Spielten in der Regionalversammlung den Doppelpass: Thomas Bopp (CDU, Mitte) und sein neuer Stellvertreter Fritz Kuhn (Grüne). Rechts sitzt Regionaldirektorin Nicola Schelling Foto: Max Kovalenko

Gemeinsam mit Stuttgart und den Landkreisen will der Regionalverband den öffentlichen Nahverkehr stärken. Weitgehend gemeinsam hat die Regionalversammlung am Mittwoch auch ihre Führungspositionen besetzt.

Gemeinsam mit Stuttgart und den Landkreisen will der Regionalverband den öffentlichen Nahverkehr stärken. Weitgehend gemeinsam hat die Regionalversammlung am Mittwoch auch ihre Führungspositionen besetzt.

Stuttgart - Lagerdenken hat selten das Geschehen in der Regionalversammlung bestimmt. Die großen Beschlüsse in den vergangenen 20 Jahren wurden meist mit großen Mehrheiten gefasst – zum Beispiel für die Beteiligung am Milliardenprojekt Stuttgart 21. In der konstituierenden Sitzung der fünften Regionalversammlung am Mittwoch in der Liederhalle zeigte sich einmal mehr, dass die im Gremium vertretenen Parteien und Gruppierungen am großen Ganzen interessiert sind – den Standort Region Stuttgart attraktiv zu erhalten und voranzubringen. Entsprechend deutlich fielen die Voten für das Triumvirat an der Spitze aus: 79 von 85 Regionalräten kürten Thomas Bopp von der größten Fraktion der CDU (30 Sitze) erneut zum Vorsitzenden. Bopp ist seit der Gründung der Regionalversammlung 1994 dabei und seit 2007 deren Vorsitzender.

Auch der Stuttgarter Oberbürgermeister und Neu-Regionalrat Fritz Kuhn durfte sich über ein wenig schlechteres Ergebnis freuen. Weil sich seine Grünen bei der Wahl am 25. Mai zur zweitgrößten Fraktion nach Stimmen mit 15 Sitzen emporschwang und sich später auch noch ÖDP-Einzelrat Karl-Heinz Bok anschloss, durften die Grünen den ersten Stellvertreter von Bopp vorschlagen: 69 Regionalparlamentarier sprachen sich für Fritz Kuhn aus. Die offenkundig vielen Stimmen aus dem bürgerlichen Lager alter Prägung überraschten nicht. Die CDU hatte schon vorab angekündigt, Kuhn zu unterstützen, ebenso wie die Freien Wähler, die ihre nur noch 13 Stimmen versprochen hatten. Andrea Klöber von der mit 15 Sitzen drittgrößten Fraktion der SPD und bisher schon erste Stellvertreterin Bopps, fungiert künftig als zweite Vize: Die Bezirksvorsteherin von Feuerbach kam auf 72 Stimmen.

Am Rande der Versammlung gab es allerdings Unmut in den Reihen der kleineren Fraktionen und Gruppen. Auf den Stimmzetteln habe man nur „Ja“ ankreuzen oder sich enthalten können, hieß es. Ein „Nein“ sei nicht vorgesehen gewesen. Viele der sechs Enthaltungen bei Bopp und der 16 bei Kuhn seien als Ablehnung gemeint.

Die großen Fraktionen aber waren sich einig, und der Schulterschluss zeigte sich in den Reden der Bewerber. Thomas Bopp schürte Hoffnungen auf Verbesserungen im Verkehr und nannte die anstehende Novellierung des Regionalverkehrsplans sowie den ÖPNV-Pakt vom Februar, mit dem sich Land, Region, Landeshauptstadt sowie die VVS-Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr darüber verständigten, wie sie den öffentlichen Nahverkehr zusammen voranbringen wollen. „Der Pakt bietet viel mehr Möglichkeiten, als manche meinen“, sagte Bopp, „wir dürfen nicht mehr nur die S-Bahn, sondern wir können jetzt die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsarten gestalten.“ Gemeint sind Eisenbahnen, Busse, Leihfahrzeuge und die S-Bahn. Man werde auch darauf achten, dass die Partner ihre Zusagen einhalten.

Bopp nutzte die Gelegenheit, um einen Appell in Sachen Stuttgart 21loszuwerden: „Ich würde bitten, dass nun, wo entschieden ist und gebaut wird, auch die Kritiker sich den großen Chancen zuwenden, die das Projekt ja zweifellos für die Region Stuttgart in verkehrlicher, städtebaulicher, wirtschaftlicher und ökologischer Sicht hat.“ Worte, die offenkundig nur noch die Mitglieder der Linken ablehnen. Und AfD-Regionalrat Burghard Korneffel, der die Sitzung als Ältester eröffnen durfte und meinte: „Einen technischen Fortschritt sucht man bei Stuttgart 21 vergebens.“ Der Grüne Fritz Kuhn dagegen nahm den Ball von Bopp auf. „Als Demokrat akzeptiere ich die getroffenen Entscheidungen“, sagte er, „langsam ist es an der Zeit, dass man wieder zusammenkommt in Stadt und Region.“ Gleichwohl müsse er als OB das Projekt etwa in Sachen Mineralwasservorkommen kritisch begleiten.

Ansonsten gab Kuhn ein flammendes Plädoyer für regionale Zusammenarbeit ab. Als OB sei er zwar der Stadt Stuttgart verpflichtet, „aber ich glaube, dass ich für Stuttgart am meisten erreichen kann, wenn wir in der Region gut zusammenarbeiten“. Er setze unter anderem auch in Sachen Wohnungsbau auf regionale Kooperation, verkenne dabei nicht, dass die Kommunen Konkurrenten etwa um Firmenansiedlungen seien. „Wo, wenn nicht im Verband Region Stuttgart, kann man das offen ansprechen?“, fragte Kuhn. Trotzdem könne man gemeinsam nach der besten Lösung für Probleme suchen. Die Mehrheit sah dies genauso.