle

Wer freilich hätte es für möglich gehalten, dass seine Qualitäten in diesem Kalenderjahr nun noch in zwei Kellerduellen gefordert sein werden? Erst Breuningsweiler, dann Albstadt. Aber erstens kommt es bekanntlich anders und zweitens, als man denkt. Siehe auch Fall Zukic. Jener hat für seinen neuen Club nun in der Punkterunde insgesamt bereits achtmal getroffen. Er, der bei Calcio für nicht gut genug Befundene, ist gerade überhaupt die Symbolfigur des gegnerischen Höhenflugs.

Immerhin aber, eines hat er seinen alten Kollegen erspart. Schadenfreude? Fehlanzeige. „Ich war auch nicht anders motiviert als sonst“, behauptete Zukic. Das Verhältnis, das sei „nach wie vor gut“. Und die Trennung vom Sommer? „Egal. Vorbei.“ Sprach’s und lief lachend zurück zu den Fans. Mit der vorangegangenen Leistung auf dem Rasen war ja auch genug gesagt.

VfL Sindelfingen:
Kocyba – Krauß (80. Göcer), Klug, Sautter, Wetsch – Molitor – Aleman Solis (63. Feigl), Kniesel (75. Simao), Ivo Colic, Zukic (84. Perez) – Glotzmann.

Calcio Leinfelden-Echterdingen:
Bortel – Zalac (31. Syla), Biljeskovic, Zweigle – Vidic, Ismaili (66. Meksud Colic), Pranjic, Avdiu – Joas (75. Parrinello), Lekaj, Capar (30. Häcker).